Das verbesserte Marktumfeld nutzt der Spezialchemiekonzern Wacker Chemie, um seine Tochtergesellschaft Siltronic schnell an die Börse zu bringen. Der Freeflow wird maximal 42% betragen – langfristig will der Mutterkonzern sogar die Mehrheit abgeben.
Börsengang
Das Geschäft mit Halbleitern ist der Wacker Chemie AG zu schwankungsanfällig. Doch statt die Siliziumwafer-Tochter komplett zu verkaufen, wird sie jetzt an die Börse gebracht: Bis zu 12,7 Mio. Aktien können bis zum 10. Juni gezeichnet werden. Aus einer Kapitalerhöhung kommen 5 Mio. neue Papiere. Zudem will sich Wacker Chemie von 6 Mio. Aktien trennen. Bei starker Nachfrage besteht noch die Möglichkeit, weitere 1,65 Mio. Papiere aus dem Besitz der Eigentümer im Rahmen einer Mehrzuteilung (Greenshoe) zu platzieren.
Angebote können in einer Spanne zwischen 30 bis 38 EUR abgegeben werden. Ab 11. Juni sollen die Aktien im Prime Standard der Frankfurter Börse notieren. Der IPO hat ein Volumen bis zu 481 Mio. EUR. Dem Unternehmen fließen davon – je nach Ausgabepreis – zwischen jedoch nur bis zu 190 Mio. EUR zu. Siltronic würde dann an der Börse zwischen 900 Mio. und 1,1 Mrd. EUR wert sein. Eine Dividendenzahlung ist zunächst nicht geplant. Begleitet wird die Transaktion von Citi und Crédit Suisse als Joint Global Coordinators und Joint Bookrunners. Wacker Chemie wollte seine Wafer-Tochter bereits 2004 an die Börse bringen: Damals wurden die Pläne wegen der schlechten Marktstimmung nach den Terroranschlägen in Madrid wieder auf Eis gelegt.
Unternehmen
Siltronic produziert hauchdünne Halbleiter-Scheiben – so genannte Wafer –, die in der Mikroelektronik, Mikrosystemtechnik und Photovoltaik zum Einsatz kommen. Der Konzern mit Hauptsitz in München und weltweit rund 4.100 Mitarbeitern besitzt vier Produktionsstätten in Europa, den Vereinigten Staaten und Asien. Die Wacker-Tochter hat ihre Wettbewerbsfähigkeit in den vergangenen Jahren deutlich verbessert. So wurden drei Produktionsstandorte geschlossen und doch der Marktanteil ausgebaut.
Markt
Siltronic ist laut Gartner mit einem globalen Marktanteil von 14% die Nummer drei auf dem Wafer-Markt, hinter den japanischen Konzernen Shin-Etsu (27%) und Sumco (26%). Mittlerweile kommen die fünf größten Anbieter auf einen Marktanteil von knapp 90%. Verursachte in der Vergangenheit die Nachfrage nach Computerchips starke Schwankungen, sorgen jetzt Mobiltelefone und Tablets für eine konstantere Entwicklung. Nach vier Flautejahren ist die Branche seit 2014 wieder auf Wachstumskurs, die Fabriken von Siltronic waren zuletzt zu 90% ausgelastet. Branchenexperten gehen für 2015 und 2016 von einem Mengenwachstum von 3 bis 6% aus.
Die Wafer-Produzenten leiden allerdings unter dem Kostendruck der globalen Chip-Riesen wie Samsung und Micron. Mittels eines Verschlankungsprogramms hat Siltronic 2013 seine Kosten um über 80 Mio. EUR gesenkt. 2014 wurden nochmals Einsparungen von etwa 55 Mio. EUR realisiert. In Deutschland konnte die Produktivität bei der Produktion der 300mm-Wafer in den letzten fünf Jahren fast verdoppelt und die variablen Stückkosten um über 40% gesenkt werden. Damit ist das Unternehmen gut aufgestellt, seine Produktivität weiter zu verbessern. „Wir haben Siltronic in den vergangenen Jahren konsequent auf die Eigenständigkeit vorbereitet“, erläutert Vorstandsvorsitzender Dr. Christoph von Plotho. „Der Börsengang kommt zu einem Zeitpunkt, an dem wir sehr gut für eine erfolgreiche, eigenständige Zukunft aufgestellt sind.“ Bis zur langfristig angepeilten Umsatzrendite von 20% ist aber noch ein weiter Weg. Trotz rückläufiger Umsätze gelang es dem Wafer-Hersteller von 2012 bis 2014, seine operative Marge von 12 auf 14% zu erhöhen.
Geschäftszahlen
Siltronic steigerte den Umsatz im Geschäftsjahr 2014 gegenüber dem Vorjahr um knapp 15% auf 846 Mio. EUR. Das EBITDA lag bei 117,7 Mio. EUR. Das EBIT konnte von minus 96 Mio. auf minus 43,5 Mio. EUR verbessert werden. Allerdings haben sich die Verbindlichkeiten mit 345 Mio. EUR gegenüber 2013 stark erhöht.
Im 1. Quartal 2015 wuchs der Umsatz weiter auf 238,7 Mio. EUR – ein Plus von 17% gegenüber dem Vorjahresquartal. Das bereinigte EBITDA wurde im gleichen Zeitraum von 17,1 Mio. EUR auf 40,1 Mio. EUR mehr als verdoppelt. Der Nettogewinn fiel mit 1,9 Mio. EUR positiv im Vergleich zum 1. Quartal 2014 aus. Die Gründe für die profitableren Geschäfte waren höhere Absatzmengen, aber auch günstige Wechselkurseffekte. So profitiert Siltronic derzeit vom starken US-Dollar. Der Wafer-Hersteller beliefert viele Kunden außerhalb Europas, so dass zwei Drittel des Umsatzes in US-Dollar in Rechnung gestellt werden.
Siltronic AG | ||||
2012 | 2013 | 2014 | 2015e | |
Umsatz* | 868,0 | 743,0 | 846,0 | 897,0 |
Nettoergebnis* | -90,6 | -109,3 | -27,0 | -20,0 |
EpS | -3,02 | -3,64 | -0,90 | -0,67 |
KGV min. | neg. | neg. | neg. | neg. |
KGV max. | neg. | neg. | neg. | neg. |
*) in Mio., sämtliche Angaben in Euro; Quelle: GoingPublic Research |
Mittelverwendung
Siltronic will die Nettoerlöse aus dem Börsengang in erster Linie zum Abbau von Schulden verwenden. Das Unternehmen soll dadurch finanziell flexibler werden. Zudem wird das frische Kapital für „allgemeine Unternehmenszwecke“ benutzt werden – zum Beispiel für Investitionen in neue Technologien oder zur Optimierung der Produktion.
Fazit
Die anhaltende Digitalisierung bietet Potenzial für weiteres Wachstum. Siltronic hat in den vergangenen Jahren seine Produktion deutlich kostengünstiger gestaltet. Bei einer Preisspanne von 30 bis 38 EUR ist der Waferproduzent zudem mit einem Kurs-Umsatz-Verhältnis bis 1,4 geringer bewertet als seine beiden Hauptkonkurrenten Shin-Etsu und Sumco. Allerdings ist die Wacker-Tochter deutlich kleiner und schreibt rote Zahlen. Anleger sollten berücksichtigen, dass das Chipgeschäft stark zyklisch und mit Wechselkursrisiken behaftet ist. Zudem müssen die Zulieferer immer wieder mit hohem finanziellen Aufwand in neue Technologien investieren. Wie sich die Aktie entwickelt, sollte davon abhängen, ob Siltronic seine Marktposition weiter ausbauen und das Geschäft profitabel gestalten kann. Kursphantasie ergibt sich daher eher aus der S- und sogar MDax-Phantasie von Siltronic als aufgrund berauschender Kennzahlen.
Siltronic AG – Emissionsparameter | |
WKN | WAF300 |
Zeichnungsfrist | 1. bis 10. Juni |
Erstnotiz | 11. Juni |
Preisspanne | 30 bis 38 EUR |
MarketCap | 900 Mio. bis 1,14 Mrd. EUR |
Marktsegment | Frankfurt/Main (Prime Standard) |
Emissionsprospekt | ja |
Emissionsvolumen | 380 Mio. bis 481 Mio. EUR |
Konsortium | Citi, Credit Suisse (Joint),Commerzbank, HSBC, Unicredit (Co-Lead) |
Free Float | max. 42% |
Autor/Autorin
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