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Die neue Formel für das Reporting lautet seit dem 1. Januar 2020: XHTML + iXBRL = ESEF. Dahinter verbirgt sich das EU-einheitliche elektronische Berichtsformat, mit dem die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde eine bessere Vergleichbarkeit von Finanzberichten gewährleisten will. Für die betroffenen Emittenten ist dies eine große Herausforderung. Sie stehen vor der Entscheidung, diese Pflicht inhouse umzusetzen oder einen Dienstleister zu beauftragen. Von Sven Schenkluhn
Die Digitalisierung hält nun auch in die Konzernberichterstattung Einzug. Die Richtlinie 2013/50/EU sieht vor, dass alle Jahresfinanzberichte von Emittenten aus dem Regulierten Markt für Geschäftsjahre, die am oder nach dem 1. Januar 2020 beginnen, in einem digitalen Format abgefasst werden müssen: dem European Single Electronic Format (ESEF).
Das heißt laut ESEF-Regulierungsstandard: Die Veröffentlichung erfolgt in XHTML (Extensible Hypertext Markup Language) unter Einbettung der Inline eXtensible Business Reporting Language (iXBRL). Damit sind die Berichte maschinenlesbar und können in jedem Browser angezeigt werden. Die Standardisierung wird durch die IFRS-Taxonomie erreicht. Dabei werden bestimmte Angaben des Konzernabschlusses mit XBRL-Etiketten (sogenannten Tags) versehen.
Weichen müssen im Vorfeld gestellt werden
So weit die Theorie. Die Umsetzung in die Praxis dürfte für viele Emittenten einen enormen Kraftakt bedeuten, denn die Erfüllung des neuen Standards ist deutlich aufwendiger als die bisherige Einreichung, die je nach Land in Papierform, als PDF-, XML- oder XBRL-Datei möglich war.
Vor diesem Hintergrund ist es erstaunlich, dass viele Verantwortliche diesem Thema offensichtlich (noch) keine allzu hohe Priorität einräumen. In einer europaweiten Umfrage, die die EQS Group Ende 2019 durchgeführt hat, erklärte fast ein Drittel der Emittenten, dass man sich noch nicht mit der ESEF-Regelung beschäftigt habe; gut ein Viertel hatte gerade erst – innerhalb der vorangegangenen drei Monate – damit begonnen.
Dabei drängt die Zeit – zumindest für die Gesellschaften, die die Umsetzung in die eigene Hand nehmen wollen –, denn vor der Veröffentlichung der ersten Berichte im ESEF-Format, die im Frühjahr 2021 ansteht, müssen die grundlegenden Weichen gestellt werden. Die vollständige Inhouse-Erstellung verlangt eine umfangreiche Expertise – aus technischer Sicht in erster Linie spezielle XHTML- und iXBRL-Kenntnisse. Das erforderliche Rechnungslegungs- und IFRS-Know-how ist in den meisten Gesellschaften natürlich vorhanden – doch müssen die entsprechenden Kapazitäten in der Regel aufgestockt werden, um den Mehraufwand durch das ESEF-Reporting zu stemmen.
Veränderung der internen Prozesse
Eine wegweisende Entscheidung ist die Wahl der passenden Software, die möglichst frühzeitig getroffen werden sollte – und vor allem wohlüberlegt, denn sie ist mit hohen Kosten verbunden. Einige große Konzerne setzen bereits auf Eigenentwicklungen. Daneben werden am Markt mittlerweile aber auch verschiedene ESEF-Konvertierungs- und Tagging- Lösungen angeboten, die in die bestehenden Systeme integriert werden müssen. Beim Kauf sollte insbesondere darauf geachtet werden, dass die Tools flexibel sind und verschiedene Dateiformate verarbeiten können – sonst droht womöglich kurz vor dem Fristende eine böse Überraschung.
Die Inhouse-Umsetzung der ESEF-Vorgaben bedeutet einen tiefen Einschnitt in die Rechnungslegungsprozesse. Für Unternehmen, welche die dafür erforderlichen finanziellen und personellen Ressourcen nicht bereitstellen können oder wollen, bietet sich als Alternative die Beauftragung eines Dienstleisters an. Damit bleiben die bewährten Abläufe bestehen, denn die Umwandlung in XHTML und die Etikettierung mit XBRL-Tags erfolgt durch den Serviceanbieter.
Fraglich war allerdings nach der Vorlage des viel diskutierten ESEF-Referentenentwurfs für die Umsetzung nach deutschem Recht im September 2019 zunächst, ob die Auslagerung des Taggings überhaupt möglich ist. Im Regierungsentwurf aus dem Januar 2020 wurde allerdings auf die Kritik, die vor allem die Aufgaben der Wirtschaftsprüfer betraf, reagiert und deren Rolle neu definiert. So sind sie nun wohl doch nicht in die ESEF-Umsetzung involviert, sondern müssen erst abschließend das Format bestätigen – damit dürfte das Outsourcing für viele Unternehmen deutlich attraktiver sein.
Outsourcing: ESEF leicht gemacht
Denn klar ist auch: Bei der Aufstellung der ESEF-Taxonomie handelt es sich nicht um einmaligen Aufwand, existiert doch für die zugrunde liegende IFRS-Taxonomie keine finale Definition, sodass sie laufend angepasst werden muss – diese Änderungen müssten bei der Inhouse-Erstellung durch Software-Updates oder die Programmierung von Add-ons abgebildet werden.
Zudem wird die XBRL-Etikettierung, die zunächst auf die Unternehmensinformationen (z.B. Name, Sitz, Rechtsform) sowie die primären Abschlusstabellen wie Bilanz, Gewinn-und-Verlust-Rechnung sowie Kapitalflussrechnung beschränkt ist, bereits ab 2022 deutlich ausgeweitet: Dann müssen weitere 240 (!) Anhanginformationen getaggt werden.
Eine Herkulesaufgabe, die viele Ressourcen bindet – der einfachere und deutlich günstigere Weg für die meisten Gesellschaften dürfte daher sein, wie bisher bei der XML-Konvertierung für die Einreichung beim Bundesanzeiger, auf Dienstleister zu setzen. Damit können die Berichte weiterhin als Printdokumente oder PDF-Dateien erstellt werden.
Apropos Konvertierung: Bei den Diskussionen rund um ESEF, die vor allem von der Tagging-Problematik bestimmt werden, kommt teilweise zu kurz, dass auch weiterhin konvertiert werden muss. Der zeitliche Aufwand für die Umwandlung in XHTML (früher XML) sollte vor allem bei der internen Berichterstellung eingeplant werden.
Dieser Artikel erschien zuerst in unserem aktuellen Magazin.
Autor/Autorin
Sven Schenkluhn
Sven Schenkluhn ist bei der EQS Group u.a. verantwortlich für den Geschäftsbereich Data Services, der für die Einreichung von Jahres- und Konzernabschlüssen an das Unternehmensregister und die Vergabe von Legal Entity Identifier (LEIs) zuständig ist.