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Beabsichtigt ein in Deutschland ansässiges Unternehmen eine Notierungsaufnahme an einem der US-Börsenplätze, gibt es im Wesentlichen zwei Wege zur Umsetzung.
Flexibel in der Finanzierung auf sich ändernde Marktgegebenheiten reagieren zu können ist essenziell für Wachstumsunternehmen. Innerhalb eines Jahres hat sich das Kapitalmarktumfeld vor allem in der Biotechnologie/Biopharma dramatisch zum Schlechteren verändert. Im Vergleich zum ersten Halbjahr 2021 hat sich das weltweite Volumen des Follow-on-Markts („Follow-on“: Folgeemissionen über die Börse nach dem IPO) in dieser Industrie um 61% von 36 Mrd. auf 14 Mrd. USD reduziert. An den US-Börsen ist dieser Rückgang sogar noch deutlicher ausgefallen, nämlich um 73% von 19,7 Mrd. auf nur noch 5,4 Mrd. USD. Ein ähnlich großer Einbruch von 63% – jedoch gemessen an niedrigeren absoluten Werten – kann an den europäischen Börsenplätzen (von 2,5 Mrd. USD im ersten Halbjahr 2021 auf 0,9 Mrd. USD im ersten Halbjahr 2022) beobachtet werden.
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In diesem Umfeld geht der Trend unter den US-Biotechnologiewerten zu kleineren Volumina bei Kapitalerhöhungen (ca. 30 Mio. USD) und oftmals zu Privatplatzierungen. Darüber hinaus gibt es eine wachsende Anzahl von Emittenten, die den Investoren auf Basis der aktuellen niedrigen Bewertung sogenannte Warrants als zusätzlichen „Gratis-Zeichnungsanreiz“ mitgeben. Warrants sind vergleichbar mit Aktienoptionen, wonach der Inhaber das Recht erhält, innerhalb eines definierten Zeitraums diese Optionen in Aktien der Gesellschaft zu einem festen Bezugspreis zu erwerben.
Dieser Bezugspreis liegt in den jüngst beobachteten Transaktionen mehrheitlich über dem Ausgabepreis der originären Kapitalerhöhung, womit der Emittent auf einen weiteren Mittelzufluss, der auf einer höheren Bewertungsbasis erfolgt, hoffen kann. Für den Investor hat diese Option einen spekulativen Wert, da sich der spätere Aktienkurs mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit über dem Bezugspreis entwickeln könnte. Da der Investor die Option gratis bekommt, ist diese Beigabe für ihn sehr attraktiv. Begleitende Warrants stellen somit ein Finanzierungsinstrument für schwierige Zeiten dar, die nicht nur in der Biotechszene üblich sind, sondern auch bei der Finanzinnovation SPAC.
Im deutschen Aktienrecht dürfen Aktienoptionen nur für Mitarbeiterbeteiligungsprogramme ausgegeben werden und sind auf 10% des Grundkapitals beschränkt. Für Finanzierungsanlässe sind sie nicht nutzbar. Zu diesem Zweck kann nur auf Wandelanleihen oder Optionsschuldverschreibungen zurückgegriffen werden. Jedoch bergen Wandelanleihen das Risiko, diese nach Laufzeitende im Falle der Nichtwandlung komplett zurückzahlen zu müssen. Bei Optionsschuldverschreibungen ist grundsätzlich immer der Darlehensanteil bei Fälligkeit zurückzuführen. Für cashflownegative Unternehmen sind diese Instrumente nur bedingt geeignet. Optionsanleihen treten in der Praxis so gut wie nie und Wandelanleihen nur gelegentlich in Form eines komplizierten „Pflichtwandlers“ auf.
Die FDP hat jüngst ein Eckpunktepapier für ein Gesetz zur Modernisierung des Kapitalmarkts vorgelegt, in dem über „verbesserte Möglichkeiten der Eigenkapitalgewinnung durch die Erleichterung von Kapitalerhöhungen“ gesprochen wird.
Aktienoptionen als Finanzierungsinstrument zuzulassen gehört durchaus dazu. Dies sollte unbedingt auch von den bekannten Interessenverbänden wie DAI oder DVFA konkret in die Diskussion gebracht werden, da es die Eigenkapitalaufnahme in schwierigen Börsenzeiten ermöglicht.