Bei börsennotierten Aktiengesellschaften sind die Verletzung der Stimmrechtsmitteilungspflichten der §§ 21ff. WpHG ebenso wie ein Verstoß gegen die sich aus § 35 Abs.1 und 2 WpÜG ergebenden Verpflichtungen zur Bekanntgabe eines Kontrollerwerbs und Unterbreitung eines Übernahmeangebots durch einen (temporären) Verlust der Rechte aus den betroffenen Aktien sanktioniert (§ 28 WpHG bzw. § 59 WpÜG).
Weniger bekannt und häufiger übersehen sind die für nicht börsennotierte Aktiengesellschaften geltenden Mitteilungspflichten des § 20 AktG, deren Verletzung aber ebenfalls mit einem temporären Rechtsverlust sanktioniert wird (§ 20 Abs.7 AktG).
Im zugrundeliegenden Fall hatte die beklagte A. AG & Co. KG gegen Ende des Jahres 2002 von der H. mbH & Co. sämtliche Aktien der Klägerin, einer nicht börsennotierten AG, erworben. Da die Aktien vinkuliert waren, bedurfte der Erwerb der Zustimmung der Hauptversammlung; im Zusammenhang mit der diese Zustimmung erteilenden Hauptversammlung hatte die A. AG & Co KG der Gesellschaft am 16.12.2002 den unterschriebenen Kaufvertrag oder jedenfalls den vollständigen Kaufvertragsentwurf übermittelt, aus dem sich der Aktienerwerb unmissverständlich ergab. Fast drei Jahre später, am 7.10.2005, teilte die Beklagte der Gesellschaft unter Hinweis auf § 20 Abs.4 AktG mit, dass ihr eine Mehrheitsbeteiligung gehöre. Am 25.11.2005 teilte die B. PLC der Gesellschaft mit, dass ihr mittelbar eine Mehrheitsbeteiligung gehöre; die Beklagte sei von A. Bank Ltd, diese von der B. Bank PLC und diese wiederum von der B. PLC abhängig.
Die Klägerin hält wegen Nichterfüllung der Mitteilungspflichten jedenfalls für den Zeitraum bis November 2005 einen Rechtsverlust gem. § 20 Abs.7 AktG für gegeben und fordert gestützt auf § 62 Abs.1 AktG von der Beklagten für die Jahre 2002 bis 2004 Dividenden in Höhe von mehr als 4 Mio. EUR zurück. Das OLG Hamburg wies die Klage ab, weil es mit der Übermittlung des Kaufvertrages an die Gesellschaft auch die Mitteilungspflichten des § 20 AktG für erfüllt ansah.
Die Entscheidung des BGH
Der II. Senat folgt dem nicht. Im Ausgangspunkt treffe die Mitteilungspflicht die Beklagte als Alleinaktionärin auch dann, wenn sie von anderen, ihrerseits mitteilungspflichtigen Unternehmen abhängig war. Die Mitteilungspflichten des § 20 AktG könnten durch die Übermittlung eines Vertragsentwurfs schon deshalb nicht erfüllt werden, weil der Erwerb in diesem Fall von dem endgültigen Vertragsschluss abhänge. Tatsachen, die die Gesellschaft zwar ggf. selbst feststellen, der Mitteilung aber nicht entnehmen könne, seien bei der Prüfung, ob die Mitteilung den gesetzlichen Anforderungen entspricht, von vornherein nicht zu berücksichtigen. Aber auch die Übermittlung eines unterschriebenen Kaufvertrages sei nicht ausreichend. Da die Vertragsurkunde keine Mitteilung des Erwerbers an die Gesellschaft sei, fehle einer hierin allenfalls zu sehenden konkludenten Mitteilung schon die gesetzlich geforderte Schriftform. Zudem sei eine bereits vor dem Erwerb – der hier erst mit dem nachfolgenden Zustimmungsbeschluss der Hauptversammlung eintreten konnte und zudem im Vertrag aufschiebend befristet war – erfolgende Mitteilung zur Erfüllung der Mitteilungspflicht grundsätzlich nicht geeignet. Anderenfalls würde der Gesellschaft eine Überwachungspflicht auferlegt, die durch die gesetzliche Regelung gerade vermieden werden sollte.
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