
GoingPublic: Herr Cunningham, Ihr neuer Fonds Short Duration High Yield fokussiert sich auf Hochzinsanleihen mit kurzer Restlaufzeit. Sind Hochzinsanleihen denn ausgesprochen attraktiv?
Cunningham: Unternehmens-Hochzinsanleihen im Sub-Investmentgrade-Bereich verfügen derzeit über attraktive Bewertungen. Sicherlich nicht so wie beispielsweise 2008, aber auf jeden Fall Levels, die man nicht so häufig findet.
GoingPublic: Normalerweise gib es da einen Haken, d.h. die Bewertungen wirken in der Regel aus gutem Grund scheinbar attraktiv …
Cunningham: Das ist der Punkt: Diese Bewertungen sind interessant, obwohl die wirtschaftlichen Fundamentaldaten sowohl auf der Makro- als auch auf der Unternehmensebene robust sind. So haben wir vor allem in den USA und Asien relativ stabiles wirtschaftliches Wachstum, sogar eine milde Rezession für Europa ist da bereits eingepreist. Umgekehrt weisen viele Unternehmen sehr gute Bilanzen, hohe Cash-Positionen usw. auf. Gemessen an diesen Fundamentals sind viele Anleihebewertungen tatsächlich attraktiv. Was Investoren zurückhält, ist ja gerade, dass nicht jeder diese Opportunitäten als solche erkennt.
GoingPublic: Woran liegt das?
Cunningham: Das ist auf die hohen Volatilitäten, wie wir sie vor allem in der zweiten Jahreshälfte 2011 gesehen haben, zurückzuführen. Genau genommen waren die Volatilitäten so hoch wie zu Zeiten des russischen Staatsbankrotts Ende der 90er Jahre. Ich spreche daher sogar von einer fantastischen Investmentgelegenheit. Die versuchen wir mit dem Short Duration High Yield Portfolio zu adressieren.
GoingPublic: Wie sieht das aus?
Cunningham: Der Fokus liegt auf besagten Hochzins-Unternehmensanleihen, die mehrere Prozentpunkte über „sichereren“ Anleihen rentieren, und dies mit einer kurzen Restlaufzeit – Duration – von 3, 4 oder 5 Jahren. Allerdings benötigt man für dieses Thema erfahrene Bond-Spezialisten, weil sonst das Portfolio möglicherweise mal nicht überlebt.
GoingPublic: Klingt noch erstaunlich unkompliziert. Wo ist das Problem?
Cunningham: Natürlich ist es nicht ganz so simpel. Das Upside-Potenzial versuchen wir mit der Auswahl der richtigen Duration einzufangen, zugleich aber das Downside-Risiko zu vermeiden durch den Fokus auf qualitativ hochwertige Emittenten, die eben nicht ausfallgefährdet sind. Die zuvor angeschnittenen Wirtschaftsdaten geben uns dabei recht: Die Ausfallraten liegen auf historischen Tiefständen – und gemessen daran gibt es die erwähnten großartigen Gelegenheiten. Das Ergebnis ist ein höherer risikoadjustierter Return.
GoingPublic: Irgendwelche Absicherungen, die gleichzeitig nicht Ihr Renditepotenzial zu stark schmälern?
Cunningham: Das ist sicher ein Kunststück. Über einen vollen Marktzyklus muss man mit der Konzentration auf kurze Restlaufzeiten natürlich gewisse Ertragseinbußen einplanen. Zum einen ist das Portfolio mit ca. 200 einzelnen Bestandteilen sehr breit diversifiziert, um das Einzelrisiko zu begrenzen. Zum anderen setzen wir Hedging-Strategien beispielsweise mit Futures auf Zinsen oder Anleihe-Indizes um.
GoingPublic: Welche Rendite ist realistisch mit dieser Strategie?
Cunningham: Das ist die große Frage: Hohe Volatilitäten bedeuten hohe Unsicherheiten auch in der Prognose. Realistisch für 2012 scheinen mir 7 bis 8%, wenn nicht sogar mehr, wenn sich die Märkte wie jetzt zum Jahresauftakt ruhiger verhalten. Lassen Sie uns in einem Jahr darüber sprechen.
GoingPublic: Herr Cunningham, vielen Dank für das interessante Gespräch.
Das Interview führte Falko Bozicevic.
Jeremy Cunningham wechselte 2011 zu ACM Bernstein, wo er im Team von Ivan Rudolph-Shabinsky das Short Duration High Yield Portfolio managt. Zuvor war er langjährig bei Schroders, Merrill Lynch, Flemings und Invesco. ACM Bernstein ist die Retailsparte von AllianceBernstein L.P. Der Short Duration High Yield Fonds wurde Ende Juli 2011 aufgelegt und hat ein Volumen von rund 50 Mio. USD.