Die meisten Deutschen sind Börsenmuffel – nicht einmal die Nullzinspolitik der EZB hat daran etwas geändert: Nach einem kräftigen Zuwachs 2015 sank die Zahl der Aktionäre hierzulande im vergangenen Jahr wieder unter die Neun-Millionen-Marke. „Die Aktie stellt für viele Menschen eine große mentale Hürde dar“, sagt Christine Bortenlänger, Chefin des Deutschen Aktieninstituts (DAI). Wie können Unternehmen diese Hürde überwinden? Und mit welchen Instrumenten kann die Investor Relations helfen?
Neben Bildungsdefiziten und fehlendem Bewusstsein, wie wichtig Aktien für die Altersvorsorge sind, führen IR-Dienstleister diese Blockade auf Fehler in der Kapitalmarktkommunikation zurück. „Es gibt kleine und mittlere Unternehmen (KMUs), die zu spät und unvollständig berichten“, kritisiert Klaus-Karl Becker, Managing Partner, der BBG Beratungsgesellschaft. „Ähnliches können wir bei DAX-Konzernen beobachten.“
Wann ist ein Unternehmen transparent?
Ein weiterer Vorwurf ist die fehlende Offenheit bei den Geschäftszahlen. Doch woran können Anleger erkennen, dass ein Unternehmen transparent berichtet? „Sie sollten sich zwei Fragen stellen: Bekomme ich vom Unternehmen alle notwendigen Informationen, um es fundiert bewerten zu können?“, schlägt Michael Werneke, Senior Berater, der Better Orange IR & HV AG, vor. „Und habe ich diese Informationen frühzeitig und aktiv erhalten? Können Anleger beide Fragen mit Ja beantworten, ist das ein wichtiger Anhaltspunkt.“ Weitere Kriterien für Transparenz nennt Fabian Kirchmann, Vorstand der IR.on AG: „Eine offene IR-Arbeit zeigt sich auch an der Erreichbarkeit, der Reaktionsbereitschaft und der Qualität von Informationen, die sich Stakeholder wünschen.“ Außerdem seinen Krisensituationen ein sehr guter Gradmesser, wie ehrlich ein Unternehmen tatsächlich kommuniziert.
Stakeholder ernst nehmen
Wo muss IR-Arbeit ansetzen, um ein so hohes Maß an Offenheit zu erreichen? „Mit transparenter Kommunikation in guten wie in schlechten Zeiten zeigt man seinen Stakeholdern am überzeugendsten, dass man sie ernst nimmt“, sagt Kirchmann. Für eine solche IR-Arbeit müssen aber im Unternehmen die Weichen richtig gestellt sein. „Das funktioniert nur, wenn im Management tatsächlich der Wille und die Geisteshaltung vorhanden sind, transparent zu agieren“, gibt Axel Mühlhaus, Geschäftsführer der edicto GmbH, zu bedenken. „An dieser Willensbildung aktiv mitzuwirken und eventuelle Vorbehalte auszuräumen ist eine der wichtigsten IR-Aufgaben.“