Vor einem Jahr ging die EuroTeleSites AG als Spin-off der A1 Telekom Austria Group an die Wiener Börse. Finanzchef Lars Mosdorf berichtet, wie es sich anfühlt, „public“ zu sein.

GoingPublic: Herr Mosdorf, EuroTeleSites ist nun ein Jahr an der Börse notiert. Ist es anstrengender oder leichter, nicht mehr direkt einem Konzern anzugehören?

Mosdorf: Wir wurden von einem der in Europa führenden börsennotierten Telcos  abgespalten. A1 zählt unter anderem mit einer A-Bewertung den am besten bewerteten Telekomunternehmen. Nun sind wir als eigenständiger Anbieter vom Bodensee bis zum Schwarzen Meer aktiv. Wir sind Eigentümer und Betreiber von mehr als 13.500 Mobilfunkmasten der passiven Infrastruktur. Mit einer Bilanzsumme von fast 2 Mrd. EUR formen wir inzwischen einen eigenen, kleinen Konzern. Unser Vorteil ist, dass wir aufgrund unserer Strukturen so agil wie ein Start-up handeln. Mit rund 170 Mitarbeitern lassen sich betriebliche Abläufe flotter optimieren und der Fokus auf die Bedürfnisse unserer Kunden, den Mobilfunkbetreibern und z.B. IoT-Anbietern, ausrichten.

Der Kurs entwickelte sich zuletzt prächtig, war aber zu Beginn unter den Emissionspreis abgerutscht. Was macht es mit Management und Beschäftigten, wenn die Notierung unter Wasser steht?

Funkturm
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Das stimmt: Seit Jahresbeginn 2024 ist unser Kurs um über 30% und unsere Marktkapitalisierung um rund 200 Mio. EUR gestiegen. Es hat uns zudem gefreut, dass wir im September 2023 einen erfolgreichen Börsenstart hatten und den Emissionspreis zunächst übertreffen konnten. Die Märkte waren zur Zeit der Zulassung volatil und geprägt von geopolitischen Unsicherheiten mit hohen Leitzinsen. Das führte zu einer Dämpfung der Aktienkurse unserer gesamten Infrastrukturbranche. Bei uns kam die technische Herausforderung hinzu, dass wir für einen Tag als Abspaltung von A1 im ATX gehandelt, dann aber aufgrund der Unternehmensgröße in den ATX Prime umgruppiert wurden. Investoren, die ausschließlich im ATX investiert sind, mussten somit ihre Anteile verkaufen. Kurskonsolidierungen und Schwankungen direkt nach dem Börsengang sind hingegen nicht ungewöhnlich. Die kürzliche Bestätigung unserer Investment Grade Ratings von Moody’s und Fitch untermauern unsere positive Entwicklung. Analystenmeinungen sehen weiteres Potenzial so hat beispielsweise Barclays jüngst das Kursziel auf 5,30 EUR erhöht; weitere Einschätzungen sehen uns sogar darüber. Sie alle wissen: Mobilfunk-türme sind das Fundament der digitalen, mobilen Welt von morgen.

Was können Sie Unternehmensverantwortlichen mitgeben, die über eine Notierung nachdenken: Was empfinden Sie als größte Vorteile eines Börsengangs?

Wir haben das Privileg, zwei langjährig verpflichtete und an unserer Entwicklung interessierte Großaktionäre zu haben: América Móvil und die österreichische Beteiligungsholding ÖBAG. Unser Ziel war somit zunächst nicht, wie üblich bei einem Börsengang, die Liquiditätsaufnahme, sondern, das Unternehmen, das einen Baustein in der kritischen Infrastruktur bildet, bei einer breiteren Investorenbasis zu verankern. Ein Börsengang verbreitert die Teilhabe und damit die Mitsprache an Unternehmensentscheidungen, steigert die Bekanntheit des Unternehmens und geht einher mit erhöhter Sichtbarkeit und idealerweise einer hohen Glaubwürdigkeit. Das stärkt das Vertrauen bei Investoren, Kunden und Partnern, bedingt aber die strikte Einhaltung von Regularien und Vorgaben. Dazu gehören Transparenz, Compliance, ESG und deren Einhaltungskontrollen. Die Bereiche, Abteilungen und Teams müssen dementsprechend auf-gesetzt bzw. weiterentwickelt werden. Da wir auf sechs Märkten agieren, kommen kulturelle Vielfalt und das Definieren gemeinsamer Werte hinzu. Das alles hat für unseren CEO, Ivo Ivanovski, und mich oberste Priorität.
EuroTeleSites AG (ISIN: AT000000ETS9), Quelle: stock3.com

Was empfinden Sie als anstrengender, was würden Sie heute anders machen?

Wir haben ein neues Unternehmen mit einer Milliarde unter anderem am Kapitalmarkt finanziert, die Unternehmensgründung vollzogen und den Börsengang umgesetzt. Das war alles fundiert und gründlich vorbereitet, aber mit nur sieben Monaten zwischen Bekanntgabe und Abspaltung sportlich bemessen. Eine zeitliche Reserve kann in einem solchen Prozess nicht schaden. Nur mit einem so engagierten Team, dem ich sehr dankbar bin, hat das reibungslos funktioniert. Des Weiteren hätten wir uns ein weniger angespanntes Zinsumfeld gewünscht dieses war zum Zeitpunkt der Finanzierung ziemlich am Höhepunkt.

Welches Fazit ziehen Sie nach zwölf Monaten an der Börse?

Der Börsengang und dieses erste Jahr war für uns alle eine einzigartige und intensive Erfahrung. Es forderte jede Menge Energie und Entscheidungsfreudigkeit. Aber zu wissen, dass wir selbst dafür verantwortlich sind, unser Unternehmen auf das nächste Level zu heben, ist unvergleichlich. Die Herausforderungen waren gewaltig, aber es war für uns alle ein Meilenstein, den Carve-out der EuroTeleSites erfolgreich bewältigt und als zuverlässige Tower Company positioniert zu haben. Mit diesem soliden Fundament blicken wir optimistisch und gestaltungshungrig in die Zukunft, denn Mobilfunktürme sind das Fundament der digitalen, mobilen Welt von morgen

Sehr geehrter Herr Mosdorf, vielen Dank für die interessanten Informationen.
Das Interview führte Stefan Preuß.

ZUM INTERVIEWPARTNER

Lars Mosdorf ist Finanzvorstand und stellvertretender Generaldirektor der EuroTele-Sites AG.

 

 

 

Zahlen & Fakten EuroTeleSites AG

  • Gründung: Carve-out A1 Telekom 2023
  • Branche: Telekom-Infrastruktur
  • Unternehmenssitz: Wien
  • Umsatz 1. HJ 2024: 130,7 Mio. EUR
  • EBITDAaL-Marge Q2/24: 57%
  • Mitarbeiter: 170
  • Börsenstart: 2023
  • Segment: prime market
  • Market Cap: 797 Mio. EUR
  • Internet: www.eurotelesites.com

Autor/Autorin

Stefan Preuß
Redaktionsleiter at GoingPublic Media AG | Website

Stefan Preuß arbeitet seit mehr als 25 Jahren als Redakteur im Kapitalmarktumfeld. Der gelernte Tageszeitungsredakteur sammelte zudem Erfahrung als Investor Relations Manager. Der Redaktion der GoingPublic Media AG gehört er als ständiger Mitarbeiter mit den Schwerpunktthemen IPOs, Vermögensanlage und Nachfolgelösungen an. Er betreut als Redaktionsleiter die jährlichen Spezialausgaben "Mitarbeiterbeteiligung" sowie "M&A Insurance".