Die USA verhängen Strafzölle gegen Waren aus China – das Land in Fernost reagiert und belegt Waren aus den USA im gleichen Umfang mit Strafzöllen. Daraufhin droht US-Präsident Trump mit weiteren Strafzöllen – und wieder legt China nach. Der Handelsstreit dominiert seit Wochen die Wirtschaftspresse. Gleiches gilt für die Auseinandersetzung zwischen den USA und der EU. Für Volkswirtschaften und Anleger birgt dies große Risiken. Von Arend Kapteyn
Nicht wenige sprechen bereits von einem Handelskrieg, einige befürchten gar die nächste weltweite Finanzkrise. Noch ist unklar, welches Ausmaß der Handelsstreit noch annehmen wird und welche Konsequenzen drohen. Aber die Auswirkungen könnten in der Tat immens sein: Aktuelle Studienergebnisse der UBS zeigen, dass die Aktienmärkte in den USA um 21%, in Europa um 25% und in Asien (ohne Japan) um 24% einbrechen könnten.
Im Rahmen der Studie wurden drei mögliche Szenarien einer weiteren Eskalation skizziert. (1) Umsetzung: Implementierung der ursprünglich angekündigten gegenseitigen Strafzölle von 25% auf Importe in Höhe von jeweils 50 Mrd. USD. (2) Eskalation: Zusätzliche US-Strafzölle von 10% auf chinesische Waren im Umfang von 200 Mrd. Dollar mit entsprechenden Gegenmaßnahmen aus China sowie 25%-Zölle auf globale US-Autoimporte. (3) Handelskrieg: Weitere Eskalation zwischen den USA und China mit der angenommenen Folge, dass die USA alle Importe aus China außer Smartphones mit Strafzöllen von 30% belegt und China Maßnahmen im gleichen Umfang ergreift.
Sollte das Handelskriegsszenario eintreten, könnte das globale Wirtschaftswachstum um 100 Basispunkte zurückgehen. Das entspricht einem Rückgang von 4% auf 3% – ein Niveau, das wir seit dem Tiefpunkt der Eurozonenkrise nicht mehr erlebt haben. Noch wesentlich stärkere Einbrüche wären wohl in den USA (245 Basispunkte) und in China (233 Basispunkte) zu erwarten. Also bezeichnenderweise in genau den Ländern, die die Maßnahmen eingeleitet und vorangetrieben haben. Natürlich sind dies lediglich Schätzungen auf Basis ausgewählter Annahmen. Aber schon jetzt wird deutlich, dass die Auswirkungen immens sein könnten und sich weit über die eigentlich beteiligten Akteure erstrecken würden.
Gleiches gilt auch für die möglichen Effekte auf die Aktienmärkte in den USA, Europa und Asien (ohne Japan). Wir gehen zwar davon aus, dass alle drei Märkte das Szenario Umsetzung und Asien auch das Eskalationsszenario bereits eingepreist haben. Für die USA und Europa prognostizieren wir, dass eine Eskalation zu Einbrüchen von 10% bzw. 7% führen würde. Im Szenario Handelskrieg wären die Auswirkungen ungleich höher: Den S&P 500 sehen wir in dem Fall um 21% tiefer, bei 2200 Punkten. Der STOXX Europe 600 könnte gar um 25% einbrechen, der MSCI Asia ex Japan um 24%.
Wie weit sich der Handelsstreit noch fortsetzen und welches Szenario auch eintreten wird, deutlich wird vor allem eines: Es ist eine Lose-lose-Situation für diejenigen, die den Handelsstreit vorantreiben. Was nicht heißt, dass es nicht auch in diesem Spiel einzelne Profiteure geben kann und wird. Im Sinne der globalen Wirtschaftsentwicklung und Finanzmärkte ist allerdings zu hoffen, dass die Weltmächte ihre Streitigkeiten beilegen und einen Handelskrieg tunlichst vermeiden.
Zum Autor:
Arend Kapteyn ist Chefökonom der UBS im Bereich Investmentbanking.
Autor/Autorin
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