Im Gespräch mit dem GoingPublic Magazin erklärt Kay Bommer vom DIRK unter anderem, wie wichtig ethische und nachhaltige Leitlinien für den Kapitalmarkt sind, wie es um die Zukunft der IR-Arbeit bestellt ist, welche Folgen zunehmende Regularien für die Börsenkultur hierzulande haben und was uns auf der DIRK-Konferenz 2017 erwartet.
GoingPublic: Das Motto der diesjährigen DIRK-Konferenz am 12./13. Juni lautet „Was sind uns Werte wert? – IR zwischen Renditestreben und ethischen Leitbildern“. Was soll damit ausgedrückt werden und welche zentralen Themen werden auf der Konferenz noch angesprochen?
Kay Bommer: An erster Stelle wollen wir neben der Rolle des Aufsichtsrats in der Finanzkommunikation und anderen aktuellen Kapitalmarktthemen auch immaterielle Angelegenheiten wie Grundwerte, Nachhaltigkeit und Ethik ansprechen. Uns ist bewusst, dass das ein schwer greifbares Thema ist, aber ich bin der festen Überzeugung, dass diese wichtigen Aspekte mittlerweile auch im Kapitalmarkt angekommen sind. Bei Investitionsentscheidungen gewinnen solche Aspekte eine zunehmend stärkere Bedeutung. Als Beispiel sei hier der norwegische Staatsfond genannt, der aufgrund seiner eigenen Ethik-Leitlinien bewusst auf Rendite verzichtet.
…und weiter?
Des Weiteren kommt hier der Begriff des „ehrbaren Kaufmanns“ ins Spiel, der symbolisch für ethisch verantwortliches Handeln von Unternehmen steht. So steht es in der Präambel des Deutschen Corporate Governance Kodex geschrieben. Damit ist diese Formulierung zwar nicht rechtsverbindlich, setzt aber ein deutliches Zeichen. Ethik am Kapitalmarkt ist also mehr als nur eine Worthülse. All dies wollen wir auf der diesjährigen Konferenz thematisieren, u.a. mit einem Vortrag von Dr. Henrik Pontzen, Mitglied des DVFA-Ethikpanels, und einer anschließenden Paneldiskussion unter Experten.
Wie wichtig sind Themen wie Ethik, Verantwortung und Nachhaltigkeit für IR im heutigen gesellschaftlichen Klima, das teilweise geprägt ist von protektionistischen und populistischen Umbrüchen – gerade im Hinblick auf die aktuelle US-Politik?
Ich halte diese Themen für sehr wichtig. Ich beobachte mit einiger Sorge einen gewissen gesellschaftlichen Umbruch. Wenn führende Politiker mit offensichtlich unwahren Aussagen (Stichwort: Alternative Facts) Politik machen, steht dies im krassen Widerspruch zu dem, wofür Investor Relations stehen: eine offene und ehrliche Kommunikation. Ich halte es vor diesem Hintergrund für umso wichtiger, dass wir als Kapitalmarktteilnehmer nicht von dem Anspruch abweichen, transparent und wahrhaftig zu kommunizieren.
Welchen Herausforderungen muss sich die IR-Arbeit in der heutigen Zeit noch stellen?
Nach wie vor besteht eine Herausforderung für IR darin, nicht nur die Shareholder-Interessen zu berücksichtigen, sondern auch jene anderer Stakeholder. Hervorzuheben ist auch die zunehmende Bedeutung der Kommunikation in das Unternehmen nach innen hinein. Eine weitere nicht zu unterschätzende Herausforderung ist die aktuell ausufernde Kapitalmarktregulierung.
Stichwort: Regularien. Wie schätzen Sie deren Zunahme – sei es MAR, MiFID II etc. – für die Kapitalmarktkultur in Deutschland ein?
Ich halte diese nicht für förderlich für die Kapitalmarktkultur in Deutschland. So bin ich zwar der festen Überzeugung, dass wir am Kapitalmarkt gewisse regulatorische „Leitplanken“ benötigen, die Anforderungen an Investoren und Emittenten aber nicht zu detailliert sein dürfen. Extreme Überregulierung bremst den Wachstumsmotor Kapitalmarkt aus. Wir haben es hier mit einer Gratwanderung zu tun. Zum einem ist es wichtig für IR, bestehende Regeln nicht nur als Risiko, sondern auch als Chance zu begreifen, z.B. im Bereich der Nachhaltigkeitsberichterstattung. Auf der anderen Seite steht die Politik in der Pflicht, den Kapitalmarkt nicht totzuregulieren.