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Am 27. August 2024 hat das Bundesministerium für Finanzen den Referentenentwurf eines Zweiten Gesetzes zur Finanzierung von zukunftssichernden Investitionen (Zweites Zukunftsfinanzierungsgesetz – ZuFinG II) veröffentlicht. Nachdem das ZuFinG I erst Ende 2023 in Kraft getreten ist, war hiermit nicht zu rechnen. Nachfolgend werden mögliche Auswirkungen im Zusammenhang mit Hauptversammlungen beleuchtet.
Senkung des Mindestnennwerts auf 0,01 EUR pro Aktie – Penny Stocks
§ 8 AktG soll durch einen neuen Abs. 7 ergänzt werden. Gemäß § 8 Abs. 7 AktG-E sollen Satzungen künftig vorsehen können, dass Nennbetragsaktien einen geringeren Nennwert als 1 EUR haben dürfen und nur noch mindestens auf einen Eurocent lauten müssen. Auch für Stückaktien kann die Satzung vorsehen, dass der auf die einzelne Aktie entfallende anteilige Betrag des Grundkapitals einen Eurocent betragen darf.
Derzeit müssen sowohl Nennbetragsaktien (vgl. § 8 Abs. 2 AktG) als auch Stückaktien (vgl. 8 Abs. 3 AktG) mindestens auf 1 EUR lauten (Nennbetragsaktien) bzw. darf der auf die einzelne Aktie entfallende anteilige Betrag des Grundkapitals 1 EUR nicht unterschreiten (Stückaktien). Mit dieser geplanten Änderung des Mindestnennwerts würde Deutschland im internationalen Vergleich mit anderen Jurisdiktionen, in denen Aktien bereits jetzt im Centbereich ausgegeben werden können, gleichziehen.
Der Vorschlag zur Änderung des Mindestnennwerts ist grundsätzlich zu begrüßen, da die Handelsaktivität und Liquidität der Aktie erhöht werden kann und auch marktpsychologische Vorteile hat, da Investoren der Meinung sind, dass sie mehr Gewinne erwirtschaften, wenn sie eine größere Anzahl an Aktien besitzen. Auch werden Kapitalerhöhungen bei Aktien, deren Börsenkurs unter 1 EUR gefallen ist, leichter möglich. Voraussetzungen für die Ausgabe von Aktien im Centbereich ist eine Satzungsermächtigung, sodass die Hauptversammlung zunächst eine entsprechende Ermächtigung beschließen muss.
Umsetzung der ESAP-Verordnung
Das ZuFinG II sieht ferner einige Änderungen zur Umsetzung der Verordnung (EU) 2023/2859 (ESAP-Verordnung) vor. Mit der Verordnung (EU) 2023/2859 wird ein zentrales europäisches Zugangsportal (European Single Access Point; ESAP) eingerichtet, das einen zentralisierten Zugriff auf Finanz- und Nachhaltigkeitsinformationen in der EU ermöglichen soll. So sieht § 120a Abs. 2 AktG-E vor, dass sowohl der Beschluss über das Vergütungssystem als auch das Vergütungssystem selbst gleichzeitig mit deren Veröffentlichung an die Stelle zu übermitteln sind, die das Unternehmensregister führt.
Gemäß § 130 Abs. 6 AktG-E müssen börsennotierte Gesellschaften die in der Hauptversammlung festgestellten Abstimmungsergebnisse gleichzeitig mit der Veröffentlichung auf der Internetseite an die das Unternehmensregister führende Stelle übermitteln.
Nach § 134b AktG sind institutionelle Anleger und Vermögensverwalter i.S.d.
§ 134b Abs. 1 AktG verpflichtet, ihre Mitwirkungspolitik sowie ihre Stimmabgabe zu veröffentlichen. Die Informationen nach § 134b Abs. 1 bis 4 AktG wären nach § 134b Abs. 5 AktG-E an die das Unternehmensregister führende Stelle zu übermitteln.
Gemäß § 134c AktG unterliegen institutionelle Anleger und Vermögensverwalter hinsichtlich ihrer Anlagestrategie Offenlegungspflichten. Gleichzeitig mit der Veröffentlichung ihrer Anlagestrategie ist diese an die das Unternehmensregister führende Stelle zu übermitteln, vgl. § 134c Abs. 3 AktG-E. Gleiches gilt für die Offenlegungspflichten der Stimmrechtsberater i.S.v.
§ 134d AktG. Auch diese Informationen sind gleichzeitig mit der Veröffentlichung an die das Unternehmensregister führende Stelle zu übermitteln, vgl. § 134d Abs. 3 AktG-E.
Delisting soll neu geregelt werden
Das ZuFinG II sieht im Bereich des Delisting die größten Änderungen vor. Neben einigen Änderungen des BörsG liegt die gravierendste Neuerung darin, dass Streitigkeiten über die Höhe der Gegenleistung beim Widerruf der Börsenzulassung künftig im Wege eines Spruchverfahrens verhandelt werden sollen. Das ist nicht zu begrüßen, da Berufskläger und aktivistische Aktionäre ein weiteres Einfallstor bekämen und kostenintensive wie auch jahrelange Rechtsstreitigkeiten drohen.
Fazit
Für die Hauptversammlung ergeben sich aus dem ZuFinG II nur wenige Neuerungen. Zu begrüßen ist die geplante Einführung von Penny Stocks. Die Umsetzung der ESAP-Verordnung ist zwingend geboten und müsste auch ohne ZuFinG II erfolgen, mithin im Rahmen eines anderen Gesetzgebungsverfahrens erledigt werden. Die Neuregelung des Delistings ist in Bezug auf die geplante Einführung der Anwendbarkeit des Spruchverfahrens kritisch zu sehen. Wenn man künftig nur mit weiteren und kostenintensiveren Hindernissen von der Börse kommen würde, könnte dies ein Unternehmen von vornherein daran hindern, überhaupt den Gang auf das Börsenparkett zu wagen.
Autor/Autorin
Markus Joachimsthaler
Senior Associate/Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht und Steuerrecht, Pinsent Masons