Bildnachweis: Photobank_AdobeStock.

Das HV Magazin hat bei DAX40-Unternehmen nachgefragt, welchen Stellenwert die ­ESG-Berichterstattung bei ihnen nimmt, welcher Aufwand damit verbunden ist und wie sehr Aktionäre sich dafür interessieren. Dabei zeigt sich: Bei nahezu allen Befragten hat das Thema einen festen Platz, oftmals sind die Ziele ambitioniert. Hier eine Auswahl der Antworten.

Allianz

„Bei unserer Hauptversammlung spielen Nachhaltigkeitsthemen vor allem bei der ­jährlichen Abstimmung über den Vergütungsbericht eine Rolle und alle vier Jahre bei der Abstimmung über das Vergütungssystem „Say on Pay“.

[…]

Außerdem sind Gegenanträge des Dachverbands der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre bei einer Vielzahl von Unternehmen seit vielen Jahren Standard – so auch bei uns […]“

Bayer

„[…] Gleichzeitig ist die Vergütung unseres Vorstands eng mit der Erreichung ­unserer ambitionierten Nachhaltigkeitsziele verknüpft. Auf unserer gerade abgehaltenen Hauptversammlung hatte rund ein Drittel der Fragen unserer ­Investoren einen ESG-Bezug. Damit setzt sich der Trend einer zunehmenden Relevanz von ESG-Themen auf unserer Hauptversammlung fort – parallel zur höheren Bedeutung von Nachhaltigkeit am Kapitalmarkt und natürlich den verschiedenen Umwelt- und Sozialthemen, mit denen Bayer beschäftigt ist.

[…]

Insgesamt waren in diesem Jahr vier Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen vor Ort auf der Hauptversammlung und weitere 20 remote für die Beantwortung der ESG Fragen unserer Investoren zuständig.

[…]

Wie ernst Bayer diesen Dialog mit den ­Investoren nimmt, zeigt sich auch durch die Tatsache, dass wir zwei Mitarbeiter haben, die sich voll und ganz der Kommunikation mit ESG-Investoren widmen.

Brenntag

„[…] Wir haben uns ambitionierte Ziele gesetzt. Ihre Erreichung trägt unbestritten zum langfristigen Erfolg des Unternehmens bei und sie erfüllen die gestiegenen Erwartungen unserer Stakeholder im Bereich der nicht-finanziellen Leistung. An der Erreichung von drei ESG-KPIs bemisst sich z.B. auch der Zinssatz des Sustainability-Linked Loans oder auch die Long-Term Incentives für den Vorstand.

[…]

Diese Anforderungen gehen mit hohen Aufwendungen einher, die sich vor allem im Ressourcenbedarf (Personal) widerspiegeln.“

Beiersdorf

„Die Bedeutung der ESG-Themen spiegelt sich auch darin wider, dass verschiedene Mitglieder unseres Aufsichtsrats über ­umfangreiche relevante ESG- und ESG-­Reportingexpertise verfügen. Außerdem steht die Durchführung einer virtuellen Hauptversammlung – im Gegensatz zu ­einer Präsenzveranstaltung – im Einklang mit unseren umfassenden ESG-Aktivitäten. Dadurch wird ein nicht unerhebliches Maß an Emissionen – insbesondere CO2 – eingespart, was einen Beitrag zur Erreichung unserer Nachhaltigkeitsziele leistet.

[…]

Insgesamt leisten wir erhebliche finan­zielle und personelle Investitionen, um ESG-Themen weiter zu verankern und ­voranzutreiben.

[…]

Unabhängig vom thematischen Bezug werden bei Beiersdorf alle Gegenanträge ernst genommen.“

Covestro

„Wir haben viele Interaktionen mit institutionellen Investoren, Aktionärsvertretern und Aktionsgruppen wie ShareAction, der Net-Zero-Asset-Managers-Initiative und anderen, auch bereits im Vorfeld der Hauptversammlung. Schwerpunkte sind hier ­Themen wie Nachhaltigkeit, Vergütung, neue gesetzliche Vorgaben wie CSRD, aber auch Diversität und Menschenrechte.

[…]

Insgesamt ist die Erfüllung von ESG-Regu­larien mit einem zunehmenden administrativen und finanziellen Aufwand für Covestro verbunden, der sich jedoch nicht genau beziffern lässt. Der Aufwand fällt in zahlreichen Unternehmensbereichen an und lässt sich nicht isoliert den externen ­Berichtsanforderungen zuordnen, da das Thema Nachhaltigkeit insgesamt für Covestro eine strategische Bedeutung hat. Neben internen Aufwendungen können darüber hinaus Kosten für externe Beratungen und Prüfungen anfallen.

[…]

ESG-Themen liegen meist nicht im unmittelbaren Fokus des einzelnen Kleinaktionärs, werden aber durch die Aktionärsvertreter wie SdK und DSW durchaus aufgenommen und auch hinterfragt. Fragen werden dann meist zu Vergütungsbericht sowie Nachhaltigkeitsthemen gestellt.“

DHL Group

„[…] DHL Group hat mit Blick auf das Thema Environmental beispielsweise das klare Emissionsziel, die jährlichen Treibhaus­gasemissionen des Konzerns bis 2030
auf unter 29 Millionen Tonnen zu senken.

[…]

Darüber hinaus bilden einzelne
ESG-Ziele die Grundlage für einen
Teil der Vorstandsvergütung.

[…]

Seit mehreren Jahren gewinnen Themen in den Bereichen Umwelt und Soziales
an Bedeutung – das betrifft Kleinanleger wie institutionelle Investoren […]“

Infineon

„[…] Infineon ist bereits im Jahr 2004 dem United Nations Global Compact beigetreten und seinen zehn Prinzipien verpflichtet.

[…]

Auf unseren Hauptversammlungen beobachten wir eine zunehmende Anzahl von
Fragen zu ESG-Themen, was eine klare Bestätigung dafür ist, dass das Interesse der ­Aktionäre und anderer Interessengruppen an diesen Aspekten kontinuierlich wächst.

[…]

Wir sehen derzeit eine zunehmend komplexe Regulatorik im ESG-Bereich, beispiels­-weise die Corporate Sustainability Due Diligence Directive (CSDDD), weiter steigende Stakeholder-Anforderungen […] sowie eine Unschärfe bei neuen Regulatorien wie […] der EU-Taxonomie.

[…]

Diese zunehmend komplexe Regulatorik im ESG-Bereich stellt für die Industrie jedoch ­eine große Herausforderung dar und ist mit steigendem Aufwand und Kosten verbunden. Insbesondere die Aufwände für rein administrative Auflagen sollten aus unserer Sicht minimiert werden.

[…]

Heidelberg Materials

„Als Vorreiter in der Dekarbonisierung der Baustoffindustrie sind ESG-Themen fest in der Unternehmensstrategie­verankert und spielen schon lange eine zentrale ­Rolle bei Heidelberg Materials. Im Rahmen unserer Nachhaltigkeitsstrategie haben wir die gesamte ­Bandbreite der ESG-­Themen im Blick – und das sowohl für ­unsere eigene ­Geschäftstätigkeit als auch im Kontext unserer Lieferkette. […]

Nachhaltigkeit ist ein wesentlicher ­Bestandteil unserer Unternehmensstrategie – insofern lässt sich dieser Aufwand kaum isoliert beziffern.

[…]

Die Möglichkeit der Einreichung von ­Gegenanträgen ist ein wichtiges ­Instrument für AktionärInnen in der Ausübung ihrer Rechte. Für uns bieten diese eine Gelegenheit, transparent zu Themen Stellung zu nehmen […]“

Henkel

„[…] Die ESG-Anforderungen, auch auf regulatorischer Ebene, sind stark gestiegen, weshalb auf Unternehmensseite entsprechende Ressourcen aufgebaut wurden und werden. Diese lassen sich schwer genau beziffern, da Nachhaltigkeit ein Querschnittsthema ist, das mittlerweile in allen Bereichen mit dezidierten Expert:innen und Ressourcen vorangetrieben wird (z.B. in der Supply Chain, Produktion, ­Produktentwicklung).“

Hannover Rück

„[…] Dieser Trend spiegelt sich auch in den Fragen auf unseren Hauptversammlungen wider. Der größte finanzielle Aufwand im Zusammenhang mit dem Thema ESG entsteht aus regulatorischen Anforderungen […]

MTU

„[…] Als Antriebshersteller und wichtiger Akteur der Branche wollen wir die Transformation der Luftfahrt aktiv mitgestalten. Im Fokus stehen dabei für uns der Klimaschutz und unsere Vision vom emissionsfreien Fliegen.

[…]

Wir haben ESG-Themen im gesamten ­Konzern verankert, eine Nachhaltigkeitsorganisation über alle wesentlichen ­Bereiche und Standorte etabliert und ­unterschiedliche Rollen in der MTU ­(zentral/dezentral) definiert.

[…]

ESG-Themen erreichen uns in Rahmen
der Hauptversammlung bislang nur in ­geringem Umfang. Institutionelle Inves­toren informieren sich sehr aktiv über ­unsere Klimastrategie im Rahmen von ­direkten Investorengesprächen mit ­Investor Relations oder dem Vorstand ­außerhalb der Hauptversammlung. Im Rahmen der Hauptversammlung stehen in der Regel operative Entwicklungen ­sowie Corporate-Governance-Themen, z.B. Vergütungssystem, Vergütungs­bericht oder die Zusammensetzung des Aufsichtsrats, im Vordergrund.

[…]

Wir bieten darüber hinaus Einblick in ­unsere Nachhaltigkeitsstrategie und -leistungen über das ESG-Assessment-Tool EcoVadis, mit dem wir regelmäßig unsere Performance ganzheitlich messen lassen, oder in Bezug auf den Klimaschutz über das CDP-Rating […]“

Münchener Rück

„ESG-Themen haben seit einigen Jahren zugenommen […] Die zunehmende ­Regulatorik erfordert inzwischen, dass sich komplette Teams hauptverantwortlich um ESG-Themen kümmern. Da ESG-Themen das ganze Unternehmen umfassen, sind diese Teams zudem nicht die einzigen, die sich mit ESG befassen.“

Rheinmetall

„[…] Dauerhaften Erfolg hat ein Unter­nehmen nur, wenn es ökonomische, ökologische und soziale Kriterien aufeinander abgestimmt in die Geschäftstätigkeit integriert und Mehrwert für sich, seine Mitarbeiter und die Gesellschaft schafft.

[…]

Grundsätzlich setzt sich auch in Europa die Erkenntnis durch, dass Demokratien verteidigt werden müssen und eine Verteidigungsindustrie für die Ausrüstung der Armeen erforderlich ist. Dies führt bei dem überwiegenden Anteil der Investoren zu einem Umdenken und einer differenzierteren Betrachtung möglicher Ausschlusskriterien, also einer Abwendung von generellen Ausschlussstrategien.

[…]

Neben dem Zentralbereich CSR wurden verschiedenste Strukturen im Einkauf, dem Personalwesen sowie den Divisionen/Gesellschaften des Konzerns aufgebaut, um den unterschiedlichsten ­Anforderungen gerecht zu werden […]“

Siemens Energy

„[…] Getrieben wird das Thema eher von institutionellen Investoren […], was man vor ­allem daran sieht, dass immer mehr Geld in nachhaltige Fonds investiert wird.“

Zalando

„Der Anteil der ESG-Fragen innerhalb der HV schwankt von Jahr zu Jahr, ist aber in
Bezug auf Umfang und Relevanz mit den Finanzfragen vergleichbar.

[…]

Neben unserem zentralen Nachhaltigkeits- und D&I-Team arbeiten Mitarbeiter*innen
in allen zentralen Geschäftsbereichen an der Implementierung von ESG-Themen und
deren Reporting.

[…]

Da der institutionelle Markt stärker reguliert ist, neigen institutionelle Anleger*innen
dazu, mehr ESG-bezogene Fragen zu stellen als kleine Privatanleger*innen.“

Vonovia

„Für uns ist die grüne Transformation unserer Gebäude und Quartiere eine der ­wichtigsten Herausforderungen unserer Zeit. Deshalb haben wir uns auf einen ­verbindlichen Klimapfad verständigt: Unser Gebäudebestand soll bis 2045 nahezu ­klimaneutral werden.

[…]

Auch mit Blick auf den Kapitalmarkt sowie die Interessen unserer Aktionäre ist die ­wissenschaftsbasierte Zielsetzung beim Klimaschutz von großer Bedeutung. Da dem Immobilien- und Bausektor eine entscheidende Rolle bei der Erreichung des 1,5-Grad-Ziels zukommt, achten Investoren immer stärker auf eine unabhängige Überprüfung ­dieser Ambition […]“

Autor/Autorin

Thorsten Schüller
Freier Wirtschafts- und Finanzjournalist

Freier Wirtschafts- und Finanzjournalist. Für GoingPublic Media betreut er das viermal jährlich erscheinende HV Magazin.