Bildnachweis: © Zeiss, Carl Zeiss Meditec, stock3.com.
Carl Zeiss Meditec ist in den vergangenen Jahren relativ kontinuierlich gewachsen, aber aktuell drücken ein schwächelndes Nordamerika- und Chinageschäft auf die Umsätze. Das EBIT fiel sogar deutlich. Der Spezialist für Augenheilkunde und Mikrochirurgie hatte die Jahresprognose zuvor korrigiert und will die Entwicklung mit Sparmaßnahmen kompensieren. Die EBIT-Marge soll mittelfristig wieder auf 20% steigen.
Durch die Verschmelzung des ZEISSGeschäftsbereichs Ophthalmologie mit dem Start-up für medizinische Laser Asclepion-Meditec AG entstand 2002 die Carl Zeiss Meditec AG. Mittlerweile ist das Unternehmen der nach eigenen Angaben weltweit führende Anbieter im Bereich Augenheilkunde und Mikrochirurgie. Die Carl-Zeiss-Stiftung hält 59% der Aktien, der restliche Anteil befindet sich im Streubesitz.
Augenheilkunde und Mikrochirurgie als Geschäftsbereiche
Für den Markt der Augenheilkunde bietet der strategische Geschäftsbereich (SBU) Ophthalmology ein Produktportfolio, das Systeme sowie Verbrauchsmaterialien für die Kataraktchirurgie und die Hornhautrefraktion umfasst. Hinzu kommen Produkte und Lösungen für das Management chronischer Augenkrankheiten sowie für die Diagnose und Behandlungen von Erkrankungen am hinteren Augenabschnitt. So bietet die Carl Zeiss Meditec AG z.B. Hornhauttopografen, optische Biometriegeräte, Mikroskope für Retina-, Glaukom-, Katarakt- und Hornhaut-OPs, refraktive Laser wie Femtosekunden- und Excimerlaser oder Netzhautkameras für die Ultraweitwinkel-Fundusbildgebung. Der SBU Microsurgery umfasst komplette Produktlösungen zur Visualisierung minimalinvasiver chirurgischer Behandlungen für die Fachbereiche Neurochirurgie, die Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, die Wirbelsäulenchirurgie, die plastische und rekonstruktive Chirurgie sowie für die Zahnheilkunde.
Umsatz und Profitabilität rückläufig
Nachdem Umsatz und Profitabilität – von wenigen kleinen Ausreißern abgesehen – auf Jahressicht seit über einer Dekade kontinuierlich gestiegen sind, muss der Konzern im laufenden Jahr wieder einen Rückschlag hinnehmen. So wurde in den ersten neun Monaten des Geschäftsjahres 2023/24 ein Umsatz von 1,49 Mrd. EUR erzielt, was einem Rückgang von 2% entspricht. Dabei war der SBU Ophthalmology mit einem Rückgang von 1% auf 1.14 Mrd. EUR weniger betroffen als der SBU Microsurgery: Hier sank der Umsatz um 4% auf 344 Mio. EUR.
China und insbesondere Nordamerika schwächeln
Carl Zeiss Meditec führt die Entwicklung insbesondere auf einen schwächeren refraktiven Verbrauchsmaterialienabsatz in China zurück. Zudem blieb die Nachfrage im Gerätgeschäft, insbesondere in Nordamerika, hinter dem Vorjahr zurück. Der SBU Microsurgery litt an einem schwachen Neurochirurgiegeschäft. Die Lage in Nordamerika spiegelt sich entsprechend in den Regionalumsätzen wider. Während der Umsatz dort um 13% auf 357 Mio. EUR und in der Region APAC um 4% auf 698 Mio. EUR sank, konnte das Unternehmen den Umsatz in Europa um 16% steigern.
EBIT deutlich unter Vorjahr
Das EBIT ging um klare 33% auf rund 163 Mio. EUR zurück. Die EBIT-Marge betrug nur noch 10,9% (Vj.: 16,2%). Das Management führt die Entwicklung auf einen schwächeren Produktmix infolge des Vorratsabbaus im chinesischen Vertriebskanal bis März 2024 und eine verzögerte Umsetzung staatlicher Vergabesysteme für Intraokularlinsen zurück. Dennoch zeigten die Umsetzung des Kostenkontrollprogramms erste Erfolge; weitere Sparmaßnahmen für das vierte Quartal und das nächste Jahr seien eingeleitet.
Fünfjahrestiefstand beim Aktienkurs
Die Aktie ist jüngst auf einen Tiefststand seit 2018 gefallen und gehört mit -40% zu den schwächsten im MDAX in diesem Jahr. Immerhin weist die Marktkapitalisierung von 5,3 Mrd. EUR im Verhältnis zum Jahresumsatz immer noch einen Wert von ca. 2,5 aus – mehr als bei so manchem etablierten Unternehmen in anderen Branchen. Dennoch lag die Kennziffer in der Saison 2020/21 noch bei zehn. Während das 2023/24er-KGV 30 betrug, werden laut Datenanbieter FactSet für das laufende Jahr ein KGV von 33 und für 2024/25 ein KGV von 25 erwartet.
Ausblick
Mit der aktuellen Entwicklung zeigte sich CEO Dr. Markus Weber auf der Bilanzpressekonferenz auch nicht zufrieden und prognostizierte, dass die Erholung der Märkte Zeiss Visumax 800 Zeiss Artevo 750 Zeiss Kinevo 900 noch deutlich mehr Zeit in Anspruch nehmen werde als noch zu Jahresbeginn angenommen. Gleichzeitig gebe es erste Anzeichen, dass sich die Lage im Geräte- und Verbrauchsmaterialiengeschäft stabilisiert. Um weitere Produktivitätssteigerungen zu schaffen, gelte es jetzt, noch mehr aus der gut gefüllten Innovationspipeline herauszuholen und nach Jahren turbulenter Lieferketten wieder die Kostenoptimierung in der Fertigung voranzutreiben.
Mit dem Konjunkturrückgang in China hat Carl Zeiss Meditec nicht als einziges Unternehmen in Deutschland aktuell ein „dickes Brett“ zu bohren. Zudem fällt der branchenspezifische Aspekt Nordamerika ins Gewicht. Abgesehen vom recht deutlichen Rückgang der EBIT-Marge auf unter 11% wirft die aktuell schwache Geschäftsentwicklung aber noch keine prinzipiellen Fragen auf. Relativ zu vielen anderen Branchen ist die Marge immer noch erträglich und die Produkte zweifelsohne hochwertig. Der Vorstand hat das Kostenproblem erkannt und benannt. Im Normalfall ist davon auszugehen, dass im kommenden Jahr wieder bessere Zeiten anstehen.
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Autor/Autorin
Ike Nünchert
Ike Nünchert ist freier Autor für das GoingPublic Magazin sowie für GoingPublic Online.