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Chancen & Risiken

+ mit Einkaufsvolumen und Vielfalt an Plattformen in Europa derzeit markführend

+ größter Datenbestand an Gebrauchtwagen in Europa

+ fragmentierte Markt verschiebt sich unweigerlich von offline zu online

– Unklarheit über den weiteren Pandemieverlauf und damit die Fahrzeugnachfrage insgesamt

– Profitabilität muss erst noch über längeren Zeitraum belegt werden

– Trend geht im allg. hin zu Online-Plattformen: nicht gesichert, ob AUTO1 die bevorzugte Plattform bleiben kann

Einschätzung zur Aktienentwicklung

Das bisherige Wachstum des ehemaligen Startups war beeindruckend und der Bewertungszuwachs seit der letzten Finanzierungsrunde 2018 mit 2,9 Mrd. EUR auf nun knapp 8 Mrd. EUR spricht für das Unternehmen. Das Umfeld allgemein spricht für Technologieplattformen und speziell auch des Handels hin zu Online-Fahrzeugverkäufen. Fraglich ist es aber noch, inwieweit sich der Trend zum Online-Handel nach der Pandemie entwickeln wird. Dass der Trend fortbestehen wird, dürfte Fakt sein. Das hat sich ja auch vor den Lockdown-Einschränkungen bereits gezeigt. Die Online-Plattformen in den USA – insbesondere mit großem Abstand Carvana -, sind jedenfalls allesamt erfolgreich und liegen derzeit z.T. deutlich im Kursplus. Allerdings weist deren Aktienentwicklung auch eine enorme Schwankungsbreite auf.

Zudem ist AUTO1 mit seiner nun im europäischen Vergleich langjährigen Markterfahrung gut aufgestellt. Es hat sich schon häufig gezeigt, dass insbesondere bei Internet-Technologiefirmen ein First-Mover-Advantage der Grundstein für den weiteren Geschäftserfolg sein kann. Das ist aber auch nicht zwingend so. Yahoo z.B. war in den 90er-Jahren bekanntlich als Suchmaschine marktführend und wurde sukzessive von Google unterminiert. Und derzeit hat es den Anschein, wie u.a. auch der geplante Börsengang von Meinauto.de zeigt, dass es zu weiteren Markteintritten von Online-Portalen im Fahrzeugbereich kommt. AUTO1 wird also auf der Hut sein müssen, seine Position auf der bisherigen Überholspur zu halten.

Es ist auch derzeit auch noch nicht ersichtlich, innerhalb welchen Zeitraums AUTO1 überhaupt schwarze Zahlen schreiben wird. Das geht den US-Pendants ähnlich. Auch Carvana schreibt noch Verluste, wenn auch im Verhältnis zum Umsatz nur noch gering (EBITDA 2020: -220 Mio. USD). Mit 5,4 Mrd. USD liegt der Umsatz des US-Anbieters 2020 nahezu doppelt so hoch wie der von AUTO1, die Marktkapitalisierung jedoch entspricht dem mehr als 4-fachen. So gesehen, ist AUTO1 also durchaus nicht zu teuer bewertet, jedenfalls in Relation. Allerdings muss AUTO1 den steilen Wachstumskurs von Carvana auch erst noch mitgehen können: Deren Umsätze haben sich seit 2017 auch stets jährlich verdoppelt – mit ebenfalls leichten Lackspuren 2020.

Fazit

Ein schöner Börsengang zum Jahresauftakt hierzulande, der angesichts des zugrunde liegenden Geschäftsmodells und der Marktposition, die sich AUTO1 seit Gründung aufgebaut hat, vielversprechend aussieht. Alles in allem spricht alles für eine Fortsetzung des Trends hin zu Online-Fahrzeugtransaktionen. Das lässt sich auch an den Bemühungen der etablierten Hersteller wie z.B. VW oder BMW erkennen, die selbst eigene Plattformen etablieren wollen. AUTO1 jedenfalls dürfte mit seiner Fokussierung auf Gebrauchtwagen richtig liegen. Es gilt also vor allem, in diesem Segment die Konkurrenz auf Abstand zu halten – mit frischem Wachstumskapital und börsennotiert könnte dies gelingen. Beinahe unnötig zu erwähnen, dass sich dieses Wertpapier nur für Interessenten mit solidem Nervengerüst eignen: Ein Auffahrunfall eines Konkurrenten ist genauso jederzeit möglich wie plötzlich überfrierende Glätte an den Börsen.

Autor/Autorin

Ike Nünchert

Ike Nünchert ist freier Autor für das GoingPublic Magazin sowie für GoingPublic Online.