Bildnachweis: © Montri – stockadobe.com.

Spätestens mit der neuen Nachhaltigkeitsberichterstattung nach CSRD/ESRS verändert sich der Fokus der Unternehmenskommunikation: Allem voran liegt das Hauptaugenmerk auf der Pflicht, die Anforderungen penibel abzuarbeiten und regel­konform zu berichten. Sachlichkeit und Effizienz sind das Gebot der Stunde. Emotion, Image und Bling-Bling verlagern sich auf andere Kommunikationskanäle. 

Die EU-Kommission hat am 31. Juli 2023 den finalen Stand der Europäischen Nachhaltigkeitsberichtstandards (ESRS) veröffentlicht. Es ist davon auszugehen, dass zum Ende dieses Jahres – nach letztem sprachlichem Feintuning – der gesetzliche Rahmen für das ESG-Reporting ab dem 1. Januar 2025 ff. in Kraft tritt. Die Konturen dieses Regelwerks haben in den vergangenen eineinhalb Jahren immer ­konkretere Gestalt angenommen und die Gewissheit gebracht: ESG wird die Unternehmensberichterstattung in Deutschland und Europa gewaltig umkrempeln. Davon betroffen ist nicht nur die Phalanx der börsennotierten Unternehmen. Besonders hart treffen die komplexen Anforderungen weite Teile des im Umgang mit Geschäftsberichten doch meist ungeübten Mittelstands.

Nach dem Willen des Gesetzgebers ist der Hebel für den nachhaltigen Umbau der europäischen Wirtschaft die verschärfte Transparenz im Lagebericht des Unternehmens. Hier werden in Zukunft wesentlich mehr Pflichtinformationen verortet sein, die ein professionelles Projekt-, Daten- und Disclosure Management voraussetzen. Dies alles zusammengenommen wirkt sich signifikant auf die Prozesskette aus, insbesondere auf:

  • Neubewertung von Risiken und Chancen,
  • Projektmanagement,
  • Berichtscharakteristik und Digitalisierung,
  • Zusammenarbeit mit Reportingdienstleistern sowie
  • Wahl der Veröffentlichungskanäle.

Regelkonformität steht über allem

Der Blick der Unternehmenskommunikation muss sich im ESG-Kontext notgedrungen wandeln. Zunächst müssen die gesetzlichen Berichtspflichten erfüllt werden, nicht zuletzt deshalb, weil die im Lagebericht integrierte Nachhaltigkeitserklärung einen eigenständigen Bestätigungsvermerk in der Jahresabschlussprüfung erfordert. Im Grunde ist die Dimension jedoch eine weitaus größere, denn die Chefetage muss sich im Zuge der Wesentlichkeitsanalyse intensiv mit den Auswirkungen auf sowie mit den Chancen und Risiken für das Geschäftsmodell auseinandersetzen. So erhöhen beispielsweise notwendige Transformationsschritte den Anspruch an die Kommunikation erheblich.

Druck im Kessel steigt

Zeit ist in der neuen Ära der ESG-Berichterstattung ein noch knapperes Gut. Zu den bestehenden Berichtsinhalten gesellen sich nunmehr zahlreiche komplexe Informationspflichten, die im gleichen engen Zeitkorridor gemanagt werden müssen. Nice-to-have- und freiwillige Elemente im Geschäftsbericht werden nach Überzeugung vieler Experten tendenziell ausgelagert oder gar zurückgefahren, vor allem bei Unternehmen mit knappen personellen Ressourcen und Budgets.

Anspruchsvoller ist auch das Projektmanagement für die Erstellung der Finanzberichte mit integrierter Nachhaltigkeitserklärung. Es kommen aus dem Bereich Sustainability Management und weiteren Unternehmensteilen zusätzliche Akteure bzw. Datenlieferanten an Bord, die in den Workflow integriert werden müssen.

Die neue Sachlichkeit

Die Verantwortlichen für die Berichtserstellung werden in vielen Fällen auch die Berichtscharakteristik an die neuen Anforderungen anpassen müssen. Während früher mitunter die Geschäftsberichtskür für ein gutes Abschneiden in den einschlägigen Beauty Contests ein wichtiger Aspekt war, wird die künftige Berichterstattung zunehmend mithilfe einer formularhaften Sachlichkeit absolviert werden.

Dies ist schon allein deshalb geboten, weil die Nachhaltigkeitserklärung laut CSRD maschinenlesbar auszuzeichnen sein wird. Basis für das elektronische Etikettieren (Taggen) ist eine XBRL-Taxonomie, die die Struktur und Angabepflichten der ESRS widerspiegelt. Der Pfad für die Berichterstellung ist klar vorgegeben. ­Redaktionelle Extratouren sind für die ­Zuweisung der Tags, die Validierung und Prüfung kontraproduktiv. Die kapitalmarktorientierten Unternehmen, die ihre Jahresfinanzberichte bereits im EU-einheitlichen elektronischen Berichtsformat (European Single Electronic Format (ESEF)) veröffentlichen müssen, können ein Lied davon singen.

Und die Digitalisierung im Reporting schreitet weiter voran, nämlich in Richtung European Single Access Point (ESAP). Hier soll voraussichtlich bis September 2027 ein einheitlicher digitaler Zugangspunkt für finanz- und nachhaltigkeitsbezogene Unternehmens- und Produktinformationen geschaffen werden.

Die richtigen Tools helfen, Berichtsrisiken zu minimieren

Der Weg zum erfolgreichen Pflichtreporting führt über Effizienz – nur so kann die durch ESG massiv gestiegene Komplexität der Berichterstattung gebändigt werden. Es erscheint ratsam, den bestehenden Workflowprozess und die Schnittstellen zu Berichtsdienstleistern (Agenturen, Übersetzern etc.) zu optimieren. Dabei kommt es insbesondere auch auf den Einsatz der richtigen Tools für das (ESG-)Datenmanagement sowie Disclosure Management an. Das Ziel: die Fehleranfälligkeit im gebrochenen Reportingprozess sowie zeitfressende Korrekturschleifen bestmöglich minimieren, gestützt durch ein hohes Maß an softwarebasierter Automatisierung.

Auf der Klaviatur der Medienkanäle spielen

Das stark von der Regulatorik geprägte ­Financial und Sustainability Reporting wird sich in den kommenden Jahren nachhaltig verändern. Das physische Drucken von Geschäfts- und Nachhaltigkeitsberichten wird zum Auslaufmodell, nicht zuletzt aus ökologischen und Kostengründen. Die Stakeholder erwarten immer mehr, dass das Informationsbedürfnis zeitgemäß über digitale Medien bedient wird. Überdies wird verstärkt zwischen Informationspflichten einerseits und der Vermittlung von Emotionen und Image andererseits differenziert werden.

Storytelling, emotionale Bilderstrecken, agenturgetriebene Magazineffekte werden aus den Unternehmensberichten auf dafür besser geeignete Medienkanäle wie den eigenen Onlineauftritt oder die sozialen Medien verlagert und vom straffen Fristenplan der Pflichtveröffent­lichung entkoppelt. So können Unternehmen im Sinne des „Communicative Reporting“ – wie es Prof. Dr. Henning Zülch von der HHL Leipzig Graduate School of Management gerne propagiert – strukturiert und in bekömmlichen Häppchen ­allen relevanten Stakeholdergruppen das passende Kommunikationsangebot machen.

Autor/Autorin

Diana Kaufhold

Diana Kaufhold ist seit zehn Jahren Managing Director bei firesys und verantwortet u.a. das Kundengeschäft.

 

Axel Müller

Axel Müller ist seit 2022 Head of Sustainability and Financial Reporting bei firesys. Zuvor war er Leiter Group Communi­cations and Head of Investor Relations bei Hornbach.