2013 ist in puncto Börsengänge das erfolgreichste Jahr seit 2007! Eine schöne Schlagzeile und eine ebenso schöne Statistik, die allerdings einen kleinen Haken hat: Die Anzahl der Börsengänge liegt nämlich nur bei etwa einem Zehntel derer von 2007. Hieran sieht man: Schwergewichte gehen an den Kapitalmarkt, bei kleinen und mittelgroßen Unternehmen weitgehend Fehlanzeige.

Dr. Thorsten Kuthe, Partner, und Madeleine Zipperle, Rechtsanwältin, Heuking Kühn Lüer Wojtek, Köln
Dr. Thorsten Kuthe, Partner, und Madeleine Zipperle, Rechtsanwältin, Heuking Kühn Lüer Wojtek, Köln

Die Finanzkrise hat Börsengänge in Deutschland insgesamt rar werden lassen. Als die Konjunktur und die Kapitalmärkte wieder anzogen, haben sich Unternehmen und Investoren zunächst auf Fremdkapitalemissionen konzentriert. Insbesondere die Mittelstandsanleihe als neues Finanzierungstool erfreut sich seit 2010 erheblicher Beliebtheit. Vielleicht weisen die Eigenkapitaltransaktionen, die aktuell im Markt zu sehen sind, auch deswegen oftmals neue kreative Lösungen auf.

Im Oktober haben erfreulicherweise mal wieder zwei Kandidaten den Sprung gewagt und sich dabei innovativer Strukturen bedient.

Etwas für ein schönes Zuhause…

Mit Urbanara platziert derzeit ein Unternehmen aus der Branche Heimtextilien/Wohnaccessoires seine Aktien. Bei Mittelstandsanleihen kam die Modebranche bei Investoren gut an, möglicherweise ein gutes Signal und eine Chance für die Emittentin. Das Wort Börsengang zu verwenden, wäre hier allerdings eigentlich nicht korrekt, denn Urbanara nutzt eine sogenannte Crowd-Financing-Plattform, d.h. die Aktien werden nicht auf dem klassischen Weg über eine Emissionsbank vermarktet, sondern die Kapitalaufnahme erfolgt über eine Internetplattform. Bislang boten solche Plattformen eine Finanzierung (nur) über Nachrangdarlehen und stille Gesellschaften an, mit Volumina von i.d.R. unter 1 Mio. EUR. Stille Gesellschaften sind dabei auf einen Betrag von bis zu 100.000 EUR beschränkt, da andernfalls eine Prospektpflicht entstünde. Urbanara ist der erste Versuch, auf diese Weise über eine Aktienemission in der Gemeinschaft der Internet-User rund 3 Mio. EUR aufzunehmen. Die Aktien sollen nach der Emission auf der Internetplattform auch handelbar sein. Zu diesem Zweck hat Urbanara einen Wertpapierprospekt veröffentlicht, wie bei einem Börsengang.

Andere Unternehmen, wie etwa die Internet-Einkaufsgemeinschaft yingiz, haben zwar bereits Aktienemissionen über das Internet durchgeführt, jedoch (prospektfrei) in geringem Umfang und primär über die eigene Usergemeinschaft. Urbanara kann das größere Volumen anvisieren, da ein Wertpapierprospekt veröffentlicht wurde. Ohne gebilligten Prospekt sind entsprechende Platzierungen nur von bis zu 100.000 EUR innerhalb von zwölf Monaten möglich. Eine spannende Entwicklung.

…oder lieber etwas zum Lesen?

Mit Bastei Lübbe ist gerade ein hierzulande bekanntes Unternehmen an die Börse gegangen. Der Verlag hat 2011 bereits eine Mittelstandsanleihe begeben. Beim Börsengang wurde neben dem klassischen Vertrieb der Aktien über eine Bank wie bei den Mittelstandsanleihen insbesondere für Privatanleger die Zeichnung über die Börse durch einen Auftrag an die Hausbank ermöglicht.

Schon als die Börse Düsseldorf ihr Segment „der mittelstandsmarkt“ geschaffen hat, haben wir darauf hingewiesen, dass hierdurch auch die Aktienemission in einem entsprechend qualifizierten Segment ermöglicht wird und diese Form der Eigenemission dadurch auch bei Börsengängen und Kapitalerhöhungen nutzbar ist. Bei Mittelstandsanleihen zeichnen Privatanleger i.d.R. 20% der Emissionen, teilweise wird ihnen auch mehr zugeteilt. Damit alleine kann zwar der Erfolg einer Emission nicht gewährleistet werden, jedoch kann genau dies der fehlende Baustein sein, um ihr zum Erfolg zu verhelfen.

Ganz so erfolgreich wie vielleicht erhofft war der Börsengang der Bastei Lübbe allerdings nicht. Die Aktien konnten nur teilweise und am unteren Ende einer reduzierten Preisspanne platziert werden. Dan Brown alleine ist auf dem Kapitalmarkt also auch kein Garant für eine erfolgreiche Platzierung. Auffällig ist, dass die Reduktion der Aktienzahl bei der Umplatzierung von Aktien aus Altbesitz stattfand, nicht hingegen bei der Kapitalerhöhung. Dies hat sich in den letzten Jahren immer wieder gezeigt: Investoren möchten gerade bei Small und Mid Caps in der Regel in das Unternehmenswachstum investieren und nicht den Altaktionären den Exit ermöglichen. Wenn also im Rahmen dieses Börsengangs nicht alle Hoffnungen erfüllt wurden, war es deshalb noch lange kein Flop – Angebot und Nachfrage haben zueinander gefunden.

Fazit

Auch Börsengänge sind in Deutschland weiterhin möglich, die Marktbedingungen sind aber trotz eines eigentlich günstigen Umfelds nicht einfach. Kreative Lösungen, weg von starren Konzepten, sind daher für den Erfolg notwendig. Viele Beispiele aus diesem und den letzten Jahren zeigen, dass mit flexiblen Platzierungsstrategien Börsengänge weiterhin eine interessante Option sind. Hierzu gehört Mut und die jeweilige Emittentin darf nicht zwingend auf einen bestimmten Zeitpunkt für die Kapitalaufnahme fixiert sein.