Zum siebten Mal in Folge haben namhafte Wachstumskapitalgeber im Rahmen der Tech Tour Growth die Top 50-Liste der am schnellsten wachsenden, wagniskapitalfinanzierten Technologieunternehmen in Europa identifiziert – allesamt mit dem Potenzial, in absehbarer Zeit zu „Unicorns“ zu avancieren. Falk Müller-Veerse leitete das Auswahlgremium – im Interview spricht er über die Gewinner, mögliche Unicorns und die Auswirkungen des Ukraine-Krieges auf IPOs.
Goingpublic: Herr Falk Müller-Verse, Bryan Garnier ist die weltweit führende Full-Service-Investmentbank für europäische Technologie- und Healthcare-Unternehmen. Was genau ist Ihre Mission?
Falk Müller-Verse: Unsere Unternehmenskunden sind in wachstumsstarken Sektoren mit teils disruptiven Geschäftsmodellen tätig. Wir wollen ihnen dabei helfen, zu globalen Champions zu avancieren, indem wir sie über alle Phasen des Lebenszyklus hinweg begleiten und ihnen Zugang zu öffentlichem und privatem Kapital verschaffen.
War 2021 Ihrer Meinung nach ein gutes Jahr für Investment-Banken?
Müller-Verse: Ja, 2021 war ein Spitzenjahr – für uns wie für sicherlich viele Investmentbanken. Bryan Garnier allein begleitete im vergangenen Jahr 35 M&A-Deals mit führenden Private-Equity-Investoren und globalen Unternehmen sowie 36 Wachstumsfinanzierungen mit einem Gesamtvolumen von 2,75 Mrd. Euro.
Mit dem Tech Tour Growth Award zeichnen Sie Unternehmen aus, die das Potenzial für einen Börsenwert von über 1 Milliarde Euro haben. Können Sie uns Beispiele von Unternehmen nennen, die Sie erfolgreich an die Börse begleitet haben?
Müller-Verse: Da weiß ich kaum, wo ich anfangen soll. Hierzulande besonders bekannt ist zweifellos Biontech. Wir haben das Mainzer Biotech-Unternehmen bei seinem Börsengang in den USA begleitet. Zuletzt haben wir Ende Mai das Wasserstoffunternehmen Lhyfe an die Euronext in Paris gebracht – und das in einem sehr schwierigen Marktumfeld.
Wer sind die Gewinner 2022 des Tech Tour Growth Award und welche Potenziale sehen Sie in diesen Unternehmen?
Müller-Verse: Von den drei Gewinnern in den Kategorien Digital, Sustainability und Health möchte ich hier die zwei Unternehmen in den erst genannten Bereichen hervorheben: Im Kontext Nachhaltigkeit schaffte es der Dresdner Wasserstoff-Technologieanbieter Sunfire auf Platz eins. Wasserstoff ist eine der wichtigsten Technologien, um künftig unsere Energieversorgung zu sichern. Gewinner im Bereich Digital ist die deutsch-finnische IQM; sie entwickelt die Hardware für Quantencomputer mit Spezialaufgaben. Auf IQM ruhen die Hoffnungen von vielen Industriekonzernen, die die Entwicklung dieser Computer für industrielle Anwendungen vorantreiben wollen.
Wie sehen Sie den IPO-Markt 2022 / 2023 bzw. welche Auswirkungen hat der Ukraine-Krieg und die immer noch präsente Corona-Krise Ihrer Meinung nach?
Müller-Verse: Wenn die Kurse der großen Tech-Unternehmen einbrechen, schlägt das natürlich auch auf die IPO-Stimmung und letztendlich auch auf die Start-up-Bewertungen durch. Hier haben wir schon deutliche Korrekturen gesehen und werden sie wahrscheinlich auch weiterhin sehen. Im Zuge des Ukraine-Kriegs sind auch viele IPO-Pläne erst einmal offiziell auf Eis gelegt worden, hinter den Kulissen gibt es aber durchaus etwas Bewegung. Mittelfristig bestehen aber weiter gute Aussichten, auch für IPOs – immerhin ist das der präferierte Weg der Wachstums-Finanzierung, wenn Unternehmer ihre Eigenständigkeit behalten wollen.
Vielen Dank für das Interview.
Autor/Autorin
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