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Schon seit 2015 gibt es „European Long-Term Investment Funds“ (ELTIF) mit Sitz in der EU, die langfristig in Infrastrukturprojekte, Sachwerte oder erneuerbare Energien investieren und mit einer einzigen Zulassung EU-weit nicht nur an professionelle Anleger, sondern auch an Kleinanleger vertrieben werden dürfen.

Die Idee war gut – ein durchschlagender Erfolg von ELTIF blieb trotzdem aus. Ursächlich waren Regulierungshürden bei der Auflage und Verwaltung von ELTIF sowie für Investments von Kleinanlegern. Das gab der EU-Kommission Anlass, die Regularien zu überarbeiten, um ELTIF für KVGs und (Klein-)Anleger attraktiver zu machen.

ELTIF 2.0

Am 8. April 2023 trat eine Novellierung der ELTIF-VO*(ELTIF 2.0) in Kraft. Seit dem 10. Januar 2024 sind die Neuregelungen anzuwenden. Konkretisierende Regulierungsstandards (RTS) der Europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA) sind aktuell in der Abstimmung mit der EU-Kommission.

Breiteres Spektrum an zulässigen Vermögenswerten

Zulässig sind nunmehr ELTIF-Investments in Infrastruktur, Private Equity, Immobilien und sonstige Sachwerte – darunter auch grüne Anleihen, FinTech und verbriefte Vermögenswerte. Außerdem können ELTIF Kredite begeben oder Kreditforderungen erwerben (Private Debt).

Flexiblere Anlagestrategien

ELTIF dürfen sowohl direkt investieren als auch über andere Fonds. Das bedeutet: ­ELTIF können auch als Dachfonds ausgestaltet werden oder als Feeder-Fonds ihre Vermögenswerte gepoolt in einen Master-ELTIF investieren.

ELTIF 2.0 überzeugt durch eine breitere Palette von Investitionsmöglichkeiten, flexiblere Anlagestrategien und vereinfachte Marktzugangsregeln für Kleinanleger gepaart mit nun klar gefassten ­BaFin-Vorgaben für KVGen und Vertrieb.

Ausweitung zulässiger Dachfondsstrategien

ELTIF dürfen nun in andere ELTIF, in Europäische Risikokapitalfonds (EuVECA), in Europäische Fonds für soziales Unternehmertum (EuSEF), in OGAW oder in EU-AIF, die von EU-AIFM verwaltet werden, investieren. Voraussetzung ist, dass diese Fonds ebenfalls in zulässige Anlagevermögenswerte investieren (d.h. nicht mehr als 10% ihres Kapitals in unzulässige).

Gelockerte Diversifizierungsvorgaben

Gestrichen wurde die Vorgabe, dass ein einzelner Sachwert mindestens 10 Mio. EUR wert sein muss. Der Anteil zulässiger Anlageformen im Portfolio muss nur noch 55% statt 70% betragen. Der einzelne Sachwert darf 20% des Gesamtportfolios ausmachen statt vorher 10%.

Höhere Fremdkapitalquote

Die zulässige Fremdkapitalquote bei Produkten, die auch an nicht-professionelle Anleger vertrieben werden, wurde von 30% auf 50% erhöht.

BaFin-Erlaubnis für KVGen/Erlaubniserweiterung

Am 1. Februar 2024 stellte die BaFin in ihren „Häufigen Fragen zur ELTIF-Verordnung“ klar, welche Anforderungen sie an KVGen, die ELTIF verwalten möchten, oder an die Produktausgestaltung stellt.

Danach kann ein ELTIF in Deutschland in jeder Rechtsform aufgelegt werden, die nach dem KAGB für Investmentvermögen zulässig ist. In Bezug auf mögliche Anlagegrenzen und -beschränkungen gelten allein die Vorgaben der ELTIF-VO, nicht des KAGB.

KVGen benötigen für die Verwaltung von ELTIF zwingend eine BaFin-Erlaubnis. Diejenigen KVGen, die schon eine Erlaubnis zur Verwaltung von AIF haben, benötigen keine Erlaubniserweiterung, wenn die bestehende Erlaubnis die geplante Ausgestaltung des ELTIF hinsichtlich der Vermögensgegenstände, der Rückgaberechte (offen oder geschlossen) und des Anlegerkreises (Privatanleger oder professionelle Anleger) bereits abdeckt.

Bei Master-Feeder-Strukturen und Dachfonds kommt es darauf an, ob der Feeder-ELTIF offen oder geschlossen strukturiert ist. Bei einem offenen Feeder-ELTIF muss die Erlaubnis der KVG lediglich die Investition in Wertpapiere erfassen. Bei geschlossenen Feeder-ELTIF muss die Erlaubnis der KVG auch jene Vermögensgegenstände erfassen, in die der Master-ELTIF investieren darf. Für Dachfondskonstruktionen gelten die Vorgaben entsprechend.

Erleichterungen beim Vertrieb an Kleinanleger

Die Anlageschwellen für Kleinanleger wurden gestrichen: Das bedeutet, die Mindestanlagesumme von 10.000 EUR fällt weg. Gleiches gilt für die Obergrenze der Anlagesumme (nicht mehr als 10% des liquiden Vermögens).

Klargestellt wird nun: Vor dem Vertrieb von Anteilen eines ELTIF an Kleinanleger hat stets eine Geeignetheitsprüfung gemäß MiFID II zu erfolgen. D.h., vorab müssen Kenntnisse und Erfahrungen des Kleinanlegers, finanzielle Verhältnisse, Anlageziele und Risikotoleranz sowie Verlusttragfähigkeit abgefragt, geprüft, dokumentiert und übermittelt werden. Will der Kleinanleger trotz Hinweis auf die Ungeeignetheit investieren, so muss er dies schriftlich bestätigen.

Das Prozedere ist also grundsätzlich dasselbe wie bei der MiFID-Anlageberatung. Aber auch Finanzanlagenvermittler mit Erlaubnis nach § 34f GewO können ELTIF vertreiben. Das hat die BaFin in ihren FAQs zur ELTIF-VO bestätigt.

Wenn die Laufzeit mehr als zehn Jahre beträgt, ist ein schriftlicher Warnhinweis erforderlich, dass das ELTIF-Produkt möglicherweise nicht für Kleinanleger geeignet ist.

Laufzeit, Rücknahmemöglichkeiten und Liquidität – in der Diskussion

Die ELTIF-VO behält Regelungen zur Konkretisierung von Laufzeit, Rücknahmemöglichkeiten und Liquidität den sog. Regulatory Technical Standards (RTS) vor. Die ESMA veröffentlichte am 19. Dezember 2023 ihren finalen Entwurf. Bei vielen Marktteilnehmern stieß dieser auf Kritik. Am 6. März 2024 schickte die EU-Kommission ein Schreiben mit Änderungsvorschlägen an die ESMA.

Stein des Anstoßes sind RTS-Regelungen für offene ELTIF, also ELTIF, die den Anlegern vor der Liquidationsphase des ELTIF ein Rückgaberecht gewähren. Hier werden Vorgaben gemacht zur Mindesthaltedauer, der Rückgabekündigungsfrist, den zulässigen Rücknahmeintervallen (Redemption Gates) sowie zum Vorhalten von Mindestliquidität im ELTIF.

Laut RTS kann die Mindesthaltedauer für jeden ELTIF individuell bestimmt werden. Rückgaben sollen grundsätzlich maximal vierteljährlich möglich sein. Die Mindestkündigungsfrist für Rücknahmen soll grundsätzlich mindestens zwölf Monate betragen. Kürzere Kündigungsfristen sind nur in Abhängigkeit von einer Mindestliquidität im ELTIF von 13% bis zu 40% vorgesehen.

EU-Kommission fordert verhältnismäßigere Regelungen

Eine Mindestkündigungsfrist von zwölf Monaten für Rücknahmen lehnt sie ab. Rücknahmemöglichkeiten sollten nicht auf „bestimmte spezifische Umstände“ beschränkt oder ausschließlich an die Kündigungsfrist gebunden sein. Liquiditätsanforderungen sollen bestehende Marktpraktiken für langfristige Privatkundenfonds und die besonderen Umstände von ELTIF berücksichtigen. Außerdem fordert die Kommission eine Anpassung der ELTIF-Liquiditätsmanagementinstrumente an die Anforderungen des AIFMD-Rahmens. Darüber hinaus schlägt sie hinsichtlich der Offenlegung von Kosten eine bessere ­Angleichung zwischen ELTIF-VO und der PRIIPs-VO, MiFID und der AIFMD vor.

Fazit

Auch wenn Detailregelungen noch ausstehen: ELTIF 2.0 überzeugt durch eine breitere Palette von Investitionsmöglichkeiten, flexiblere Anlagestrategien und vereinfachte Marktzugangsregeln für Kleinanleger gepaart mit nun klar gefassten ­BaFin-Vorgaben für KVGen und Vertrieb. Für mittelständische Unternehmen und Start-ups bietet ELTIF 2.0 nun deutlich verbesserte Chancen, bei Kleinanlegern Kapital für langfristige Projekte oder ihre Expansion einzusammeln. Faktisch werden im ­Bereich Publikumsfonds neue Investmentstrategien möglich – unabhängig von bestehenden Fondskategorien und Produktregelungen des KAGB – mit der Option auf EU-weiten Vertrieb an Privatanleger. Wer die Neuauflage eines Publikums-AIF plant, sollte prüfen, ob nicht der flexiblere ELTIF in Betracht kommt. Für bestehende Publikumsfonds kann gegebenenfalls eine Umwandlung in einen ELTIF vorteilhaft sein.

Autor/Autorin

Dr. Matthias Gündel

Rechtsanwalt Dr. Matthias Gündel ist Geschäftsführer der auf Kapitalmarktrecht spezialisierten Kanzlei GK-law.de mit Sitz in Göttingen. Er berät seit mehr als 20 Jahren deutschlandweit Gründer und Start-ups genauso wie Familienunternehmen und Emissionshäuser. Von der Gründung über die Fondskonzeption und Emission bis hin zu Vertrieb und laufender rechtlicher Betreuung. Finanzdienstleister, Institute, Haftungsdächer und KVGen unterstützt Dr. Gündel u.a. in BaFin-Erlaubnisverfahren und Compliance-Fragen.

Christina Gündel

Christina Gündel ist Rechtsanwältin mit Schwerpunkt Aufsichts- und Vertriebsrecht für Finanzdienstleister und betreut insbesondere Erlaubnis- und Registrierungsmandate.