Bildnachweis: Thares2020 – stock.adobe.com, J.P. Morgan.
GoingPublic: Herr Pogany, Sie betreuen für J.P. Morgan in Deutschland Technologieunternehmen. Inwieweit spielen aus Ihrer Sicht in der Praxis kapitalmarktbasierte Vergütungsprogramme dort eine Rolle?
Gabor Pogany: Unternehmen aller Art müssen heute im Zeichen des demografischen Wandels talentierte, fachlich versierte und engagierte Mitarbeiter finden und langfristig an sich binden. Dies stellt insbesondere die von mir beratenen/begleiteten Start-ups und Wachstumsunternehmen vor besondere Herausforderungen im War for Talents, da diese Unternehmen oft noch über kein etabliertes Employer Branding verfügen, das die Suche nach Fachkräften unterstützt. Nach meinen Beobachtungen in den letzten Jahren haben sich dabei neben einem attraktiven Arbeitsumfeld und einem passenden Gehalt kapitalmarktbasierte Vergütungsprogramme in ihren unterschiedlichen Modellen als entscheidendes Kriterium etabliert.
Herr Ziegler, wie bestimmen Start-ups und Wachstumsunternehmen, welches Modell am besten zu ihnen passt?
Jörg Ziegler:Die Unternehmen klären zunächst einmal die generellen Kriterien für die Einführung einer Mitarbeiterkapitalbeteiligung: Wer wird am Unternehmen beteiligt? Von wem kommt das Kapital – vom Mitarbeiter oder vom Unternehmen? Welche Rechte sollen Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen im Rahmen des Programms erhalten und welche Risiken tragen sie dabei? Zu beachten ist, dass jedes Beteiligungsprogramm einen organisatorischen Aufwand erfordert. Die Größe des Aufwands ist dabei abhängig vom jeweiligen Modell.
Auf welche Modelle greifen junge Wachstumsunternehmen nach Ihren Erfahrungen am häufigsten zurück?
Pogany: Nach meinen Erfahrungen greifen diese Unternehmen vorrangig auf sogenannte Employee-Stock-Ownership-Programme (ESOP) oder Virtual-Stock-Option-Programme (VSOP) zurück, um ihren Mitarbeitern beziehungsweise Bewerbern im Bewerbungsprozess eine attraktive Mitarbeiterkapitalbeteiligung anbieten zu können.
Wie unterscheiden sich diese beiden Programmvarianten im Detail?
Ziegler: Das ESOP ermöglicht es Mitarbeitern, echte Aktien des Unternehmens zu erwerben, was nicht nur die Mitarbeiterbindung stärkt, sondern ihnen auch eine direkte Teilhabe am Unternehmenserfolg erlaubt. Mit steigender Mitarbeiterzahl und Unternehmenswachstum kann jedoch die Verwaltung eines solchen Programms schnell komplex und herausfordernd werden. Im Gegensatz zum ESOP ist das VSOP eine rein virtuelle Option. Während das ESOP echte Aktienanteile bietet, ermöglicht das VSOP den Mitarbeitern, von der Wertsteigerung des Unternehmens zu profitieren, ohne tatsächliche Aktien zu besitzen. Dies kann besonders für Start-ups und Unternehmen in den ersten Wachstumsphasen attraktiv sein, die noch nicht bereit für die physische Ausgabe von Anteilen sind. Beide Programme zielen darauf ab, die Mitarbeiter durch direkte Beteiligung am Unternehmenserfolg zu motivieren, zu incentivieren und langfristig an das Unternehmen zu binden.
Wie verwalten Start-ups und junge Wachstumsunternehmen ihre Mitarbeiterkapitalbeteiligungen in der Regel?
Pogany:Überraschenderweise geschieht dies zu einem überwiegenden Teil immer noch papierhaft und mithilfe von Excel-Tabellen. Doch mit steigendem Erfolg und Wachstum und damit einhergehend schnell steigenden Mitarbeiter- beziehungsweise Teilnehmerzahlen stößt diese Methode der Administration unweigerlich an ihre Grenzen. Im Ergebnis stellt dies die internen Administratoren der Unternehmen in den Bereichen Human Resources und Finanzen vor besondere administrative Herausforderungen, die eigentlich nicht zu ihrem Kerngeschäft gehören. Hinzu kommt, dass immer mehr Wirtschaftsprüfer im Rahmen ihrer Prüfungstätigkeit zu dem Ergebnis kommen, dass mit einer excelbasierten Administration der Mitarbeiterkapitalbeteiligung keine ausreichende Auditierbarkeit möglich ist. Um unseren Firmenkunden hier in dieser Phase eine State-of-the-Art-Lösung anbieten zu können, hat J.P. Morgan vor zwei Jahren Global Shares übernommen, um den Bereich J.P. Morgan Workplace Solutions um das Thema Equity Plan Services zu ergänzen und damit sein digitales Produktportfolio weiter auszubauen.
Welche Vorteile bietet die cloudbasierte Plattformverwaltung von Mitarbeiterkapitalbeteiligung konkret für die Unternehmen und deren Mitarbeiter?
Ziegler: Als Lösungsanbieter sorgen wir im Bereich Mitarbeiterkapitalbeteiligungen dafür, dass sich Start-ups und Wachstumsunternehmen sowie deren Fachabteilungen (HR, Finance et cetera) ganz auf ihre Kernaufgaben fokussieren können. Global Shares übernimmt dabei mit Unterstützung der von uns entwickelten Verwaltungsplattform Equity-Gateway im Rahmen eines Outsourcings zunächst die Implementierung und im Anschluss die laufende Verwaltung der ESOP/VSOP von den jeweiligen Gesellschaften. Im Rahmen unserer Kunden-Onboarding-Prozesse übernehmen wir als Dienstleister das „Heavy Lifting“ durch Automatisierung und Standardisierung der Abwicklungsprozesse im Rahmen der laufenden Administration, was die Fehleranfälligkeit reduziert, die Effizienz steigert und für die Teilnehmer der ESOP/VSOP eine vollkommen neue Nutzererfahrung durch den Einsatz unseres Equity-Gateway-Portals sowie neuester Technologie wie der Mobile App bietet. Denn: Was nutzt am Ende das attraktivste Mitarbeiterbeteiligungsprogramm, wenn die Mitarbeiter nicht den vollen Überblick über ihre Mitarbeiterbeteiligung und deren Wert haben?
Vielen Dank für die Einblicke.
Das Interview führte Robert Steininger.
Zu den Personen:
Gabor Pogany ist Executive Director in der Global Corporate Bank von J.P. Morgan,wo er sich insbesondere auf die Beratungvon Technologieunternehmen konzentriert.
Jörg Ziegler ist Executive Director bei J.P. Morgan Workplace Solutions. Er verantwortet den Bereich Equity Plan Services in der DACH-Region.
Das Interview wurde hier veröffentlicht: GoingPublic Spezial-Mitarbeiterbeteiligung-2024