Alternative Börsenplätze


Aber auch alternative Börsenplätze stoßen auf zunehmendes Interesse. Bestes Beispiel hierfür ist die „Mehrländerbörse“ Euronext. Diese betreibt Börsen in Amsterdam, Brüssel, Lissabon, Paris und London mit rund 1.300 gelisteten Emittenten und einer Marktkapitalisierung von 3.800 Mrd. EUR (Stand: Ende Februar 2018). Dort gehandelt wird eine Vielzahl an Eigenkapitalprodukten, ETFs, Anleihen, Fonds, Derivaten, Indizes und Commoditys. Ende März hat Euronext zudem die Irish Stock Exchange plc. (zukünftig unter dem Namen Euronext Dublin) übernommen, womit Irland zum sechsten Kernland von Euronext wird.

Einen besonderen Fokus legt die Euronext auf Technologieunternehmen: Im September 2017 wurde die European Tech SME Initiative gestartet, um Technologieunternehmen den Zugang zum Kapitalmarkt zu erleichtern. Bestandteil dessen ist auch das jüngst aufgelegte Trade & Leverage Programme für deutsche, italienische, spanische und Schweizer Technologieunternehmen, die neu an der Euronext gelistet sind. Nach dem Listing und innerhalb von zwei Jahren können diese Unternehmen spezielle Investor-Relations-Dienstleistungen in Anspruch nehmen, z.B. Investorenveranstaltungen oder Research-Reports; hierzu wurden insgesamt sieben Anbieter ausgewählt, die sich zu günstigen Konditionen gegenüber interessierten KMU verpflichtet haben.

Daneben drängen kleinere Börsenplätze mit interessanten Angeboten für internationale Investoren und Emittenten in den Markt. So betont die Wiener Börse gerne ihre Attraktivität als internationaler Anleihen-Listingplatz mit über 3.500 dort gelisteten Anleihen. Insbesondere italienische und irische Unternehmen nutzen die Wiener Börse im Bereich Coporate Bonds. Highlight 2017 war eine der größten High-Yield-Bond-Transaktionen des Jahres eines italienischen Mobilfunkanbieters für dessen neues Emissionspaket aus fix und variabel verzinsten Anleihen in EUR und USD mit einem Emissionsvolumen von über 7,3 Mrd. EUR.

Daneben unterhält die Wiener Börse das Segment „global market“ für international interessierte Anleger mit insgesamt 480 Wertpapieren aus 20 Ländern, insbesondere aus Deutschland und den USA. Die einzige Wertpapierbörse Österreichs betreibt auch den zentralen Marktdatenfeed (dieser ermöglicht Marktteilnehmern Einsicht in das gesamte sichtbare Orderbuch) für Zentral- und Osteuropa (CEE) und bietet Investoren und Emittenten in Kooperation mit über 10 Börsen in CEE die Berechnung von Indizes für diese Region.

Auch die Zürcher Börse (SIX Swiss Exchange) umgarnt Investoren und Emittenten und bietet spezielle Sektorencluster wie Life Sciences, Finanztitel, Immobilien oder auch High Technology. Mit rund 40% der Life-Science-Marktkapitalisierung (Free Float) präsentiert sich die SIX Swiss Exchange als die führende Börse in dieser Branche in Europa. Ähnlich der Deutschen Börse, hat die SIX Swiss Exchange 2016 ein Programm gestartet, das hauptsächlich KMU unterstützen und ihre Wahrnehmbarkeit am Kapitalmarkt stärken soll, das sog. Stage-Programm. Das Programm umfasst u.a. spezielle Researchangebote einer oder mehrerer renommierten Banken für Investoren und Emittenten.

 

Fazit


Die Börsenlandschaft in Europa wird bunter und wächst zusammen. Emittenten können bei der Platzierung von Eigen- und Fremdkapitalinstrumenten auch zunehmend nicht-deutsche Börsenplätze in Betracht ziehen, sofern die dortigen speziellen Angebote oder Segmente besser zum geplanten Vorhaben passen; betrachtet man die aktuellen Entwicklungen, tun sie das auch immer häufiger. Der Börsenstandort Deutschland muss sich also weiterhin bemühen, um für Emittenten interessant zu bleiben.

 

Peter Scherer ist Rechtsanwalt und Partner bei GSK Stockmann. Moritz Gerstmayer ist Rechtsanwalt im Münchener Büro von GSK Stockmann.

Autor/Autorin

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