Bildnachweis: Covington & Burling LLP.
c.) Side Letters
Besondere Vorsicht ist auch bei dem Abschluss von bilateralen Verträgen durch Investoren mit der Gesellschaft bzw. anderen Investoren geboten (sog. Side Letters). Hierbei handelt es sich um Nebenabreden einzelner Investoren, die neben der sonstigen Vertragsdokumentation (Satzung, Geschäftsordnung, Investment- und Shareholders‘ Agreement) stehen. Solche Side Letters können einerseits Anlass für eine Investitionsprüfung bieten, wenn diese mit einem Stimmrechtserwerb einhergehen und einen atypischen Kontrollerwerb begründen (z.B. weil ein oder mehrere Investoren maßgeblich auf die Besetzung des Managements einwirken oder bestimmte strategische Entscheidungen blockieren können). Andererseits können Side Letters in Form von Stimmrechtsvereinbarungen dazu führen, dass einem Investor die Stimmrechte der anderen an der Stimmrechtsvereinbarung Beteiligten zugerechnet werden mit der Folge, dass eine relevante Meldeschwelle überschritten wird. Ob daneben auch sonstiges abgestimmtes Verhalten ohne vertraglichen Charakter zu einer Stimmrechtszurechnung führen kann, ist fraglich, wird aber wohl überwiegend abgelehnt.
d.) Passive Erwerbsvorgänge
Der Tatbestand des Stimmrechtserwerbs nach dem Außenwirtschaftsrecht hat in der Praxis einen eher weiten Anwendungsbereich. So ließ es das BMWK in einer jüngeren Entscheidung genügen, dass Geschäftsanteile eines Mitgesellschafters von der Gesellschaft eingezogen wurden mit der Folge, dass sich die Stimmrechte der übrigen Gesellschafter pro rata erhöhten und dabei ohne eigenes Zutun eine Stimmrechtsschwelle überschritten wurde. Entsprechend dürften auch sonstige passive Erwerbsvorgänge bei denen die Geschäftsanteile eines Gesellschafters eingezogen oder von der Gesellschaft zurückerworben werden oder sonst untergehen (bspw. Tod eines Gesellschafters mit Abfindung der Erben anstatt der Vererbung des Geschäftsanteils), aufgrund dessen sich die Stimmrechtsquote des Investors erhöht.
C) Fokus China
„Chinesische Direktinvestitionen stellen uns wegen der politischen und wirtschaftlichen Gegebenheiten im Herkunftsland vor besondere Herausforderungen“, heißt es bereits ausdrücklich in der China-Strategie der Bundesregierung. Es überrascht daher wenig, dass insbesondere chinesische Investoren im Fokus der Investitionsprüfung stehen und die wenigen bekannten (da nicht-veröffentlichten) Untersagungsentscheidungen häufig chinesische Investoren betreffen. Jüngeres Beispiel ist hier die Entscheidung im Fall des Satelliten-Start-ups Kleo Connect aus September 2023, in dem das BMWK dem chinesischen Mehrheitsaktionär die Komplettübernahme (durch Einziehung der Gründer-Geschäftsanteile) untersagt hatte.
Chinesische Investoren haben diese „Herausforderung“ selbstverständlich erkannt und verfolgen vermehrt Investitionsstrategien, die eine Investitionsprüfung vermeiden. Beispielsweise erwerben Investoren anstelle relevanter Stimmrechtsanteile an den Unternehmen Exklusivlizenzen an den Technologien des Unternehmens oder lassen sich über die oben beschriebenen Side Letters Kontrollrechte einräumen. Auch das BMWK hat diese Praxis erkannt und bereits in Aussicht gestellt, dass der nächste Gesetzentwurf entsprechende Exklusivlizenzen erfassen wird.
Allerdings bleibt festzuhalten, dass nicht jedes Erwerbsvorhaben automatisch untersagt wird, bei dem ein chinesischer Einfluss bzw. Konnex besteht – selbst im Hochtechnologiebereich. So ist zum Beispiel der Verkauf des Robotik-Start-ups Franka Emika an Agile Robots trotz behaupteter chinesischer Verbindungen auf Ebene des Erwerbers nicht vom BMWK verhindert worden. Wie der Presse zu entnehmen ist, hatten zuvor zwei ebenfalls kaufinteressierte Investoren/Unternehmen das BMWK kontaktiert und versucht, den Deal untersagen zu lassen.