Selbst Parallelen zum Börsencrash von 1987 wurden noch vor einigen Wochen nicht selten aufgezeigt. In diesem Jahr war als zusätzliche Belastung für den Aktienmarkt das „Y2K“-Problem ausgemacht. Besonders US-Amerikanern sagte man panische Reaktionen nach. Analysten prognostizierten, daß über den Jahreswechsel niemand stark investiert sein möchte. Den Prognosen zufolge dürften sich die meisten Investoren vor dem Jahrtausendwechsel neutral verhalten und Neuinvestments ins neue Jahr verschieben. Für den Jahresanfang sollte dann ein rascher und kräftiger Kursanstieg folgen.
Doch bereits Mitte Oktober begannen die Kurse an den Weltmärkten wieder zu steigen. Eine Entwicklung, die mit großer Skepsis gesehen wurde. Das Vertrauen in eine solide Aufwärtsbewegung war gering. Anfang Dezember kann nun bei vielen Indizes auf Kurssteigerungen von ca. 15 % in nur sechs Wochen zurückgeblickt werden. Eine Entwicklung, die nun wieder die Skeptiker ins Lager der Bullen treibt. Statt der Jahresanfangsrallye ist nun immer häufiger von einer Jahresendrallye zu hören. Begründet wird diese Theorie damit, daß sowohl institutionelle als auch private Anleger hohe Barbestände halten und nun investieren „müssen“, da ihnen sonst die Märkte nach oben davonlaufen. Doch haben wir eben diese Rallye nicht gerade gesehen?
Dies zeigt wieder einmal, daß die Masse der Anleger nicht anti-zyklisch, sondern pro-zyklisch, also mit dem Trend investiert. Das praktische Beispiel zeigt, daß Panik immer ein schlechter Ratgeber ist, aber Euphorie genauso wenig. Der Oktober ist nicht viel gefährlicher als eine Datumsumstellung und umgekehrt – zumindest nicht, wenn alle davor Angst haben. Auch der Börsenspruch „the trend is your friend“ gilt nur für diejenigen, die an ihm teilhaben und nicht für die, die einem Trend – wie aktuell – hinterherlaufen. Oder ist die Mehrzahl nicht schon wieder investiert?
Die GoingPublic-Kolumne erscheint börsentäglich in Zusammenarbeit mit dpa-AFX.