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Der Radiopharmaka-Entwickler Pentixapharm feierte am 3. Oktober den ersten Biotech-Börsengang in Deutschland seit 2016. Firmengründer Dr. Andreas Eckert erläutert im Interview, warum die Kursverluste unmittelbar nach dem IPO der Spin-Off-Konstruktion des Börsengangs geschuldet sind und Langfristanlegern attraktive Einstiegskurse bieten.
Die Aktie
Die 2019 gegründete Pentixapharm Holding AG (WKN:A40AEG / ISIN: DE000A40AEG0) ist ein Spin-Off des seit 1999 börsengelisteten SDAX-Unternehmens Eckert & Ziegler SE (565970 / DE0005659700). Auslöser für das IPO am 3. Oktober waren die unterschiedlichen Risikostrukturen der beiden Geschäftsmodelle, die verschiedene Investorengruppen ansprechen. Eckert & Ziegler hat mit seinen radioaktiven Komponenten für Medizin, Wissenschaft und Messtechnik ein hochprofitables Geschäft, das 2023 einen Umsatz von 246,1 Mio. EUR und 26,3 Mio. EUR Konzerngewinn einspielte. Pentixapharm entwickelt dagegen diagnostische und therapeutische Radiopharmazeutika und erzielt vorerst weder Umsatz noch Gewinn. Zwei Produkte befinden sich in der klinischen Endphase 3.
Pentixapharm-Börsengang
Beim Börsengang wurde den Aktionären von Eckert & Ziegler für jede Aktie des Unternehmens ein Anteilschein der Tochterfirma Pentixapharm automatisch eingebucht. Die 3,9 Mio. Aktien zu einem Ausgabepreis von 5,10 EUR Aktien, die im Rahmen einer Kapitalerhöhung platziert wurden, ergaben in Verbindung mit der zeitgleich von Eckert & Ziegler gezeichneten Wandelschuldverschreibung einen Kapitalzufluss von rund 40 Mio. EUR. Der aktuelle Free-Float der im Prime Standard gelisteten Pentixapharm-Aktie beträgt 61,3%. Mit den beiden Family Offices Eckert Life Science Accelerator GmbH (34,5%) und Athos (4,2%) halten zwei Altaktionäre weiterhin größere Firmenanteile. Der aktuelle Börsenwert von Pentixapharm liegt bei rund 90 Mio. EUR. In der ersten Börsenwoche kam die Pentixapharm-Aktie ordentlich unter Druck. Grund genug, mit Dr. Andreas Eckert, Großaktionär und Aufsichtsratsvorsitzender, über die Equity Story und die aktuelle Bewertung zu sprechen.
Going Public: Die Pentixapharm-Aktie hat seit ihrer Börsenpremiere vor mehr als drei Wochen rund 30 % an Wert verloren. Wie erklären Sie sich das?
Dr. Andreas Eckert: Um Herr des Verfahrens zu bleiben, hatten wir den Börsengang über eine Abspaltung organisiert, die mit einem kleinen öffentlichen Angebot verbunden war. Der Vorteil der Abspaltung lag darin, dass jeder Aktionär von Eckert & Ziegler automatisch Aktionär der Pentixapharm Holding wurde und so ein relativ großes Aktionariat entstand. Dadurch kam Liquidität in die Aktie. Da bei Eckert & Ziegler jedoch zahlreiche Indexfonds engagiert sind, die nur Werte halten dürfen, die in gängigen Indizes wie SDAX oder TecDAX gelistet sind, gab es in den ersten Handelstagen ein enormes Überangebot an Pentixapharm-Aktien. Fast ein Drittel des Aktienbestands wechselte den Besitzer. Bemerkenswert an dem Vorgang war nicht, dass der Kurs unter Druck kam, sondern dass dieses enorme Volumen auch Käufer fand.
Bislang haben Sie überwiegend institutionelle Investoren an Bord.
Das ist richtig. Wir hatten im öffentlichen Angebot nur wenige Privatanleger. Die Kapitalerhöhung wurde im Wesentlichen von institutionellen Anlegern gezeichnet, die vom Konzept überzeugt sind und eine Position aufbauen wollten. Sie gaben nicht nur Geld in das Unternehmen, sondern nutzten auch Teile ihres Kapitals, um den Flow Back aufzusaugen. In der Summe haben wir somit, auch über die Roadshow, wesentlich mehr Geld mobilisiert als die rund 20 Mio. EUR Emissionsvolumina es nahelegen. Ich schätze, mindestens das Doppelte.
Die Equity Story von Pentixapharm als Medikamentenentwickler ist anders gestrickt als bei Eckert & Ziegler. Wie wollen Sie neue Investoren und auch mehr Privatanleger ansprechen?
Eckert & Ziegler ist ein reifes Unternehmen mit Gewinnen und Dividenden, Pentixapharm ein Medikamentenentwickler, der vorerst Verluste einfährt. Mehrere Pentixapharm-Produkte befinden sich allerdings bereits in fortgeschrittenen Phasen der Zulassung. Klinisch hat sich gezeigt, dass das Prinzip, auf dem sie basieren, hervorragend funktioniert. Die Behandlung von Prostatakrebs mit Radioliganden hat Novartis Milliardenumsätze beschert. Das Verfahren lässt sich auch auf jene Indikationen ausdehnen, die Pentixapharm bedient. Hinzu kommt, dass in der Radiopharmazie das Fehlschlagrisiko geringer als bei herkömmlichen Medikamenten ausfällt. Die Kopplung von molekularer Diagnostik und Therapie liefert viele Hinweise für die Entwicklung selbst. Alles in allem ist ein Investment in Pentixapharm sicherlich riskanter als eines in EZAG, im Erfolgsfall kann man aber viel mehr Geld verdienen.
Damit die Aktie in die Gänge kommt, muss Pentixapharm jetzt Kurstreiber liefern.
Pharmaentwicklung ist keine schnelle Nummer. Wir werden den Wert von unten aufbauen und den Finanzmärkten Schritt für Schritt die Potenziale aufzeigen. Was dabei zählt, sind klinische Ergebnisse. Mit der FDA in den USA hatten wir bereits ein Vorgespräch – mit dem Resultat, dass wir sofort einen Antrag auf Durchführung einer Phase-3-Studie stellen können. Die entsprechenden Unterlagen bereiten wir gerade vor. Spätestens im zweiten Halbjahr 2025 soll es damit losgehen. Auch ansonsten gehen die Dinge gut voran.
Akademische Kooperationspartner erzielen mit unseren Produkten zum Teil spektakuläre Resultate. Kliniker der Universität Würzburg berichten von Komplettremissionen bei Patienten mit T-Zell-Lymphomen, die austherapiert waren und auf nichts mehr ansprachen. Das sind keine Einzelfälle, das macht Mut. Zudem haben wir vor zwei Wochen von der EMA für unser Diagnostikum Ga68-Pentixfor den sogenannten PRIME-Status für die Indikation Primärer Aldosteronismus (PA) erhalten. Inhaltlich ist das ein Qualitätssiegel. Die EU-Behörde unterstützt die Entwicklung dieses Radiodiagnostikums frühzeitig, weil sie den hohen medizinischen Bedarf in der Behandlung dieser Krankheit erkannt hat. PA geht auf eine Fehlfunktion der Nebenniere zurück und zählt zu den häufigsten Ursachen für sekundären Bluthochdruck. PRIME bedeutet in diesem Zusammenhang, dass wir den Zulassungsantrag wesentlich billiger stellen können. Am Ende kann der Status sogar auf ein beschleunigtes Zulassungsverfahren hinauslaufen.
Pentixapharm hat 40 Mio. EUR an frischem Kapital eingeworben. Hat die Firma genügend finanzielle Reserven, um die klinische Entwicklung der beiden Produkte voranzutreiben?
Absolut. Wir sind über zwei Jahre durchfinanziert, auch deshalb, weil wir uns auf die Klinik konzentrieren und zum Beispiel den Vertrieb der Produkte mit Partnern organisieren werden. Wir müssen auch keine teuren Produktionsstätten finanzieren, sondern nutzen handelsübliche Radioisotope. Zudem haben wir Ankeraktionäre, die Volatilitäten aussitzen und notfalls nachlegen können.
Bislang ist die Investorenbasis von Pentixapharm sehr lokal geprägt. Wie soll sich das ändern?
Radiopharmaka werden international immer attraktiver. Die Pharmakonzerne Bristol-Myers-Squibb, AstraZeneca und Novartis haben seit 2023 milliardenschwere Akquisitionen abgeschlossen, um auf diesem Feld mitzumischen. Die Konsolidierung ist noch lange nicht abgeschlossen. Für Anleger bietet Pentixapharm mit seinen rund 100 Mio. Euro eine Börsenbewertung, um jetzt günstig einzusteigen. Wenn sich die Dinge so entwickeln, wie wir es uns erhoffen, werden das auch US-Investoren erkennen.
Zum Interviewpartner
Der promovierte Sozial- und Wirtschaftswissenschaftler Dr. Andreas Eckert gründete 1997 in Berlin den Frühphasenfinanzierer Eckert Life Science Accelerator GmbH, aus der die Eckert & Ziegler Strahlen- und Medizintechnik AG hervorging. Dr. Eckert war von 1997 bis 2023 Vorstandsvorsitzender der Eckert & Ziegler AG. Seitdem ist er bei Eckert & Ziegler und seit 2024 auch bei Pentixapharm Vorsitzender des Aufsichtsrats.
Autor/Autorin
Stefan Riedel
Stefan Riedel ist freier Autor bei GoingPublic Media und selbständiger Redakteur mit Schwerpunkt Finanzen und Wirtschaft.