Die trendige Blockchain-Technologie verspricht für viele Bereiche Wandel, Erneuerung und Vereinfachung, so auch im Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht. Im Folgenden beleuchten wir zwei jüngste Entwicklungen in diesen Bereichen. Von Thomas Kulnigg und Ursula Rath
Auch in Österreich ist das Thema Digitalisierung am Kapitalmarkt angekommen: So hat die CONDA AG, eine in Österreich gegründete, europaweit agierende Crowdinvesting-Plattform, ihre Aktien mittels der bekannten Blockchain „Ethereum“ als eines der ersten Unternehmen „digitalisiert“. Das bedeutet konkret, dass die Aktien der Plattform mit digitalen Token (sog. „CONDA Equity Token“) verbunden wurden. Diese Token sind digitale Einheiten, die ausschließlich von der CONDA erstellt und an die Aktionäre ausgegeben werden. Jedes Token repräsentiert eine Stückaktie.
Bei Übertragung eines Token von einem Aktionär auf eine andere Person kommt es zum (nicht mehr manipulierbaren) Eintrag in der Blockchain. Ein Smart Contract benachrichtigt CONDA über die Übertragung; der Vorstand des Unternehmens nimmt auf dieser Basis die Eintragung im digital geführten Aktienbuch der Gesellschaft vor; damit wird die Übertragung der Aktie rechtlich endgültig wirksam. Die Crowdinvesting-Plattform ist bisher die erste österreichische Aktiengesellschaft, die auf diese innovative Technologie zur Verwaltung ihres Aktionärskreises setzt.
Herausfordernd war insbesondere, dass es für die Digitalisierung der Aktien keine (spezielle) gesetzliche Grundlage gibt und die Zulässigkeit der Digitalisierung daher aus dem österreichischen Aktienrecht abgeleitet werden musste.
FMA nimmt (konkrete) Stellung zu ICOs
In Zusammenhang mit Blockchain-Technologien sind sog. Initial Coin Offerings (ICOs) seit mehr als einem Jahr auch in Österreich ein heißes Thema. ICOs versprechen, auf rasche, unbürokratische und günstige Art Mittel für ein Produkt, Projekt oder ein Unternehmen zu beschaffen. Technisch abgewickelt werden ICOs auf einer Blockchain-Technologie und können daher (theoretisch) weltweit eingesetzt werden.
ICOs unterliegen jedoch genauso regulatorischen Vorschriften wie herkömmliche Transaktionen und können je nach Ausgestaltung eine konzessionspflichtige Finanzdienstleistung darstellen oder unter ein anderes Gesetz zum Anlegerschutz fallen.
Die österreichische Finanzmarktaufsicht (FMA) hat im Rahmen ihrer Fintech-Anlaufstelle „FinTech Navigator“ jüngst konkreter zum Thema ICOs Stellung genommen[1]. Die FMA hat sich dabei insbesondere mit folgenden (in der Praxis häufig relevanten) Fragen auseinandergesetzt:
- Welche regulatorischen Rahmenbedingungen (Konzessionstatbestände) müssen bei ICOs eingehalten werden?
- Wie sind Coins/Token aufsichtsrechtlich einzuordnen?
- Wann sind Bestimmungen zur Bekämpfung von Geldwäsche zu beachten?