Bildnachweis: PFISTERER Holding SE.
Ein seltenes Bild beim Deutschen Eigenkapitalforum (EKF) in Frankfurt in Zeiten von IPO-Flaute und Delisting-Welle: Mit der PFISTERER SE präsentierte sich ein Technologieunternehmen der Finanzöffentlichkeit, das schon im Oktober aktiv mögliche Börsenambitionen für das Jahr 2025 bekannt gemacht hatte und das eigene Zahlenwerk vorstellte, als sei man bereits gelistet.
PFISTERER entwickelt, produziert und vertreibt Lösungen für das Isolieren und Verbinden elektrischer Leiter für die Schnittstellen in Stromnetzen, von der Erzeugung und der Übertragung bis hin zur Verteilung elektrischer Energie – zu Lande, zu Wasser und in der Luft.
PFISTERER im Überblick
Gegründet im Jahr 1921, um elektrische Leitungen sicher und zuverlässig zu verbinden, ist das Unternehmen aus Winterbach bei Stuttgart mit 1.200 Mitarbeitern immer noch im wesentlichen Eigentum der Gründerfamilie und bis heute unabhängig, aber mit 17 Standorten und Produktionsstätten global aktiv. Mit Blick auf die zunehmenden Herausforderungen der Energiewende investiert PFISTERER nun verstärkt in zukunftsweisende Technologien wie Hochspannungsgleichstrom und nachhaltige Anschlusssysteme. Karl-Heinz Pfisterer, Enkel des Firmengründers, ist heute Ehrenvorsitzender des Aufsichtsrats.
KI und Schwellenländer als Wachstumstreiber für Strombedarf
Zusätzlich zu der breiten Produktpalette, die sämtliche Spannungsebenen abdeckt, erhält PFISTERER nachhaltigen Rückenwind von der Marktentwicklung. Der Investitionsbedarf in Energieinfrastruktur ist hoch, denn fehlende Kapazitäten der Stromnetze könnten zu einem echten Hemmschuh für die Energiewende werden. Das Wirtschaftswachstum in Schwellenländern, die zunehmende Elektrifizierung, die Dekarbonisierung, eine dezentrale Energieversorgung sowie neue Technologien wie künstliche Intelligenz sorgen für einen weiter steigenden Strombedarf. Der Ausbau der Stromnetze ist daher von entscheidender Bedeutung für ein Gelingen der Energiewende. Bis 2050 müssen laut BloombergNEF weltweit mehr als 21 Bio. USD in die Stromnetze fließen, um Netto-null-Emissionen zu erreichen. Roland Berger schätzt das jährliche Wachstum des für PFISTERER relevanten Weltmarkts auf knapp 12% bis zum Jahr 2030.
„Strategie 2030“
Am 24. Oktober stellte PFISTERER erstmals der Öffentlichkeit die „Strategie 2030“ vor, um die Weichen für zukünftiges weiteres Wachstum zu stellen. Als Wachstumstreiber und Fokus der Unternehmensentwicklung definiert man die fortschreitende Internationalisierung des Unternehmens, ein innovatives Produktportfolio und damit wie erwähnt den Eintritt in den neu entstehenden großen Gleichstrommarkt sowie die Teilhabe an der sehr dynamischen Weltmarktentwicklung in den kommenden Jahren. Johannes Linden, Mitglied und Sprecher des Vorstands der PFISTERER Holding SE: „Getrieben durch den weltweiten Umstieg auf erneuerbare Energien, den massiven Ausbau der Netzinfrastruktur und den steigenden Energiebedarf ist die Nachfrage nach unseren Produkten in den letzten zwei Jahren stark gestiegen. Mit unserer Strategie 2030 werden wir dieses Momentum nutzen und die Dekarbonisierung aktiv mitgestalten.“ Vorstandsmitglied Dr. Konstantin Kurfiss ergänzt: „In einem langfristig dynamischen Markt ist PFISTERER stark positioniert und wird so von der positiven Entwicklung umfassend profitieren. Die Ausweitung unserer internationalen Aktivitäten untermauert dabei unseren globalen Anspruch. Mit Innovation, langjähriger Expertise und einer hervorragenden Reputation werden wir zudem im Gleichstrommarkt erfolgreich sein.“
Den Kapitalmarkt im Blick
Aufhorchen ließ am 24. Oktober die via Corporate News veröffentlichte Aussage, dass man „vor dem Hintergrund des dynamischen Wachstums der kommenden Jahre fortlaufend verschiedene Finanzierungsmöglichkeiten aus Fremd- und Eigenfinanzierung prüfe“, aber auch „der Kapitalmarkt im Finanzierungsmix für PFISTERER ggf. eine attraktive Option“ darstellen könne. Mit der Umwandlung in eine Europäische Aktiengesellschaft (SE) hatte man im Sommer 2023 bereits einen wichtigen ersten Schritt für die weitere erfolgreiche Entwicklung des Unternehmens unabhängig von der Gründerfamilie vollzogen.
Kapitalmarktfähig aufgestellt ist seit Langem der Aufsichtsrat: Prof. Dr. Wolfgang Blättchen bekleidet hier schon seit Mitte 2010 den Vorsitz. Auch bezüglich des Footprints in Sachen Nachhaltigkeit zeigt sich PFISTERER bereits gut positioniert und verweist auf den eigenen „ESG-Report 2023“. „Wir wollen Mehrwert für unsere Stakeholder generieren und unser Unternehmen auf wirtschaftlich erfolgreiche wie auch nachhaltige Weise entwickeln. In unserem ESG-Report 2023 findet sich alles über PFISTERERs KPIs und die Implementierung unserer erklärten Nachhaltigkeitsziele“, verkündete Mitglied und Sprecher des Vorstands Johannes Linden beim Eigenkapitalforum.
Solides Zahlenwerk
PFISTERER entwickelt, produziert und vertreibt weltweit in über 70 Ländern Komponenten und Systeme für die Schnittstellen der Energieinfrastruktur. Rund 40% der Umsätze werden dabei außerhalb Europas – 13% in Nord- und Südamerika, 16% im Mittleren Osten und Indien, 10% im asiatisch-pazifischen Raum, siehe Abb. 1 – erwirtschaftet. Der veröffentlichte Gesamtumsatz lag 2023 bei 335,7 Mio. EUR, das EBITDA bei 52,1 Mio. EUR. Für die ersten neun Monaten des laufenden Geschäftsjahres 2024 vermeldete man im Rahmen des Eigenkapitalforums Ende November bereits Erlöse in Höhe von 285,8 Mio. EUR, was das zweistellige Wachstum untermauert und auf einen Gesamtjahresumsatz in Richtung 380 Mio. EUR hindeuten könnte. Das EBITDA lag nach neun Monaten – wie Vorstandssprecher Linden beim EKF erläuterte – bei 46,7 Mio. EUR und damit bereits nahe dem gesamten EBITDA von 2023. Interessant auch die veröffentlichten Daten zum Auftragseingang („Order Intake“), den man zum 30. September mit 322,9 Mio. EUR angab (31. Dezember 2023: 356,9 Mio. EUR). Beeindruckend ist ebenfalls der Bestand an Kundennachfragen („Order Backlog“): Dieser stieg von 194,1 Mio. EUR Ende 2023 in nur neun Monaten an auf 232,1 Mio. EUR.
Fazit
Der zunehmende Bedarf an Elektrizität durch Megatrends wie erneuerbare Energien, künstliche Intelligenz und Elektrifizierung erfordert eine umfassende Modernisierung der Infrastruktur. PFISTERER, mit über 100 Jahren Erfahrung in der Entwicklung und Produktion von Verbindungstechniken für Stromnetze, stellt sich durch Investitionen in zukunftsweisende Technologien wie Hochspannungsgleichstrom stark auf und nachhaltige Anschlusssysteme stellt sich. Das Unternehmen ist gut positioniert, um vom globalen Wachstumsmarkt der Energieinfrastruktur zu profitieren und durch seine Innovationskraft und Unabhängigkeit auch in neuen Märkten wie dem Gleichstrombereich und Offshore-Anwendungen zu wachsen. Zur angestrebten Unternehmensbewertung und der Transaktionsstruktur bei einem möglichen Gang an die Börse, der für das erste Halbjahr 2025 vermutet wird, ist noch nichts bekannt. Man darf gespannt sein, wie sich der Newsflow beim Börsenkandidaten PFISTERER in den kommenden Monaten entwickelt. In Sachen Offenheit, Transparenz und Kommunikation ist das Unternehmen bis dato vorbildlich und auf dem besten Wege, das Vertrauen der Investoren zu gewinnen.
Autor/Autorin
Eva Rathgeber
Als Chefredakteurin der Unternehmeredition bei der GoingPublic Media AG berichtet Eva Rathgeber regelmäßig über Unternehmen und das Wirtschaftsgeschehen. Sie verfügt über langjährige Erfahrung in den Bereichen Wirtschaftsjournalismus und PR.