Die Einberufung zur Hauptversammlung birgt zahlreiche Fehlerquellen, die im schlimmsten Fall zur Anfechtbarkeit oder Nichtigkeit von Beschlüssen führen können. Die Beachtung folgender Prinzipien kann helfen, den Verfasser eines Einberufungstextes zu sensibilisieren und seinen Blick für derartige Stolperfallen zu schärfen.
Erstes Prinzip: Schaffe keine (vermeidbaren) Fehlerquellen
Nach dem Grundsatz „So wenig wie möglich, so viel wie nötig“ sollten nur solche Angaben in die Einberufung aufgenommen werden, die nach Gesetz und Satzung zwingend notwendig sind. Alles darüber hinaus birgt die Gefahr unnötiger Fehler.
Oft wird vergessen, dass es sich bei der Eintrittskarte um ein reines Organisationsmittel handelt und die Teilnahmeberechtigung nicht von deren Besitz abhängt, sondern allein von der Erfüllung der Teilnahmevoraussetzungen nach Gesetz und Satzung. Umfangreiche Ausführungen zur Übersendung und Verwendung von Eintrittskarten sind zwar gut gemeint und zweifelsohne aus einem Servicegedanken entstanden, werden jedoch oftmals als Statuierung zusätzlicher Teilnahmebedingungen missverstanden und vor allem von potenziellen Anfechtungsklägern wahrgenommen. Den Aktionären wird von ihrer Depotbank oder der Gesellschaft selbst ein Anmeldeformular zugesandt, das sie deutlich besser über den Anmeldeprozess informiert, als es die Einberufung könnte. Daher sollten diese Ausführungen entfallen, es sei denn, die Satzung verlangt es. Falls eine solche Regelung besteht, empfiehlt es sich, diese bei nächster Gelegenheit zu streichen.
Ein weiteres Beispiel ist die Einberufung nicht börsennotierter Gesellschaften. Nach §§ 121 Abs. 3 Satz 1 und 2, 123 Abs. 2 und Abs. 3, 125 Abs. 1 Satz 4 AktG sind diese verpflichtet, Firma und Sitz der Gesellschaft, Zeit und Ort der Hauptversammlung, die Tagesordnung, die Adresse für die Übersendung der Anmeldung sowie einen kurzen Hinweis darauf, dass das Stimmrecht durch Bevollmächtigte, z.B. durch ein Kreditinstitut oder eine Aktionärsvereinigung, ausgeübt werden kann, anzugeben. Bei Inhaberaktiengesellschaften muss darüber hinaus die Adresse für die Übersendung des Anteilsbesitznachweises genannt werden, bei Namensaktiengesellschaften der Termin für den Umschreibungsstopp, soweit ein solcher geplant ist. Die umfangreichen Erläuterungen nach § 121 Abs. 3 Satz 3 AktG, insbesondere zu den Rechten der Aktionäre, sind dagegen für nicht börsennotierte Gesellschaften nicht notwendig.
Zweites Prinzip: Verwende aktuelle Normen
Gesetz, Satzung und der Deutsche Corporate Governance Kodex (DCGK) bilden die Grundlage für eine fehlerfreie Einberufung. Dementsprechend sollten ausschließlich deren aktuellste Fassungen bei der Erstellung der Einberufung verwendet werden. Andernfalls besteht die Gefahr, dass obsolete Normen übernommen oder neue Vorschriften übersehen werden.
Wozu die Verwendung veralteter Normen führen kann, zeigt die „Leica-Rechtsprechung“ besonders deutlich. Vor Inkrafttreten des NaStraG im Januar 2001 bestand die Verpflichtung, eine Vollmacht, auch wenn sie nicht Stimmrechtsvertretern der Gesellschaft erteilt wurde, zum Verbleib bei der Gesellschaft auszuhändigen. Leica verlangte nach Inkrafttreten des NaStraG in der Einberufung zu ihrer Hauptversammlung am 20.11. 2007 für die Erteilung von Vollmachten die Schriftform und darüber hinaus die Aushändigung der Vollmachtsurkunde. Darin sah das Landgericht Frankfurt am Main (Urteil vom 26.08.2008, Az.: 3-5 O 339/07) einen relevanten Gesetzesverstoß, da eine Aushändigungspflicht seit mehreren Jahren nicht mehr existierte.
Ein weiteres Beispiel ist, dass bei Verwendung veralteter Normen übersehen werden kann, dass bei börsennotierten Gesellschaften ein Samstags-, Sonntags- oder Feiertagsschutz nach § 121 Abs. 7 AktG nicht mehr zulässig ist, wenn das Ende einer der dort genannten Fristen auf einen solchen Tag fällt. Dies kann im schlimmsten Fall dazu führen, dass Fristen in der Einberufung unzutreffend angegeben werden, was zumindest zur Anfechtbarkeit der Beschlüsse der Hauptversammlung führen kann.
Drittes Prinzip: Halte Dich an Gesetz und Satzung
Wie bereits ausgeführt, sind Gesetz und Satzung Grundlage für eine korrekte Einberufung, die diese abbilden und konkretisieren sollte. Steht also in der Satzung beispielsweise „Zur Teilnahme an der Hauptversammlung und zur Ausübung des Stimmrechts sind diejenigen Aktionäre berechtigt, die sich mindestens sechs Tage vor dem Tag der Hauptversammlung angemeldet haben“, sollte dies auch in der Einberufung übernommen und zusätzlich nur das konkrete Datum angegeben werden. Versuche, derartige Texte – auch zur besseren Verständlichkeit – umzuformulieren, sind unnötig, da die Wahrnehmungsintensität im Aktionariat in Bezug auf die Einberufung ohnehin nicht besonders groß ist. Vielmehr birgt eine textliche Anpassung ein hohes Risiko, weil sich so Passagen einschleichen können, die Gesetz und Satzung widersprechen.
Viertes Prinzip: Sei nicht kreativ
In diesem Zusammenhang sei darauf hingewiesen, dass Kreativität bei der Erstellung der Einberufung fehl am Platz ist. Beispielsweise basieren Tagesordnungspunkte wie „Beschlussfassung über die Verwendung des Bilanzverlusts“, „Beschlussfassung über den Vollzug der Beschlüsse“ oder gar „Verschiedenes“ nicht auf einer Rechtsnorm und haben in der Einberufung nichts zu suchen. Die Tagesordnung einer Hauptversammlung hat nur solche Tagesordnungspunkte zu enthalten, die Gesetz, Satzung oder Rechtsprechung ausdrücklich vorsehen.