EU-Wachstumsprospekt

Eine Erleichterung für KMU wird über den EU-Wachstumsprospekt geschaffen, der als neues Prospektformat für KMU EU-weit eingeführt wird. Der EU-Wachstumsprospekt soll darüber hinaus auch von Unternehmen genutzt werden können, bei denen es sich nicht um KMUs handelt, sofern deren Wertpapiere an einem KMU-Wachstumsmarkt gehandelt werden oder gehandelt werden sollen und ihre durchschnittliche Marktkapitalisierung auf der Grundlage der Notierungen zum Jahresende in den letzten drei Kalenderjahren weniger als 500 Mio. EUR betrug.

Gleiches gilt für Unternehmen, deren öffentliches Angebot von Wertpapieren einem Gesamtgegenwert in der Union von höchsten 20 Mio. EUR (über einen Zeitraum von zwölf Monaten) entspricht, sofern keine Wertpapiere dieser Emittenten an einem multilateralen Handelssystem gehandelt werden und die durchschnittliche Beschäftigtenzahl im Geschäftsjahr bis zu 499 betrug. Mit diesen beiden weiteren Ausnahmen erstreckt sich der Anwendungsbereich des EU-Wachstumsprospekts deutlich über den KMU-Begriff hinaus. Die neue Verordnung sieht ein Dokument in standardisierter Aufmachung vor, das in leicht verständlicher Sprache abgefasst und für die Emittenten leicht auszufüllen ist. Der EU-Wachstumsprospekt soll einen nur verkürzten Inhalt haben und aus spezieller (verkürzter) Zusammenfassung und Emittenten- und Wertpapierbeschreibung bestehen.

Die genauen Details sollen noch in delegierten Rechtsakten der Kommission festgelegt werden. Bei der Präzisierung soll die Kommission unter anderem sicherstellen, dass die Kosten für die Erstellung eines Prospekts in einem angemessenen Verhältnis zur Größe des Unternehmens stehen. Hierbei soll berücksichtigt werden, dass der EU-Wachstumsprospekt unter dem Aspekt der Verwaltungslasten und der Emissionskosten signifikant einfacher sein muss als der Standardprospekt.

Vereinfachte Offenlegungspflichten für Sekundäremissionen

Neu in die Prospektverordnung wurden zudem vereinfachte Offenlegungspflichten für Sekundäremissionen aufgenommen. Dies betrifft Folgeemissionen von Emittenten, deren Wertpapiere mindestens während der letzten 18 Monate ununterbrochen zum Handel an einem geregelten Markt oder an einem KMU-Wachstumsmarkt zugelassen waren und deren Wertpapiere im Volumen erhöht werden sollen (Aufstockung) oder deren Aktien mindestens während der letzten 18 Monate ununterbrochen zum Handel an einem geregelten Markt oder an einem KMU-Wachstumsmarkt zugelassen waren und die nun Anleihen begeben. Für diese ist zukünftig ein vereinfachter Prospekt vorgesehen.

Dieser soll verkürzte Angaben enthalten: mit Angaben in leicht zu analysierender, knapper und verständlicher Form, z.B. mit Finanzinformationen nur noch der letzten zwölf Monate. Diese Vereinfachung ist durchaus sachgerecht, da Anleger mit dem Prospekt der Erstemission wesentliche Informationen bereits vorfinden und der Emittent darüber hinaus über mindestens die letzten 18 Monate ununterbrochen alle Folgepflichten nach der Marktmissbrauchsverordnung erfüllt hat. Die Kommission wird binnen 18 Monaten nach Inkrafttreten der neuen Prospektverordnung delegierte Rechtsakte erlassen, die die verkürzten Informationen für vereinfachte Offenlegungsregelungen präzisieren. Bei der Präzisierung der verkürzten Informationen soll der Tatsache Rechnung getragen werden, dass die Mittelbeschaffung über die Kapitalmärkte erleichtert werden muss und es wichtig ist, die Kapitalkosten zu senken.

Fazit

Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass die neue Prospektverordnung erhebliche Erleichterungen für KMUs (und auch darüber hinaus) und Sekundäremissionen vorsieht. Die praktische Ausgestaltung dieser beabsichtigten Erleichterungen wird jedoch erst noch von der Kommission festgelegt. Erst wenn diese im Detail feststeht, wird man sehen können, ob die Änderungen tatsächlich erhebliche Erleichterungen für die betroffenen Marktteilnehmer darstellen.

Auf einem Workshop der Europäischen Kommission am 29. März 2017 in Brüssel zur Umsetzung des neuen Prospektformats – auf dem übrigens kein KMU vertreten war – schlug eine Teilnehmerin des Expertenpanels vor, dass zukünftig für KMU-Prospekte aufgrund der besseren Vergleichbarkeit ausschließlich International Financial Reporting Standards vorgesehen und nationale Rechnungslegungsstandards wie Jahresabschlüsse nach HGB nicht mehr zugelassen werden sollten. Dies wäre für viele Mittelständler mit erheblichen Mehr- und Umstellungskosten verbunden. Damit würde genau das Gegenteil zur Initiative der Kapitalmarktunion erreicht werden.

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