BVI veröffentlicht die Analyse-Leitlinien 2014
Von Anke Zschorn, Deputy Manager & Senior Analyst, IVOX Germany
Die überarbeiteten Analyse-Leitlinien 2014 des BVI unterscheiden sich im Vergleich zu 2013 im Wesentlichen durch redaktionelle Änderungen. Wie uns die vergangene Saison gezeigt hat, werden die Richtlinien von den Unternehmen zunehmend erfolgreich umgesetzt.
Was die Richtlinien per se betrifft, haben sich im Vergleich zum Vorjahr kaum Veränderungen ergeben. Wer demnach mit den Analyse-Leitlinien für Hauptversammlungen (ALHV) des Vorjahres vertraut war, wird in diesem Jahr kaum auf Überraschungen stoßen. Dennoch ergeben sich regelmäßig Punkte, die der Erklärung bedürfen und bisweilen auf wenig Gegenliebe stoßen. Doch ehe Details aufgegriffen werden, sollte ein Faktum hervorgehoben werden: Richtlinien sind genau als das zu verstehen, was der Begriff an sich bereits hergibt. Es sind Parameter, nach denen man sich richten sollte, auch wenn diese weder Gesetz oder schlichte Wiedergabe des Deutschen Corporate Governance Kodex sind. Diese Parameter ermöglichen, dass Investoren und Analysten die Corporate Governance der verschiedensten Unternehmen aus unterschiedlichen Branchen in der Praxis betrachten und vergleichen können.
Natürlich ist maximale Transparenz nicht automatisch mit bester Corporate Governance gleichzusetzen. Allerdings zeigt jahrelange Praxiserfahrung, dass Gesellschaften mit einem sehr hohen Level an Transparenz tendenziell auch diejenigen mit einer geringeren Problembehaftung sind.
Grundsätzlich sind die ALHV weiterhin in die Rubriken Wirtschaftsprüfer, Vorstand & Aufsichtsrat, Kapitalmaßnahmen, Gewinnverwendung, Fusionen & Akquisitionen, Stimmrechte sowie Corporate Governance Kodex & Best Practice unterteilt.
Wirtschaftsprüfer im Visier
Bezüglich der Bestellung des Wirtschaftsprüfers ist es elementar, auf entsprechende Veröffentlichung im Geschäftsbericht zu achten. Während der getrennte Ausweis der verschiedenen Vergütungskomponenten indes Standard geworden ist, wird in Deutschland gerade bezüglich des leitenden Revisors und der Gesamtbestellperiode des Wirtschaftsprüfers noch nicht ausreichend publiziert. Während es in der Schweiz längst üblich ist, diesbezüglich einen Absatz im Geschäftsbericht aufzuführen, kann man in Deutschland den leitenden Revisor nur mühsam durch Unterschriftenfolge des Bestätigungsvermerks ermitteln. Die Bestelldauer lässt sich nur durch die Einsicht der letzten Jahre ermitteln oder bisweilen gar nicht. Da auch hauseigene Richtlinien anderer Investoren dieser Thematik immer kritischer gegenüberstehen, sollte die Transparenz bezüglich des Wirtschaftsprüfers bei 99% der deutschen Emittenten dringend verbessert werden.
Mangelnde Einhaltung von Transparenzanforderungen kritisch
Mit Ausnahme besonderer unternehmensspezifischer Umstände ist mangelnde Einhaltung der Transparenzanforderungen noch immer die häufigste Ursache für eine kritische Entlastungsempfehlung. Bezüglich der Entlastung des Vorstands wurde für 2014 wieder als kritisch aufgenommen, wenn die Vorstandsvergütung nicht individualisiert ausgewiesen ist. Was die Entlastung des Aufsichtsrats angeht, so haben sich die wesentlichen Transparenzstandards nicht geändert. Weiterhin sehen die Richtlinien vor, dass aussagekräftige Lebensläufe von Vorständen und Aufsichtsräten ebenso wie die Satzung permanent auf der Website verfügbar sein sollen. Seit einigen Jahren wird zudem verstärkt gefordert, dass die Sitzungsteilnahme der Aufsichtsräte individualisiert im Geschäftsbericht oder leicht ersichtlich auf der Website veröffentlicht werden soll. Während dies 2012 noch auf enormen Widerstand gestoßen war, wurde die Teilnahme 2013 von einigen Emittenten nun detailliert veröffentlicht.
An dieser Stelle ist es wichtig hervorzuheben, dass die Nichtveröffentlichung der individualisierten Sitzungsteilnahme sich nicht nur in der Entlastung niederschlägt, sondern ab 2014 auch bei Wiederwahlen. Sicherlich erscheint es manchen Emittenten unverständlich, weshalb diese Forderung einen solchen Stellenwert einnimmt. Man versetze sich aber für einen Moment in die Lage der Investoren und Analysten, die über ein breit gefächertes Spektrum an Werten in den Portfolios verfügen und daher grundsätzlich auf einen raschen Zugriff auf Informationen angewiesen sind, welche ihnen die Entscheidung in Abstimmungsfragen erleichtern. Natürlich lässt sich die Arbeit eines Aufsichtsrats nicht einzig an der Sitzungsteilnahme festmachen, dennoch bietet dies einen besseren Einblick in die Tätigkeit derjenigen, die schlussendlich als Repräsentanten der Aktionäre durch die Hauptversammlung gewählt worden sind oder werden sollen. Wie in vielen Bereichen ist daher ein quantitativer Ansatz unerlässlich, vor allen Dingen wenn man auch die Anzahl der Mandate betrachtet. Da sich viele Aufsichtsräte im Grenzbereich der maximal akzeptablen Mandate bewegen und durch die Tätigkeit als Vorsitzender rasch auf sechs und mehr Mandate kommen, kann eine hohe Sitzungsteilnahme eine positive Wahlentscheidung durchaus begünstigen.
Unveränderte Mandatzahl in Aufsichtsräten
Was die Anzahl der Mandate angeht, liegen für 2014 keine Veränderungen vor. Für Aufsichtsräte ist ein Maximum von fünf Mandaten, für Vorstände ein Maximum von insgesamt drei Aufsichtsratsmandaten neben der Vorstandstätigkeit vorgesehen. Hierbei werden nach wie vor Auslandsmandate einbezogen und Aufsichtsratsvorsitze doppelt gezählt. Dabei werden nicht nur Mandate bei börsennotierten Unternehmen einbezogen, sondern auch die Tätigkeit beispielsweise bei GmbHs. Zu den Wahlen sei auch unbedingt angemerkt, dass aussagekräftige Lebensläufe die elementarste Grundvoraussetzung darstellen. Diese sollen zumindest die bisherige Amtsperiode beinhalten, das Alter sowie Qualifikation und Werdegang. Ohne dieses Minimum an Transparenz ist eine Wahl entsprechend der Leitlinien kritisch zu sehen, da es unmöglich wird, die vorgeschlagenen Kandidaten auch nur annähernd zu beurteilen.