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Während VC-Investments regelmäßig nicht in den Anwendungsbereich des Fusionskontrollrechts fallen, da Start-ups nicht die eine Anmeldepflicht auslösenden Umsatzschwellen der deutschen oder europäischen Fusionskontrolle erreichen, knüpft die Investitionsprüfung nach dem Außenwirtschaftsrecht nicht an Umsatzschwellen an. So kann die Investitionsprüfung, je nach Sektorzugehörigkeit eines Start-ups, grundsätzlich ab einem Stimmrechtsanteil von 10% eingreifen. Dem Außenwirtschaftsrecht kommt daher bei VC-Finanzierungen gegenüber dem Fusionskontrollrecht eine ungleich größere Bedeutung zu. Allerdings ist vielen Investoren und Start-ups diese Materie noch nicht ausreichend präsent, was in der Praxis zu unliebsamen Überraschungen führen kann.

A) Überblick zur Deutschen Investitionsprüfung

Die Investitionsprüfung nach dem deutschen Außenwirtschaftsrecht dient dem Schutz nationaler Sicherheitsinteressen vor ausländischer Einflussnahme, wozu u.a. auch der „Ausverkauf“ bestimmter Technologien durch ausländische Investoren zählt. Dabei sind sowohl der Anwendungsbereich als auch der Sanktionskatalog des Außenwirtschaftsrechts in den letzten Jahren, insbesondere im Zuge der Corona-Krise, mehrfach erweitert worden. Weitere Verschärfungen sind bereits angekündigt.

Nach geltendem Recht unterliegen Erwerbsvorhaben von inländischen Unternehmen durch ausländische Investoren einer Investitionsprüfung beim Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz („BMWK“), wenn die einschlägigen Stimmrechtsschwellen erreicht oder bestimmte Kontrollrechte erworben werden. Ausländische Investoren sind grundsätzlich solche außerhalb der EU oder EFTA. Bei Erwerben im Bereich Rüstung und bei bestimmten IT-Sicherheits-Produkten ist der Anwendungsbereich allerdings weiter und umfasst alle nichtdeutschen Investoren, also insbesondere auch EU- und EFTA-Ausländer. Erfasst sind neben unmittelbaren auch mittelbare Erwerbe inländischer Unternehmen, wenn also z.B. ein ausländischer Investor über ein inländisches Tochterunternehmen erwirbt. Bei vielen Erwerbsvorgängen bestehen eine Meldepflicht und bis zur Freigabe durch das BMWK (u.a.) ein strafbewehrtes Vollzugsverbot. Darüber hinaus kann das BMWK sonstige Erwerbsvorhaben, bei denen die Stimmrechtsschwellen erreicht oder bestimmte Kontrollrechte (siehe dazu im übernächsten Absatz) erlangt werden, nach eigenem Ermessen bis fünf Jahre nach Abschluss des schuldrechtlichen Vertrages prüfen (sog. Call-in). Infolge einer Prüfung kann das BMWK eine Freigabe mit (meist verhaltensbezogenen) Auflagen versehen, öffentlich-rechtliche Verträge schließen, Anordnungen erlassen oder den Erwerb untersagen.

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Je nach Aktivität des Zielunternehmens liegen die Meldeschwellen der Investitionsprüfung zwischen 10 %, 20 % und 25 % der Stimmrechte. Für Zuerwerbe bei bestehenden Beteiligungen gelten weitere Schwellen zwischen 20 % und 75 %. Mindestbeträge für Kaufpreis, Umsatz oder Beschäftigtenzahl existieren im Gegensatz zu den Investitionsprüfungsregelungen in einigen anderen Staaten im deutschen Recht nicht. Neben Anteilserwerben (Share Deals) werden auch Erwerbe der Wirtschaftsgüter eines inländischen Unternehmens (Asset Deals) erfasst, sofern sie sich auf einen abgrenzbaren Betriebsteil oder alle wesentlichen Betriebsmittel des Unternehmens beziehen.

Weiterhin werden auch Erwerbe unterhalb der vorgenannten Beteiligungsschwellen erfasst, sofern ein Stimmrechtserwerb (unabhängig von der konkreten Höhe) mit dem Erwerb von bestimmten weiteren Kontrollrechten einhergeht und dadurch eine dem maßgeblichen Schwellenwert entsprechende Kontrolle des Unternehmens ermöglicht wird (sog. Atypischer Kontrollerwerb). Solche weiteren Kontrollrechte liegen vor, wenn dem ausländischen Investor (i) zusätzliche Sitze oder Mehrheiten in Aufsichtsgremien oder in der Geschäftsführung, (ii) Vetorechte bei strategischen Geschäfts- oder Personalentscheidungen und/oder (iii) bestimmte Informationsrechte hinsichtlich sensibler Daten, zugesichert bzw. eingeräumt werden. Solche atypischen Kontrollerwerbe sind zwar nicht meldepflichtig, können aber vom BMWK aufgegriffen und von Amts wegen geprüft werden. Je nach Tätigkeit des zu erwerbenden inländischen Unternehmens kann es in solchen Fällen ratsam sein, sich vorab mit dem BMWK abzustimmen.

Das bei einer Meldepflicht bestehende Vollzugsverbot führt insbesondere dazu, dass mit dem (suspendierten) Erwerb verbundene Stimmrechte nicht ausgeübt werden können und sensitive Informationen nicht ausgetauscht werden dürfen. Sofern auch nur einer von mehreren VC-Investoren eine Meldepflicht auslöst, kann dies die gesamte Transaktion gefährden.