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Seit Montag versetzt BioNTech die Börsen in regelrechte Partystimmung. Mit einer einzigen Pressemitteilung lässt das Biotech-Unternehmen unter anderem Kreuzfahrt-Aktien um über 30% nach oben schießen. BioNTech veröffentlichte zum Wochenbeginn erste Ergebnisse der Phase III-Studie seines Corona-Impfstoffs: Dieser ist laut dem Mainzer Unternehmen und seinem Partner Pfizer zu 90% wirksam. Obwohl Experten zu Vorsicht mahnen, da es sich erst um Zwischenergebnisse handelt, löste die Nachricht einen euphorischen Bullenmarkt aus. Denn: Ob Zwischenergebnis oder nicht – die Resultate sind deutlich besser als erwartet und damit der lange ersehnte Hoffnungsschimmer.
Dass BioNTech einmal einen wichtigen Beitrag zur Immuntherapie leisten sollte, war stets der Plan der Gründer. Die jetzige globale Relevanz konnte sich beim Börsengang vor einem Jahr aber noch niemand vorstellen. Welches Unternehmen also steckt hinter dem Impfstoffkandidaten, der dem Dax an einem einzigen Tag einen Kursanstieg von rund 5% bescherte?
Wer im beschaulichen Mainz regelmäßig mit dem Bus in Richtung Weisenau fährt, der wurde mit dem Werdegang der inzwischen weltweit bekannten Firma gezwungenermaßen schon früh konfrontiert. Im Jahr 2018 entstand in der Straße „an der Goldgrube“ eine gigantische Baustelle – BioNTech ließ sich nieder. Heute weiß man, dass der Name längst Programm ist.
Wer sich fragte, was auf dem riesigen Bauplatz entstehen solle, erhielt von der freundlichen Stimme der Haltestellenansage schon bald eine Antwort. Als auf dem Gelände ein in verschiedenen Grüntönen gekacheltes Gebäude in die Höhe ragte, bekam die Bushaltestelle den Namenszusatz „BioNTech Campus“.
Auch die Information, dass das 2008 „auf der grünen Wiese“ gegründete Start-up vielversprechende Forschungen an einer revolutionären Krebsimmuntherapie verfolgte, machte schnell die Runde. Bald schon wandelte sich das Unternehmen vom Start-up zum Big Player. Im Jahr 2019 kannte man BioNTech als das wertvollste, nicht an der Börse gelistete Biotech Europas. Im Oktober 2019 folgte der IPO an der New Yorker Nasdaq. Die Euphorie war groß. Investoren wie Bill Gates beteiligten sich und bescherten der Börsengeschichte des Unternehmens einen freundlichen Start. Mit einem ersten Kurs von 16,5 USD wurde die Firma auf rund 3,5 Mrd. USD bewertet.
Während BioNTech sich weiterhin sowohl an der Börse als auch in der Forschung positiv entwickelte, wurde es ruhiger um die Mainzer. Bis sich wenige Monate später ein neuartiges Virus in besorgniserregender Geschwindigkeit ausbreitete. Das Unternehmen reagierte schnell und konzentrierte alle Mittel auf die Forschung an einem Impfstoff für das Coronavirus. Bald galt BioNTech weltweit als großer Hoffnungsträger bei der Entwicklung eines Impfstoffes. Es folgte eine Kursrallye im März dieses Jahres, die den Wert der Aktie in ungeahnte Höhen katapultierte. Der Kurs kletterte bis auf 60 USD. BioNTech wurde zum Objekt der Begierde für zahlreiche Spekulanten. Die Konsequenz war eine hohe Volatilität der Aktie.
Jetzt vermelden die Mainzer ein Ergebnis, welches das Papier erneut um über 20% auf einen Wert von mehr als 100 USD nach oben schnellen ließ.
Inmitten eines Allzeithochs der Corona-Infektionen in Deutschland und der Welt verkünden die Mainzer ein Zwischenergebnis von Phase III der Impfstoffentwicklung. Ihr Kandidat sei zu 90% wirksam, bisher gebe es keinen Hinweis auf stärkere Nebenwirkungen. Dieser Lichtblick kommt genau zur richtigen Zeit: Die Regierung hat in Deutschland bereits am 2. November einen „Lockdown Light“ ausgerufen.
Auf der ganzen Welt jubelten die Börsen in Form von zahlreichen Aktienkäufen. Besonders das Interesse an durch die Pandemie hart getroffenen Unternehmen schoss in die Höhe.
Und: Die ganze Welt möchte den fertigen Impfstoff haben. BioNTech hat bereits angekündigt, sich um eine faire Verteilung des Impfstoffes bemühen zu wollen. Die EU-Kommission hat bereits einen Vertrag mit den Mainzern ausgehandelt. Die EU vereinbarte mit BioNTech und Pfizer den Kauf von bis zu 300 Millionen Impfdosen.
Wer hätte gedacht, dass ein Start-up aus der kleinen Karnevalsstadt, dessen Mission es war, die Krebsforschung voranzutreiben, eines Tages zum Hoffnungsträger der ganzen Welt werden würde.