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Das Kölner Softwarehaus DeepL, bereits seit Längerem
als Börsenkandidat gehandelt, nutztkünstliche Intelligenz
zur Optimierung von Sprachtechnologie. Die jüngste
Finanzierungsrunde bewertet das Unternehmen mit
2 Mrd. USD. Nach Personio (GoingPublic 1/2024) und
Celonis (2/2024) der dritte Teil der neuen Serie.

Better writing with DeepL Write
© Deepl

Mit der jüngsten Finanzierungsrunde Ende Mai 2024 hat sich DeepL in die erste Liga der Start-ups hierzulande katapultiert. Das 2017 von Jaroslaw Kutylowski gegründete Unternehmen nahm Mittel in Höhe von 300 Mio. USD ein, woraus sich eine Bewertung von rund 2 Mrd. USD errechnen soll. Das bedeutet eine Verdoppelung des Werts gegenüber der vorangegangenen Runde 2023, als DeepL den Einhornstatus erlangte. Die Finanzierungsrunde stieß auf „enorme Nachfrage von neuen Investoren“, teilte das Unternehmen mit. Angeführt wurde die Finanzierung von Index Ventures. Außerdem beteiligten sich unter anderem die VC-Fonds ICONIQ Growth und Teachers’ Venture Growth sowie die bestehenden Investoren IVP, Atomico und WiL an der Runde.

Vor allem an den Einstieg von Index Ventures knüpft DeepL Erwartungen. Fachwissen, Netzwerke und Ressourcen des renommierten Wagniskapitalisten aus den USA sollen die eigene Mission unterstützen. Diese zielt auf die Veränderung der Art und Weise, wie Unternehmen auf der ganzen Welt miteinander kommunizieren. DeepL verfolgt das Geschäftsmodell einer Software as a Service (SaaS) – und genau in diesem Genre besitzt Index Ventures umfangreiche Erfahrung durch seine frühzeitigen Investitionen in sehr erfolgreiche SaaSUnternehmen wie Figma, Slack, Wiz und Scale AI.

Wendepunkt: Unterscheidung zwischen Hype und messbarem Nutzen

Kutylowski sieht sein Unternehmen und die gesamte KI-Szene an wegweisender Stelle. „Wir nähern uns einem Wendepunkt des KI-Booms: Denn Unternehmen wollen die Technologie einsetzen – und sie beginnen allmählich, zwischen dem bloßen Hype und sicheren, vertrauenswürdigen Lösungen mit echtem unternehmerischen Mehrwert zu unterscheiden“, sagt der Gründer und CEO von DeepL. Er sieht durch das Investment seine Strategie mit Fokus auf die Übersetzungsqualität bestätigt: „Es beweist, dass unsere KI- Sprachtechnologie eine entscheidende Rolle bei der Bewältigung jener komplexen linguistischen Herausforderungen spielt, mit denen weltweit tätige Unternehmen heutzutage konfrontiert werden.“

Die neue Investition kommt für DeepL zu einem Zeitpunkt starken Wachstums; Kutylowski betitelt es als Zeit der Transformation und steigender Nachfrage. Mehr als 100.000 Unternehmen, Regierungen und andere Organisationen setzen inzwischen auf DeepL, darunter renommierte Größen wie Zendesk, Nikkei, Coursera, die schweizerische Bundesverwaltung oder die Deutsche Bahn. Als Reaktion auf die steigende Nachfrage von globalen Unternehmen hat DeepL zuletzt seine Expansionsbemühungen und strategischen Investitionen in wichtigen Märkten angekurbelt. Seit Januar 2024 gibt es in Texas eine USPräsenz in den USA, da diese inzwischen den drittgrößten Markt des Unternehmens darstellen.

Kurzprofil: DeepL SE
Branche Sprachtechnologiesoftware
Beschäftigte ca. 1.000
Sitz Köln
Gründungsjahr 2017
Bewertung > 2 Mrd. USD
Internet www.deepl.com

 

Jarek Kutylowski deepl
Jarek Kutylowski

Europa: Hinsichtlich Sprache der bessere Standort?

Den Standort in Köln empfindet Kutylowski als Vorteil im Vergleich mit einem Standort in den USA – denn auch KI ist nur so gut wie die Trainingsdaten. DeepL arbeitet mit neuronalen Netzen und damit einem Modell des maschinellen Lernens. Damit werden Entscheidungen auf ähnliche Weise wie durch das menschliche Gehirn getroffen: Die Prozesse ahmen nach, wie biologische Neuronen zusammenwirken, um Phänomene zu identifizieren, Optionen abzuwägen und Schlussfolgerungen zu ziehen. Konkret: Die DeepL-Software analysiert zu jedem Wort im Satz alle denkbaren Übersetzungen und berechnet dann die wahrscheinlichste Version des besten Satzes für die Übersetzung.

Bei der Programmierung spielen deshalb Linguisten eine ebenso große Rolle wie Informatiker. In Europa herrsche ein stärker ausgeprägtes Sprachgefühl als in Nordamerika, weil mehr als 200 Sprachen und Tausende Akzente für Zwischentöne, Mehrdeutigkeiten und Nuancierungen sensibilisieren. Es ist gewissermaßen die feine Ironie des Weltenlaufs, dass die derzeit beste Sprachtechnologie eben nicht aus San Francisco kommt, sondern aus einer Stadt, deren Slang das „g“ im geflügelten „Fluchzeuschträjer“ in einem einzigen Wort dreimal unterschiedlich nuanciert. Kutylowskis Motivation entstammt eigener Erfahrung. Als Jugendlicher siedelte er mit seinen Eltern aus Polen über und kam ohne Deutschkenntnisse in eine sechste Klasse. „Ich weiß, wie schwer es ist, eine neue Sprache zu lernen“, ließ er in einem seiner wenigen Interviews wissen. In den vergangenen Monaten hat DeepL das Produktangebot für Unternehmen erheblich erweitert. Im April führte es DeepL Write Pro ein, einen KISchreibassistenten, der speziell auf Unternehmen und das Verfassen geschäftlicher Inhalte zugeschnitten ist und auf einem eigenen Large Language Model basiert. Neue Sprachen wie Arabisch, Koreanisch, Mandarin und Norwegisch sind nun ebenfalls auf der DeepL-Plattform verfügbar. Sprachübersetzungen sind das nächste große Thema.

„Die Erfolgsgeschichte von DeepL ist ein offenes Geheimnis“, betont Danny Rimer, der das Investment für Index Ventures leitet. „Das Unternehmen operiert bei der Entwicklung innovativer KI-Produkte sehr durchdacht und legt den Fokus auf Lösungen, die den Kunden einen echten und unmittelbaren Mehrwert liefern. Kutylowski und das DeepL-Team bedenken dabei stets die Forschung als auch den kommerziellen Erfolg gleichermaßen. Genau diese beiden Faktoren machen den Erfolg des Unternehmens aus.“

Wenn es um Umsatz und Gewinn geht, heißt es bei DeepL „Omerta“

Wie dieser kommerzielle Erfolg sich genau in Geschäftszahlen niederschlägt, darüber schweigt sich DeepL allerdings beharrlich aus. Die letzten verfügbaren Zahlen beziehen sich auf das Geschäftsjahr 2021, als mit gut 100 Mitarbeitern 28,7 Mio. EUR umgesetzt und ein Gewinn von 1,54 Mio. EUR erzielt wurde. Aktuelle Umsatz- und Ergebniszahlen werden nicht kommuniziert, die Berichterstattung fokussiert sich auf die Geschäftsentwicklung und Auszeichnungen. Immerhin erfuhren die Leser des seinerzeitigen Lageberichts, dass die Gesellschaftsform von einer GmbH zur DeepL SE erfolgt sei. Wie geht es weiter, wie lauten die nächsten Ziele, welche Gedanken gibt es zum Exit? Zu diesen Fragen hält sich DeepL ausgesprochen bedeckt. „Wir wollen weiter kontinuierlich wachsen. Und wir wollen weiter forschen, um unsere Lösungen weiterzuentwickeln und ihr Alleinstellungsmerkmal in Bezug auf Qualität, Präzision und Sicherheit zu gewährleisten“, lässt Kutylowski mitteilen. Der Blick auf den Markt für Sprachtechnologie, den DeepL adressiert, wird in einer IBM-Studie auf 68 Mrd. USD taxiert; die Untersuchung prognostiziert Wachstum auf bis zu 95 Mrd. USD bis 2028. Bei der Sicherung von Marktanteilen trifft das deutsche Start-up auf Konkurrenten wie Google oder Microsoft und viele weitere. Die Kölner haben deshalb Forrester Consulting mit einer Studie beauftragt, um die Vorteile der Software in Zahlen zu fassen. Globale Unternehmen erzielen demnach mit DeepL einen ROI von 345%, reduzieren dabei den Zeitaufwand für Übersetzungen um 90% und den Übersetzungs-Workload um 50%.

DeepL Übersetzer
© Deepl

Fazit

Megastory, weltweite Bekanntheit, spannendes technisches Rennen mit Google, Microsoft & Co.: DeepL ist vorn mit dabei im KI-Boom dieser Tage. Da Investoren bereit waren, in der jüngsten Finanzierungsrunde 300 Mio. USD bereitzustellen, und der Unternehmenswert damit binnen zwölf Monaten auf rund 2 Mrd. USD stieg, darf man auch mangels aktuellen Zahlenmaterials von guten Geschäften ausgehen. LeadGeldgeber Index Ventures gilt im Technologiebereich als Later-Stage-Investor, sodass die möglichen Exitrouten mit Sicherheit bereits definiert sind. Angesichts des anhaltenden KI-Hypes sollte neben einem schon oft kolportierten Börsengang – für GoingPublic natürlich die Wunschvariante – auch ein Verkauf an einen Strategen weiter eine veritable Option sein.

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Autor/Autorin

Stefan Preuß
Redaktionsleiter at GoingPublic Media AG | Website

Stefan Preuß arbeitet seit mehr als 25 Jahren als Redakteur im Kapitalmarktumfeld. Der gelernte Tageszeitungsredakteur sammelte zudem Erfahrung als Investor Relations Manager. Der Redaktion der GoingPublic Media AG gehört er als ständiger Mitarbeiter mit den Schwerpunktthemen IPOs, Vermögensanlage und Nachfolgelösungen an. Er betreut als Redaktionsleiter die jährlichen Spezialausgaben "Mitarbeiterbeteiligung" sowie "M&A Insurance".