Bildnachweis: Covington & Burling LLP.

B) Besondere Bedeutung der Investitionsprüfung für VC-Finanzierungen

1)      Maßgebliche sicherheitsrelevante Sektoren

Wichtig für das Verständnis der Reichweite der Investitionsprüfung ist, dass sich die für die Melde- und Aufgreifschwellen maßgeblichen sicherheitsrelevanten Sektoren nicht auf Rüstungsgüter oder kritische Infrastruktur beschränken. Vielmehr besteht eine Meldepflicht zum Beispiel auch in den Bereichen künstlicher Intelligenz, autonomen Fahrens, Halbleiter, Quanteninformatik, additiver Herstellungstechnik, Pharma- und Medizinprodukte oder bestimmter In-vitro-Diagnostika, allerdings erst ab einem Stimmrechtsanteil von 20 %, der in der Praxis durch einzelne VC-Investoren regelmäßig aber nicht erreicht werden dürfte. Wie oben beschrieben können aber ggf. der Erwerb von zum Beispiel 12% der Stimmrechte plus das Recht auf einen Sitz im Aufsichtsgremium oder bestimmte Vetorechte zu einem Call-in-Recht des BMWK führen. (siehe dazu näher sogleich)

Soweit in Einzelfällen nicht zweifelsfrei beurteilt werden kann, ob eine Meldepflicht besteht, wird oftmals ein Antrag auf Erteilung einer Unbedenklichkeitsbescheinigung (ggf. verbunden mit vorsorglicher Meldung) sinnvoll sein. Dies beugt zudem der Gefahr eines späteren Call-ins vor.

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2)        Auswirkungen für typische VC-Investment-Strukturen

Im VC-Umfeld gibt es eine Reihe typischer Sachverhaltsgestaltungen, die einer Investitionsprüfung nach dem Außenwirtschaftsrecht unterliegen können.

a.) Atypischer Kontrollerwerb

Gerade VC-Investoren lassen sich oft besondere Kontrollrechte wie Zustimmungserfordernisse zu bestimmten Geschäftsführungsmaßnahmen einräumen, wobei typischerweise als Rechtsform die GmbH gewählt wird. Diese Kontrollrechte können entweder in einer Gesellschaftervereinbarung (Shareholders‘ Agreement), der Geschäftsordnung für die Geschäftsführung und/oder in der GmbH-Satzung verankert werden, wobei Letzteres aufgrund der Handelsregisterpublizität nicht empfehlenswert ist. Daneben erhalten VC-Investoren regelmäßig auch Sitze in Beiräten, wobei je nach Beteiligungsumfang zwischen echten Beiratsmitgliedern und bloßen Observer-Seats zu differenzieren ist.

Während in den genannten Fällen oft verhältnismäßig gesichert festgestellt werden kann, ob ein atypischer Kontrollerwerb vorliegt, wird dies im Falle der Einräumung eines Zugriffs auf sicherheitsrelevante Unternehmensdaten oftmals zweifelhaft sein. Denn die Gesellschafter haben nach dem GmbH-Gesetz bereits umfassende Einsichts- und Informationsrechte (§ 51a GmbHG). Ob weitere vertragliche Informationsrechte zu einem atypischen Kontrollerwerb führen, muss daher im Einzelfall beurteilt werden. Besonders relevant sind hier häufig Informationen über bestimmte Technologien oder Verfahrensprozesse.

b.) Wandeldarlehen

Auch die Begebung von Wandeldarlehen, bei denen der Darlehensgeber berechtigt oder ggf. verpflichtet ist, die ausstehende Darlehensvaluta ganz oder teilweise zu einem bestimmten Zeitpunkt in Anteile der Gesellschaft zu „wandeln“ und die in der Frühphase oder zwischen Eigenkapitalfinanzierungsrunden als Brückenfinanzierungen weit verbreitet sind, können der Investitionsprüfung unterliegen. Dies gilt insbesondere für den Fall der Wandlung, wenn der Darlehensgeber durch Erwerb der neuen Gesellschaftsanteile (und Stimmrechte) eine relevante Meldeschwelle überschreitet bzw. ungeachtet einer Unterschreitung ein atypischer Kontrollerwerb vorliegt. Sofern erst durch die Wandlung Meldeschwellen erreicht würden, stellt sich die Frage, wann der Erwerber anmelden muss. Denn nach dem Gesetzeswortlaut müsste bereits der schuldrechtliche Vertrag (hier den Wandeldarlehensvertrag) die Meldepflicht auslösen, wobei die Wandlung noch in ferner Zukunft liegen kann. Hinzu kommt, dass Wandeldarlehen ganz unterschiedlich ausgestaltet sein können. Während der Darlehensgeber bei einigen Wandeldarlehen jederzeit und einseitig wandeln darf (er also hinsichtlich der Stimmrechte eine gesicherte Rechtsposition innehat), kann das Wandlungsrecht auch an Bedingungen geknüpft werden, die möglicherweise erst nach Jahren (oder nie) eintreten. Das BMWK hat dazu bislang keine offizielle Leitlinie veröffentlicht. Das Gesetz stellt einerseits auf Abschluss des schuldrechtlichen Vertrages ab, so dass die tatsächliche Wandlung womöglich erst in fernerer Zukunft liegt. Andererseits geht das Interesse des BMWK grundsätzlich dahin, die Sicherheitsrelevanz zum Zeitpunkt der Wandlung zu prüfen, zu dem das Zielunternehmen womöglich weitere Technologien entwickelt hat. In der Praxis sollten die Parteien sich im Zweifel rechtzeitig mit dem BMWK abstimmen und entsprechende Vollzugsbedingungen in den Vertrag aufnehmen.