Die Kapitalmärkte bieten zugegebenermaßen aufgrund der hohen Volatilität derzeit nicht das beste Umfeld für Börsengänge. Dennoch könnte es für verschiedene Aspiranten mitunter eine Überlegung wert sein, bei einer bekannten ausländischen Börse via Cross-Listing aufs Parkett zu steuern.
In diesem Jahr regiert die Unsicherheit an den Börsen. Ob die Konjunkturschwäche Chinas, der Brexit, schwächelnde Banken oder geopolitische Krisen: Gute Nachrichten für Kapitalmärkte klingen anders. Die Aktienmärkte in den USA brachen dennoch zuletzt alle Rekorde. Die Höchststände beim Dow Jones und S&P 500 sprechen für sich. Wie nachhaltig diese Rally
ist, steht allerdings auf einem anderen Blatt. Schließlich trieben nicht nur fundamentale Daten, sondern auch große Aktienrückkäufe von US-Konzernen die Kurse in die Höhe. Viele Unternehmen scheuten im ersten ,Halbjahr vor allem aufgrund der hohen Volatilität den Weg aufs Parkett. Die Zahl der weltweiten Börsengänge sank im Vorjahresvergleich um 38% von 704 auf 437 Transaktionen. Das Emissionsvolumen ging noch stärker zurück: um knapp zwei Drittel von etwa 110 auf 43 Mrd. USD. Damit war die erste Jahreshälfte die schwächste seit dem ersten Halbjahr 2009. „Volatilität und Unsicherheit sind Gift für den IPO-Markt“, sagt Dr. Martin Steinbach, Leiter IPO and Listing Services bei EY. Trotz der Unsicherheiten entwickelte sich der europäische Primärmarkt erneut deutlich stärker als der asiatische und der weit abgeschlagene amerikanische Markt. In den USA sind vor allem die ungewisse Leitzinssituation und die diesjährige US-Wahl für Unternehmen Gründe, den Gang aufs Parkett vorerst zu meiden.
Wall Street bei Unternehmen beliebt
Laut Steinbach wird die Frage nach dem richtigen Börsenplatz nach wie vor von vielen Unternehmern gestellt. „Für deutsche Unternehmen ist die Deutsche Börse der Lieblingsplatz. Der Zweitwichtigste ist die Wall Street, insbesondere die Nasdaq“, so der Experte. Viele Unternehmen aus der Life-Science-Branche wie etwa Healthcare- oder Biotech-Konzerne zieht es offenbar nach New York. „In den USA gibt es nach Ansicht der Börsenkandidaten in diesem Sektor mehr Analysten, mehr Investoren und mehr Experten, die sich in diesem Bereich auskennen“, erläutert Steinbach.
Dennoch: Unterm Strich ist der Trend der Cross-Listings weltweit rückläufig. 2014 waren es 10,2%, 2015 schon 7,8% und 2016 nur noch 6,4% der Unternehmen, die den Sprung ins Ausland wagten. Viele bleiben heute lieber am Heimatmarkt. Steinbach nennt dafür zwei Gründe: Erstens: die Technologie. Durch die Digitalisierung und die hohe Vernetzung rücken nicht nur die Kommunikation, sondern auch die Marktplätze im Wertpapierhandel näher zusammen. „Um einen Investor zu treffen, muss ich heutzutage nicht reisen. Dies ist schlicht und einfach über Video- und Internetkonferenzen möglich.“ Zweitens: Die weltweite Konvergenz der Regularien. „Beispiele für Transparenzanforderungen sind Jahres- und Zwischenabschlüsse in IFRS und Ad-hoc-Pflichten, aber auch Best Practices im Bereich InvestorRelations. Sie zählen international zum Standard und erhöhen die Vergleichbarkeit von Unternehmen für internationale Investoren“, so Steinbach.