Dies ist eine Diskussion, die gegenwärtig in den USA läuft: hoch bewertete, schon vorbörslich ‚aufgepumpte‘ private Unternehmen, sog. Unicorns (Einhörner) versus Kakerlaken – die sich bekanntlich gut anpassen können und nicht im Rampenlicht der Aufmerksamkeit stehen müssen.
Gleich mehrere Firmen enttäuschten zuletzt, als sie mit hohen Erwartungen und noch höheren Bewertungen an der Börse debütierten. Beispielsweise Pure Storage, Spezialist für Speichertechnologie. Pure Storage nahm zwar 425 Mio. USD bei seinem kürzlichen IPO ein, schloss allerdings mehrere Prozent unter dem Emissionspreis. Square notiert aktuell sogar 40% unterhalb der Bewertung seiner vorhergehenden Finanzierungsrunde.
Macht nicht gerade Geschmack aktuell.
Aktuell herrscht in den USA ein Umfeld vor, in dem zahlreiche Hightech- und Newtech-Unternehmen Wagniskapital nur so nachgeschmissen erhalten. Dies führt(e) dazu, dass viele Firmen schon horrend hohe Bewertungen aufweisen, bevor sie überhaupt an den Kapitalmarkt kommen – und warum sollten sie auch überhaupt dorthin streben?
Die Kehrseite der Medaille: US-IPOs fielen 2015 auf den tiefsten Stand seit der Finanzkrise, denn nochmals: Warum sollten sie auch? Viele Beobachter bezweifeln deshalb bereits, ob dieses vorbörsliche Aufpumpen vermeintlich viel versprechender späterer Börsenkandidaten noch Sinn mache. Immerhin rechnen vorbörsliche Investoren mit der größten Wertsteigerung – und müssen das auch –, was nicht zuletzt aufgrund ihres Risikos auch gerechtfertigt sein dürfte – doch was, wenn später niemand mehr aufzuspringen vermag und sie bereits die letzten in der Kette sind?
Diese Einhorn-Kultur bringe aktuell nichts Gutes hervor und führe zu völlig absurden Erwartungshaltungen – basierend auf Projektionen durch die Unternehmen selbst, die völlig übertrieben sein dürften: sog. Hockeystick-Projektionen, wie damals in der TMT-Blase 1997-2001.
Und warum? – weil die Unternehmen sonst befürchten müssen, nicht selbst als Top-Liga finanziert zu werden, oder überhaupt. Der Druck, trotz sogar besseren Wissens übertriebene Prognosen abzugeben, ist deshalb immens. Man erzählt Investoren eben, was sie hören möchten, bringt es ein Unternehmen auf den Punkt.
Kommt bekannt vor, möchte man hinzufügen.
Noch schlimmer aber: In den finanzierten potentiellen Unicorns kommt es zu Burnout, übertriebenem Risikohang (um Investorenerwartungen zu erfüllen) und damit Fehlern, die einem Unternehmen unter nüchternen Umständen nicht unterlaufen würden.
Es steckt genug Potential im Tech-Sektor 2016, auch ohne jegliche Unicorn-Ambitionen. Die Chance ist da für kleinere, flexiblere, anpassungsfähigere Unternehmen, die eher Kakerlaken ähneln als Einhörnern. Den sog. First-Mover-Vorteil gibt es im Tech-Sektor nur vereinzelt; viel öfter sind es Unternehmen, die die Fehler ihrer Vorgänger vermeiden, die sich am Ende durchsetzen, wie auch Bonnie Crater*, CEO of Circle Insights meint.
*) Bonnie Crater is President and CEO of Full Circle Insights. Prior to joining Full Circle Insights, Bonnie was VP of Marketing for VoiceObjects and Realization. Bonnie also held vice president roles at Genesys, Netscape, Network Computer Inc., Salesforce and Stratify.
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