Jetzt schaue sich das einer an. Ich bin schon fast 30 Jahre dabei und dachte eigentlich, schon alles erlebt zu haben. Doch es gibt immer wieder Neues. Was gegenwärtig in den Märkten passiert, erinnert mich an die Oktobertage des Jahres 1987. Denn auch da hatten die Märkte für kurze Zeit ihre Funktionsfähigkeit verloren. Doch was damals nur Stunden dauerte, hält jetzt bereits Tage und Wochen an.

Man schaue dazu nur einmal in die Bondmärkte, schaue auf die Anleihen der Banken und Finanzinstitute. Was sich da abspielt, hätte ich nie für möglich gehalten. Panikverkäufe, denen keine Kaufangebote gegenüber stehen, führen zu regelrechten Mondkursen. Selbst über alle Zweifel erhabene Institute wie die DZ Bank, die Zentralbank für die Genossenschafts- und Raiffeisenbanken, weist hier zum Teil Kursniveaus aus, die Renditen von beinahe 30 % p. a. ergeben.

Vom Aktienmarkt will ich hier gar nicht mehr reden. Ist das noch ein Markt? Das Kurstableau vom Montag habe ich mir eingerahmt und werde es behalten. Die Postbank wird dieses Jahr Verluste schreiben, weswegen sie und ihre Muttergesellschaft noch einmal beinahe 20 % im Kurs verlieren. Die Postbank weist damit in den letzten 52 Wochen einen Verlust von fast 80 % aus. Dagegen steigt die Volkswagen-Aktien alleine an diesem Montag beinahe um 100 %. Gibt es etwas Irrwitzigeres?

Sehr überzeugend finde ich die Überlegung von Tom Firley, der anhand der Thyssen-Aktie exemplarisch ausführt, wie sich ein jetziger Einstand in den Aktienmarkt rechnet: Gehen wir einmal davon aus, schreibt er, dass die Welt auch diesmal nicht untergeht und weiterhin Stahl produziert wird. Dann wird die Thyssen-Aktie irgendwann wieder auf den durchschnittlichen oder „fairen“ Wert von 33 Euro steigen. Passiert das Ende 2009, ergibt sich daraus eine Jahresrendite (!) von 88 %, bei Ende 2010 von 40 %, per Ende 2011 von 27 %, Ende 2012 von 19 % und zum Ende 2013 von 16% p. a.

Also was gibt es für Alternativmöglichkeiten zur Anlage an den Aktienmärkten? Ich sehe keine und kaufe bei jedem Kursverfall weiter. Für jeden, der jetzt seine langfristige Altersversorgung aufbaut, ist das ein Geschenk des Himmels – und wird gänzlich steuerfrei sein. Das darf man nie vergessen! Die Versorger besitzen derzeit alleine Dividendenrenditen von bis zu 7 % p. a. Und dass der Strom aufgrund der Finanzkrise abgestellt wird, ist wohl äußerst unwahrscheinlich. Ebenfalls gefallen mir die Pharma-Aktien, Nahrungsmittel, Healthcare, gute Schweizer Papiere wie Nestlé und Novartis. Was soll da passieren? Hier wird zwar temporär weniger verdient, doch das sitze ich auf einer Backe ab.

Das Wichtigste ist aus meiner Sicht im Augenblick, Zeit und Geduld mitzubringen. Sich durch neue Kursstürze nicht verrückt machen zu lassen. Niemand wird die Tiefstkurse genau treffen. Aber sicher ist, dass die Aktien in ein paar Jahren deutlich höher stehen werden. Selbst wenn das Finanzsystem tatsächlich in sich zusammen brechen würde. Denn dann besitzt Unternehmensvermögen erst recht die ultimative Sicherheit.

Dass das Gold als Krisensicherung hingegen ausfällt, hat jetzt wohl auch der Letzte begriffen. Man schaue lieber einmal auf die Berkshire Hathaway-Aktie von Warren Buffett. Hier hat es kaum Verluste gegeben in der bisherigen Krise. Und Buffett kauft derzeit aggressiv zu. Ich denke, so muss man es machen.

Bernd Niquet

Die GoingPublic Kolumne ist ein Service des GoingPublic Magazins, Deutschlands großem Kapitalmarktmagazin. Bezogen werden kann das Magazin unter www.goingpublic.de. GoingPublic ist allein für die Inhalte der Kolumne verantwortlich. Informationen zu einzelnen Unternehmen stellen keine Aufforderung zum Kauf bzw. Verkauf von Aktien dar. Die Kolumne erscheint wöchentlich in Zusammenarbeit mit dpa-AFX.