Zumindest besonders angriffsgefährdete Unternehmen sollten einen Verteidigungs-Leitfaden vorhalten. Ein solches Defense Manual erlaubt es, nach der Attacke schnell zu reagieren. Es sieht beispielsweise vor, wer innerhalb und außerhalb des Unternehmens unter welchen Kontaktdaten unverzüglich zu kontaktieren ist oder aus welchen Personen sich das Team zusammensetzt, das die Verteidigung gegen den Angriff koordiniert. Zudem enthält es Listen der ‚Opinion Former‘, die eine möglichst weite Verbreitung der eigenen Botschaften ermöglichen, führt mögliche Kommunikationsformen einschließlich konkreter Formulierungsvorschläge sowie eine Beschreibung des rechtlichen Rahmens und möglicher rechtlicher Schritte auf.
Rechtliche Schritte
Die Einleitung rechtlicher Schritte gegen die Short Seller kommt in der Regel zu spät, um einen unmittelbaren Angriff abwehren zu können. Allerdings gehört die öffentliche Androhung rechtlicher Maßnahmen zu den typischen Abwehrmaßnahmen gegen unberechtigte Vorwürfe. Mögliche Verstöße gegen Meldepflichten, Insiderrecht oder das Verbot der Marktmanipulation können bei der BaFin angezeigt werden. Die BaFin kann eigene Untersuchungen einleiten, Bußgelder oder andere Sanktionen verhängen und bei Verdacht auf strafbares Verhalten die Staatsanwaltschaft einschalten. Der Vorstand ist verpflichtet zu prüfen, ob Schadensersatzansprüche gegen die Angreifer geltend gemacht werden können. Unabhängig vom Bestehen solcher Ansprüche ist die Verfolgung und Durchsetzung möglicher Schadensersatzansprüche jedoch fast immer schwierig, da die meisten Short Seller ihren Sitz im Ausland, oft auch in Offshore-Finanzzentren, haben.
Vertrauen zurückgewinnen
Hat die Short Attack zum Absturz des Börsenkurses geführt, hatten die Anleger – ob berechtigt oder nicht – offenbar zu wenig Vertrauen in das betroffene Unternehmen und sein Management. Das Vertrauen zurück zu gewinnen ist ein langwieriger und aufwendiger Prozess. Die beste Verteidigung gegen Short Attacks besteht deshalb darin, erst gar keine Angriffsfläche zu bieten beziehungsweise diese auf ein Minimum zu reduzieren. Der erforderliche Rahmen für eine gute, transparente und anlegerfreundliche Unternehmensführung muss rechtzeitig geschaffen und alle Verbesserungen öffentlichkeitswirksam kommuniziert werden.
Über die Autoren:
Dr. Richard Mayer-Uellner ist Partner, Matthias Engelen ist Rechtsanwalt der internationalen Wirtschaftskanzlei CMS in Deutschland. Sie sind auf die Bereiche Aktien- und Kapitalmarktrecht sowie M&A spezialisiert. Schwerpunkte ihrer Tätigkeit sind öffentliche Übernahmen sowie die Beratung zu Fragen der Corporate Governance, der kapitalmarktrechtlichen Compliance und des Konzernrechts.
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