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Die Hawesko-Gruppe hat während der Coronapandemie den Umsatz um mehr als 15% auf 667 Mio. EUR (2021) gesteigert. Seitdem geht die Entwicklung seitwärts. Auf dem bestehenden Niveau soll vor allem die Profitabilität verbessert werden, wie Finanzvorstand Hendrik Schneider im nebenstehenden Interview erläutert. Auch die Dividende kann sich sehen lassen. Von Markus Rieger und Stefan Preuß.
Die Hawesko-Gruppe, nach eigenen Angaben Deutschlands größtes Handelshaus für hochwertige Weine und Champagner und einer der bedeutendsten Weinanbieter der Welt, berichtete im Rahmen der Hamburger Investorentage (HIT) Anfang Februar 2025 die vorläufigen Zahlen des Geschäftsjahres 2024.Der Konzernumsatz ging um 2,3% zurück auf 637 Mio. EUR (Vorjahr 652 Mio. EUR). Das operative Ergebnis (EBIT) lag bei 32 (Vj.: 34) Mio. EUR, das EBITDA bei konstant 57 Mio. EUR.
Positive Dynamik, attraktive Dividende
Nach einem vergleichsweise schwachen Start ins Jahr 2024 gelang es allen Segmenten der Unternehmensgruppe, die Umsätze schrittweise an das Vorjahresniveau heranzuführen. Für das vierte Quartal gab es dann sogar eine Umsatzsteigerung gegenüber dem Vorjahr zu berichten. Die Analysten der DZ BANK betonen vor allem die positive Dynamik im Jahresverlauf, und prognostizieren für 2025 ein leichtes Wachstum, das sich 2026 fortsetzen sollte. Die Aktie notiert aktuell bei rund 24 EUR. Geht man von einer gleichbleibenden Dividende von 1,30 EUR je Aktie aus, ergibt sich daraus auf dem aktuellen Kursniveau eine interessante Rendite von 5,5%.
Fazit
Es wird Zeit, sich mit der Hawesko-Aktie trotz der mangelnden Wachstumsphantasie seit 2021 wieder zu beschäftigen. Der Kurs scheint auf der aktuellen Basis von 24 EUR gut nach unten abgesichert, die Dividendenrendite des „Genusswertes“ liegt bei über 5%. Die Analysten der DZ Bank ermitteln aus einem prognostizierten Ergebnis je Aktie von 2,12 EUR für 2026 bei einem fairen KGV von 15 ein Kursziel von 32 EUR, was dazu noch einem Kurspotenzial von über 30% entspricht.
„Unsere Reichweite ist Hebel für weiteres Wachstum“
Interview mit Hendrik Schneider, CFO, Hawesko-Gruppe
GoingPublic: Der Markt für Wein stagniert hierzulande bestenfalls. Welche Strategien verfolgen Sie, um dennoch Wachstum zu erzielen?
Schneider: Der Weinmarkt in Deutschland umfasst ein beachtliches Volumen von rund 10 Mrd. EUR. Davon werden rund 2 Mrd. EUR dem Bereich der Premiumweine zugerechnet. Mit unserem aktuellen Umsatz von rund 640 Mio. EUR bleibt der Markt damit weiter für uns hochattraktiv, um zusätzliche Marktanteile zu gewinnen und somit weiter zu wachsen.
Wie wollen Sie das konkret umsetzen?
Wir sind in diesem Markt sehr gut aufgestellt, sowohl im Bereich Retail, B2B als auch im E-Commerce. Wir haben die Möglichkeit, aus einer starken Position heraus neue Angebote zu entwickeln und diese in der erforderlichen Breite über alle Segmente hinweg zu platzieren. Ein gutes Beispiel dafür ist die exklusive Distribution von besonderen Winzern und Kellereien. Darüber hinaus verfügen wir über eine große und hoch motivierte Vertriebsmannschaft, die im B2B-Bereich für die Gastronomie unterwegs ist. Das gibt uns eine sehr besondere Stellung und eine beeindruckende Reichweite in diesem Markt.
Gibt es über verstärkten Vertrieb auf der Produktseite neue Entwicklungen, die steigende Umsätze versprechen?
Ja – wir beobachten einen Trend hin zu alkoholfreiem und auch zu alkoholreduzierten Weinen; also nicht mehr den Wein mit 14% Alkohol, sondern als alkoholreduzierter Wein, vielleicht mit 7% oder 8%. Dabei entwickelt sich der alkoholarme Trend langsamer als der seit Längerem sehr dynamische Trend der alkoholfreien Getränke. Insbesondere in diesem Bereich verzeichnen wir ein starkes Wachstum. Außerdem arbeiten wir seit Kurzem gemeinsam mit unseren Partnern an der Entwicklung neuer Getränke für die Gastronomie, sodass Gäste künftig hochwertige, fertige Cocktails direkt genießen können. Wir beschäftigen uns kontinuierlich mit Innovationen, auch wenn die Mengen im Vergleich zum Tagesgeschäft noch nicht signifikant sind.
Welche weiteren Entwicklungen beeinflussen Ihr Business?
In den deutschen Anbaugebieten beobachten wir eine zunehmende Qualität, z.B. bei Rotweinen, und bringen dies auch mit positiven Veränderungen infolge des Klimawandels in Verbindung. Das veränderte Wetter hat in diesem Fall Positivaspekte. Zudem sehen wir neue Rebsorten und neue aufwendig ausgebaute Weine, die uns Wachstumschancen bieten. Gleichzeitig erkennen wir auch, dass es für kleinere Weinhändler zunehmend schwieriger wird. Dies könnte dazu führen, dass einige ihre Fachhandelsgeschäfte aufgeben und wir im Großhandel davon betroffen sein werden. Gleichzeitig kann für uns eine Möglichkeit entstehen, an neuen Standorten eine Filiale unserer Einzelhandelskette Jacques’ Wein-Depot zu eröffnen. In der geografischen Verteilung von Jacques’ gibt es noch Potenziale, die wir in Zukunft weiter erschließen werden.
Sie haben in den vergangenen Jahren neue Märkte vor allem in Osteuropa entwickelt. Wie sieht Ihr Zwischenfazit aus, planen Sie Akquisitionen?
Wir sind nicht aktiv auf der Suche nach anorganischem Wachstum im Sinne einer strategischen M&A-Roadmap. Natürlich beobachten wir den Markt kontinuierlich und werden zudem aktiv auf interessante Targets in Europa angesprochen. Vor dem Hintergrund unserer eigenen Analysen zum europäischen Weinmarkt schauen wir uns dann gelegentlich Targets intensiver an. Allerdings waren die jüngsten Anfragen für uns nicht ausreichend attraktiv.
Welchen Ausblick geben Sie mittelfristig?
Wir planen weiter, die Dividende auf einem attraktiven Niveau zu halten. Für das Geschäftsjahr 2023 haben wir 1,30 EUR ausgeschüttet, was bei Kursen um 24 EUR eine Dividendenrendite von über 5% ergibt. Wir sind zuversichtlich, dass wir in den nächsten Jahren mit der Hawesko-Gruppe nicht unter den Umsätzen von 2024 liegen werden. Auch hinsichtlich unseres Ergebnisses sind wir optimistisch, da wir zahlreiche Strukturmaßnahmen ergriffen und ein sehr effektives Kostenmanagement implementiert haben. Im Jahr 2024 haben wir zudem unsere erweiterte Logistik in Tornesch in Betrieb genommen. Hier hatten wir zu Beginn einige Herausforderungen, um die angestrebten Zielproduktivitäten zu erreichen. Diese sind nun erreicht, sodass wir von einer deutlich verbesserten Kostenstruktur und vor allem von einem deutlich besseren Kundenservice profitieren.
Was macht die Hawesko-Aktie aus Ihrer Sicht besonders?
Wir stehen für besondere Momente und sehen uns als Genussunternehmen. Gemeinsam zu feiern und gesellschaftliche Events zu erleben, sind Dinge, die wir alle auch weiterhin genießen wollen und für uns sowie unsere Liebsten brauchen. Ich glaube, dass die Hawesko-Gruppe dabei eine äußerst wichtige Rolle spielt, denn Wein – unser Kernprodukt – ist weit mehr als nur ein Getränk: Er verkörpert vielmehr pure Emotionen und Leidenschaft und ist in der Regel mit wunderbaren Erlebnissen mit anderen Menschen verbunden. All dies stärkt uns und bildet sich in der Hawesko-Aktie ab. Die kontinuierliche Entwicklung der Vergangenheit werden wir auch in Zukunft weiter vorantreiben.
Herzlichen Dank für das Gespräch.
Das Interview führte Stefan Preuß.
Dieser Artikel ist Teil des neuen Going Public 1/2025, welches vor kurzem erschienen ist.