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Ein Börsengang ist ein entscheidender Moment in der Unternehmensgeschichte und birgt sowohl immense Chancen als auch erhebliche Risiken. In dieser kritischen Phase wird die Rolle der Internal-Audit-Funktion oft unterschätzt. Dabei ist sie der Schlüssel zum Erfolg: Sie befasst sich unter anderem mit Compliance und Risikomanagement und schafft letztlich Vertrauen bei Investoren. Deshalb ist Internal Audit (IA) als strategischer Partner unverzichtbar, um den IPO-Prozess erfolgreich zu gestalten. Von Christopher Benz

Die Vorbereitung auf ein IPO zählt zu den komplexesten Phasen im Unternehmenslebenszyklus und erfordert daher sorgfältige Planung. Internal Audit spielt dabei eine entscheidende Rolle, indem es Unternehmen hilft, interne Prozesse zu optimieren und potenzielle Risiken zu identifizieren. Spätestens mit dem Inkrafttreten der neuen Global Internal Audit Standards (GIAS) Anfang 2025 wurde Internal Audit zu einem unverzichtbaren Bestandteil jeder Unternehmensstrategie.

Die Rolle der Internal-Audit-Funktion entlang des IPO-Prozesses

1. Vor dem IPO: Strategische Vorbereitung und Risikomanagement

Die GIAS fördern eine proaktive Herangehensweise an das Risikomanagement und ermutigen Unternehmen, ihre internen Abläufe kontinuierlich zu überprüfen und zu verbessern. Eine engere Anbindung des IA an die Unternehmensleitung und die Unternehmensstrategie ist dabei nur ein Kernelement der GIAS. Internal Audit entwickelte sich (bei einer modernen und datenbasierten Ausgestaltung) von einer notwendigen Funktion zu einem strategischen Partner, der zur Erreichung der Unternehmensziele und zur Stärkung des Vertrauens von Investoren und Stakeholdern beiträgt.

Dabei gilt es stets zu beachten, dass eine gut etablierte IA-Funktion ein zentrales Element einer starken Corporate Governance darstellt. Nur im Zusammenspiel mit den anderen beiden Linien (im Sinne des Three-Lines-Modells) ergeben sich gesicherte Prozesse mit Rückkopplungen zur stetigen Verbesserung. Eine Ausgestaltung der Internal Audit ist dabei jeweils individuell und immer auf die Risikosituation des Unternehmens zugeschnitten.

Auch wenn sich die gesetzliche Pflicht zur Einrichtung einer IA-Funktion vorrangig aus dem Aktiengesetz (AktG) ergibt – für Banken und Versicherungsunternehmen gibt es ergänzende Vorgaben –, so hat das AktG darüber hinaus eine Ausstrahlungswirkung auf nicht-kapitalmarktorientierte Unternehmen wie etwa die GmbH. Geschäftsführer einer GmbH sind gemäß § 43 GmbHG verpflichtet, Risiken frühzeitig zu identifizieren und geeignete Maßnahmen zur Steuerung zu ergreifen. Eine moderne IA-Funktion spielt hierbei eine zentrale Rolle, insbesondere wenn sie als strategischer Businesspartner eng an der Unternehmensausrichtung orientiert ist.

2. Während des IPOs: Sicherstellung von Compliance und Transparenz

Im Rahmen des IPO-Prozesses muss das Unternehmen die künftigen, strengeren regulatorischen Anforderungen antizipieren. Auch wenn Internal Audit im operativen Geschäft nicht nur auf das rechnungslegungsbezogene Kontrollsystem fokussiert sein sollte, so kommt der IA-Funktion im Rahmen des IPOs dennoch eine besondere Rolle zu. Als unabhängige Funktion sollte sie die Einhaltung von Bilanzierungsstandards (z.B. IFRS oder US-GAAP) überprüfen und daneben sicherstellen, dass das Rahmenwerk in seiner Grundstruktur korrekt ausgestaltet ist sowie keine finanziellen Unregelmäßigkeiten zu erkennen sind. Sie identifiziert Schwachstellen in den internen Kontrollsystemen und gewährleistet, dass das Unternehmen auf Überprüfungen von Aufsichtsbehörden und Investoren optimal vorbereitet ist. Diese Förderung der Transparenz dient als entscheidender Baustein, um das Vertrauen der zukünftigen Investoren zu gewinnen.

Hierbei ist die moderne Ausgestaltung der IA-Funktion hervorzuheben. Durch Bündelung von Kompetenzen der Mitarbeitenden von IA und ggf. weiteren internen und externen Experten kann flexibel auf die vielschichtigen Anforderungen des IPO-Prozesses reagiert werden. Der Kommunikation zwischen IA und der Geschäftsleitung kommt dabei eine zentrale Bedeutung zu. Nur wenn die Leitung der IA-Funktion stets in das tagesaktuelle Geschehen eingebunden ist, können die relevanten „Pain Points“ erkannt und bei etwaigen Prüfungen und Beratungen berücksichtigt werden.

3. Nach dem IPO: Langfristige Stabilität und kontinuierliche Verbesserung

Ein IPO bedeutet für das erweiterte Ökosystem von erfolgreichen Unternehmen auch, dass sich diese Unternehmen einer Vielzahl neuer Stakeholder stellen müssen – von institutionellen Investoren bis hin zu Analysten und Aufsichtsbehörden. Diese verlangen vollständige Transparenz bezüglich der Abbildung einer nachhaltigen Unternehmensführung, der transparenten Darstellung der finanziellen Situation sowie der Identifizierung und des Managements relevanter Risiken.

Die IA-Funktion fungiert dabei sowohl während als auch danach als Frühwarnsystem, das sicherstellt, dass kritische Punkte identifiziert werden. Während des IPO überprüft sie, ob z.B.

  • die Unternehmensstruktur den Governance-Anforderungen entspricht,
  • ESG-Standards berücksichtigt werden
    und
  • ob Vorkehrungen getroffen wurden, um Insiderhandel oder Compliance-Verstöße zu vermeiden.

Nach dem IPO gilt es dann, ob diese beispielhaften Elemente auch weiterhin Bestand haben und ob diese auch nach dem IPO wirksam sind. Damit bleibt die IA-Funktion nach dem erfolgten Börsengang weiterhin essenziell. Sie sorgt dafür, dass das Unternehmen den gestiegenen Anforderungen dauerhaft gerecht wird. Regelmäßige Prüfungen und Analysen helfen, Risiken kontinuierlich zu minimieren und die Effizienz interner Prozesse zu optimieren. In ihrer modernen Ausgestaltung bedeutet dies, dass die IA-Funktion strategisch wichtige Risiken identifiziert und diese daran anschließend – idealerweise – in einem rollierenden Revisionsplanungssystem verarbeitet und priorisiert werden. Nur wenn strategisch wichtigen Risiken auch die passende Bedeutung beigemessen wird, wird IA einen Mehrwert liefern können und schlussendlich im Unternehmen als echter Faktor mit positiver Bedeutung wahrgenommen.

Ein starkes Revisionssystem kann zudem das Vertrauen der Investoren langfristig sichern und sich positiv auf die Unternehmensbewertung auswirken. Unternehmen, die in ihre internen Kontroll- und Revisionsstrukturen investieren, profitieren oft von einer stabileren Aktienperformance und geringerer Volatilität.

Fazit

Im Kontext eines Börsengangs ist ein effektives Risikomanagement unerlässlich. Unternehmen müssen sich nicht nur mit internen Risiken auseinandersetzen, sondern auch mit externen Faktoren, die ihre Stabilität und ihr Wachstum beeinflussen können. Internal Audit hat sich von einer oft als isoliert wahrgenommenen Funktion zu einem strategischen Partner entwickelt, der entscheidend zur Risikominimierung und zur Schaffung von Mehrwert im Unternehmen beiträgt. Die mit einem Börsengang verbundenen Herausforderungen erfordern eine proaktive und integrierte Herangehensweise, die durch die neuen GIAS unterstützt wird. Unternehmen, die diesen Wandel aktiv gestalten, werden nicht nur ihre Governance-Anforderungen erfüllen, sondern auch das Vertrauen ihrer Investoren stärken und ihre langfristigen Ziele erfolgreich verfolgen können. Die IA-Funktion ist somit ein entscheidender Baustein zum Erfolg im IPO-Prozess. Sie ist der strategische Partner, den Unternehmen benötigen, um in einem zunehmend komplexen und risikobehafteten Umfeld erfolgreich zu navigieren.

Autor/Autorin

Christopher Benz

Christopher Benz ist Partner bei EY und betreut Mandanten zu Themen rund um „Governance Advisory“ mit einem Schwerpunkt auf Internal Audit-Services. Hier berät er von strategischen Transformationen über die Auslagerung von IA-Tätigkeiten bis hin zur Gestaltung von integrierten Risikomanagement-Ansätzen.