Bildnachweis: © Berthold HERMLE AG.

Die Maschinenfabrik Berthold HERMLE ist einer der führenden Hersteller von Portalfräsmaschinen, Werkzeugmaschinen sowie CNC-Sondermaschinen aus Gosheim auf der Schwäbischen Alb, historisch bekannt als Metallverarbeitungszentrum. Mit seinem Claim „besser fräsen“ wirbt das Unternehmen für seine Verpflichtung, die Produkte mit einer überdurchschnittlichen Performance auszustatten.

Hintergrund

1938 gründete Berthold Hermle in Gosheim auf der Schwäbischen Alb die „Berthold Hermle – Schraubenfabrik und Fassondreherei“, in der anfangs Drehteile gefertigt wurden, bevor schließlich 1957 die Produktion von Fräsmaschinen startete. 1990 wurde das Unternehmen zur Maschinenfabrik Berthold HERMLE AG umfirmiert und ging auch an die Börse.

Heute ist HERMLE mit einem 85-jährigen Erfahrungshintergrund im Bereich der CNC-Fräsmaschinen nach eigenen Angaben einer der führenden Hersteller von Portalfräsmaschinen, Werkzeugmaschinen sowie CNC-­Sondermaschinen und bildet das gesamte Produktspektrum für alle Bereiche ab.

Neben dem Hauptsitz in Gosheim unterhält HERMLE weitere Standorte, z.B. in Otto­brunn (HERMLE Maschinenbau GmbH) und international etwa in der Schweiz (Neuhausen), in Italien (Rodano), in den Niederlanden (Horst aan de Maas) sowie in den USA (Franklin, Wisconsin). Insgesamt besteht ein Netz von Werksvertretungen in über 50 Ländern.

Führender CNC-Fräsmaschinenhersteller für die Präzisionszerspanung

CNC-Maschinen stellen Werkstücke mit komplexen Geometrien durch die Verwendung von Steuerungstechnik in hoher Präzision her. So produzieren die Schwaben CNC-Fräsmaschinen und Sondermaschinen für den Bereich der Medizintechnik, den allgemeinen Maschinen- und Apparatebau, die optische Industrie sowie für Luftfahrt und Automobilindustrie. Zudem werden kundenspezifische CNC-Sondermaschinen gefertigt, z.B. im Bereich des Modell– und Werkzeugbaus.

HERMLE bescheinigt seinen CNC-Portalfräsmaschinen eine extrem verwindungssteife Sockel- und Gehäusekonstruktion, die hochpräzises Fräsen von harten, spröden und zähen Werkstoffen wie hochlegierten Edelstählen, Kunststoffen, Holz oder Nichteisenmetallen ermöglicht. Die verwindungsfeste, schwere Konstruktion macht die Maschinen dabei weitgehend unempfindlich gegenüber Vibrationen. Um hohe Frästiefen ohne Qualitätseinbußen zu erreichen, verfügen die Maschinen über verstärkte und verschleißfreie Achsen, die für die hohen Reaktionskräfte ausgelegt sind.

Solide Zahlen in schwierigem Fahrwasser

Foto: © Berthold HERMLE AG

HERMLE hat bei der Vorstellung der Neunmonatszahlen kürzlich auf weiterhin hohe Risiken für die künftige Branchenentwicklung hingewiesen und geht davon aus, dass sich die Nachfrage in den kommenden Monaten weiter abschwäche. So habe sich auf der Fachmesse EMO die starke Verunsicherung in der Industrie angesichts des schwierigen konjunkturellen Umfelds bestätigt. Gleichzeitig zeige sich aber ein anhaltend großer Bedarf an Automationslösungen.

So stieg der Konzernumsatz in den ersten neun Monaten im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 20% auf 380,9 Mio. EUR – was etwas über den Erwartungen lag. Die Exportquote beträgt 63,2%.

Beim Auftragseingang wurde wie erwartet ein weiterer Rückgang verzeichnet, die neuen Bestellungen gingen um 11% auf 374,1 Mio. EUR zurück. Der Auftragsbestand lag Ende des dritten Quartals bei 161,1 Mio. EUR, nach 211,5 Mio. EUR am Vorjahresstichtag, was Ausdruck der damals schwierigen Lieferkettensituation ist.

Foto: © Berthold HERMLE AG

Bei der Ertrags-, Finanz- und Vermögenslage hat sich die Ergebnisentwicklung normalisiert, blieb aber per Ende September überproportional zum Umsatzverlauf. Genaue Zahlen werden nur halbjährlich veröffentlicht. Nach dem ersten Halbjahr wuchs das EBIT um 63% auf 49,4 Mio. EUR, der Nettogewinn erhöhte sich gar um 80% auf 37,1 Mio. EUR.

Foto: © Berthold HERMLE AG

Die Eigenkapitalquote beträgt rund stolze 70%, was HERMLE als gute Basis für seine laufenden Investitionsmaßnahmen ansieht. Diese haben sich im laufenden Jahr auf konzernweit 20 Mio. EUR summiert.

Die Schwaben gehen davon aus, das Gesamtjahr am oberen Ende der Prognose abzuschließen, also ein Umsatzplus von rund 10% sowie eine Ergebnissteigerung zu erreichen. Im günstigsten Fall sollen sowohl Umsatz als auch Betriebsergebnis um etwas mehr als 10% zulegen.

Aktienentwicklung

Die Stammaktien sind nicht börsennotiert und befinden sich in Familienbesitz. Der Anteil beträgt 80%. Die Vorzugsaktien werden im geregelten Markt in Frankfurt und Stuttgart sowie im Freiverkehr in Berlin und Düsseldorf gehandelt. Die gesamte Marktkapitalisierung liegt aktuell bei 1,07 Mrd. EUR.

Masch. Berth. HERMLE AG (ISIN: DE0006052830)

Quelle: stock3.com

Die Aktie indes entwickelt sich seit ihrem Höchststand von über 400 EUR im Juni 2018 abwärts. Insgesamt steht seit dem Börsengang 1990 aber ein Kursplus von 3.000% zu Buche.

Das 2022er-KGV lag bei 14, das Verhältnis Marktkapitalisierung/Umsatz (KUV) 2022 bei 2,1. Für Konkurrenzunternehmen (im weiteren Sinne) gelten folgende Kennzahlen: FANUC CORPORATION (Market Cap: 25 Mrd. EUR; KGV: 23; KUV 4,6); Siemens (120 Mrd. EUR; 28; 1,4); Mitsubishi (60 Mrd. EUR; 7; 0,4); DMG MORI (3,4 Mrd. EUR; 23; 1,4).

Fazit

Im Kennzahlenvergleich – womöglich ausgenommen Mitsubishi – steht die Aktie günstig da. Jedoch sind genannte Konkurrenzunternehmen überwiegend wesentlich größer als HERMLE und weisen auch einen höheren Free Float auf. Die Mehrzahl der Hersteller von CNC-Maschinen befindet sich in Privat- oder genossenschaftlichem Besitz. Zu den Weltmarktführern zählen hier auch HEIDENHAIN, Bosch Rexroth oder NUM aus der Schweiz.

Die Turbulenzen am Weltmarkt sind wohl bei sämtlichen Unternehmen der Branche hängen geblieben. Dessen ungeachtet fallen die Geschäftszahlen für HERMLE bislang unerwartet gut aus, insbesondere die Gewinnsteigerungen nach dem ersten Halbjahr.

Sicher bleibt abzuwarten – wie das Unternehmen selbst prognostiziert –, ob mit einer weiteren Nachfrageabschwächung zu rechnen ist. Der große Vorteil von HERMLE bleibt aber die Spezialisierung, die das ­Unternehmen auch in unsicheren Zeiten zu einem Faktor macht. Oder wie die Gosheimer auch zu sagen pflegen: „Wir punkten mit viel Erfahrung und sehr guter Qualität aus Deutschland, denn made in Germany ist weiterhin im Trend.“

Autor/Autorin

Ike Nünchert

Ike Nünchert ist freier Autor für das GoingPublic Magazin sowie für GoingPublic Online.