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Die jährliche HV-Locations-Studie des HV Magazins ist für 2024 noch umfangreicher als sonst: Erstmals haben wir nicht nur Unternehmen des Prime Standard betrachtet, sondern auch zusätzlich alle Emittenten des General Standard sowie der Segmente Scale, m:access und des Primärmarkts Düsseldorf – insgesamt 476. Dabei zeigt sich: Der Trend zurück zur physischen HV ist ungebrochen. Mehr noch als im Vorjahr tendieren kleinere Unternehmen zur Präsenzveranstaltung, größere bevorzugen das virtuelle Format. Bemerkenswert auch, dass virtuelle Aktionärstreffen noch öfter in externen Räumen stattfinden. Während unter den Location-Anbietern das HBW und GRÜNEBAUM ihre Spitzenplätze verteidigen, tut sich auch in der Mitte des Feldes etwas.
Bei der Deutschen Bank ist die Richtung klar: Die Mitarbeiter sollen weniger „remote“ arbeiten und wieder mehr Präsenz im Büro zeigen – wöchentlich drei Fünftel lautet die Devise. Auch wenn viele Angestellte grummeln, so ist der Vorstand offenbar zu der Überzeugung gelangt: Es redet und arbeitet sich einfacher, wenn man beieinandersitzt.
Diese Erkenntnis setzt sich offenbar auch in der HV-Welt zunehmend durch, wie die diesjährige große Untersuchung des HV Magazins zur Hauptversammlungssaison 2024 zeigt. Der bereits im vergangenen Jahr erkennbare Trend zurück zur physischen HV bestätigt sich erneut; viele Unternehmen veranstalten ihre Aktionärsversammlung wieder physisch, also in Präsenz. Dabei wird immer deutlicher: Je kleiner ein Unternehmen, umso eher tendiert es zu einer physischen Hauptversammlung. Und umgekehrt: Je größer das Unternehmen, desto mehr entscheidet es sich für eine virtuelle Hauptversammlung. Von den 476 untersuchten börsennotierten Unternehmen veranstalteten 332 eine physische HV, was einer Quote von 69,7% entspricht. 144 Emittenten bzw. 30,3% blieben bei der Möglichkeit der virtuellen HV. Im Detail zeigt sich, dass die DAX-Unternehmen sich wie im Vorjahr mit einer Quote von 70% für die virtuelle Hauptversammlung entschieden, während die SDAX-Werte in fast 61% der Fälle – und damit etwas weniger als im Vorjahr – für die Präsenz-HV votierten.
Untersuchung so umfangreich wie nie zuvor
Die 2024er-Studie haben wir auf einer noch breiteren Grundgesamtheit als sonst durchgeführt: Von den insgesamt 476 Unternehmen, deren Aktionärsversammlungen unter die Lupe genommen wurden, sind 276 Mitglieder des Prime Standard, also aus dem Börsensegment mit den höchsten Transparenzstandards. Darüber hinaus haben wir 2024 erstmals auch alle Werte des General Standard sowie der Freiverkehrssegmente Scale, m:access und des Primärmarktes Düsseldorf mit aufgenommen. Damit ist die 2024er-Untersuchung die umfangreichste, die das HV Magazin je durchgeführt hat.
Formatwahl nach Segmenten
Beim Blick aufs Detail zeigt sich, dass im Prime Standard gegenüber dem Vorjahr noch einmal 2,5% mehr Emittenten auf die physische HV gesetzt haben; das entspricht für 2024 einer Quote von über 60%. Umgekehrt nutzten 2024 nur noch 39,9% der Prime-Standard-Unternehmen die während der Coronapandemie eingeführte Möglichkeit, ihre HV virtuell abzuhalten – im Jahr zuvor waren es noch 42,4%.
Nimmt man die gesetzlich regulierten Marktsegmente Prime Standard und General Standard zusammen, steigt die Quote der physischen HVs auf 65%. Addiert man zudem die drei Freiverkehrssegmente Scale, m:access und Primärmarkt Düsseldorf hinzu, erreicht die Präsenzquote fast die 70%. Segmentspitzenreiter sind übrigens die Unternehmen des m:access mit einer Quote von 90,9% physischer HVs.
Die Wechselhaften
Trotz der gegenüber 2023 identischen Präsenzquote der DAX-Unternehmen gab es innerhalb des Leitindexes dennoch einige Veränderungen. Jeweils drei DAX-Konzerne wechselten von physisch zu virtuell und umgekehrt. So suchten Munich RE, Fresenius und Continental nach einem Ausflug in die virtuelle HV-Welt 2024 wieder den direkten Kontakt mit ihren Aktionären und setzten auf physische Hauptversammlungen.
Dazu sagt ein Sprecher von Continental dem HV Magazin: „Die Continental-Hauptversammlung 2024 haben wir in Präsenz im Hannover Congress Centrum veranstaltet. Das Hannover Congress Centrum hat uns auch in den Jahren vor der ersten virtuellen Hauptversammlung im Jahr 2020 als Austragungsort gedient. Unser Ziel war es, nach vier virtuellen Veranstaltungen den Aktionärinnen und Aktionären wieder den direkten Kontakt mit Continental und ihren Protagonisten zu ermöglichen.“
Ähnlich waren die Motive beim Medizintechnik- und Gesundheitskonzern Fresenius: „Vorstand und Aufsichtsrat wollten unseren Eigentümern gerne wieder den direkten Austausch ermöglichen, denn wir haben insbesondere bei unseren institutionellen Investoren ein großes Bedürfnis nach einem direkten Dialog wahrgenommen. Dem sind wir gerne nachgekommen. Dies erscheint aus unserer Sicht umso sinnvoller, da wir den Anteilseignern besser die Transformation vermitteln können, die das Unternehmen Fresenius mit seinem Programm #FutureFresenius derzeit durchläuft.“
Interview mit Frank Mertz, Geschäftsbereichsleiter Vertrieb, Messe Essen GmbH
„Digitale Formate können echte Begegnung nicht ersetzen“
HV Magazin: Wie hat sich Ihr Hauptversammlungsgeschäft 2024 im Vergleich zu den Vorjahren entwickelt?
Mertz: Gut. Über die COVID-Phase und den Vorher-nachher-Vergleich wurde ja bereits ausführlich berichtet. Im Zeitraum von 2023 bis 2025 verzeichnen wir in Umsatz und Ergebnis ein sehr stabiles Hauptversammlungsgeschäft. Dazu hat auch die erfolgreiche Akquisition von Kunden beigetragen, die mit ihren Hauptversammlungen zu uns gewechselt sind – was mich besonders freut, weil diese als jährliche Veranstaltungen wiederkommen möchten.
Mit Messehallen, Congress Center und Grugahalle verfügen Sie über eine sehr vielfältige und flexible Auswahl von Räumen für Präsenzveranstaltungen. Haben diese für Hauptversammlungen in zunehmend digitalen Zeiten weiter eine Berechtigung?
Selbstverständlich. Unsere Erfahrungen – wie auch diejenigen anderer Messe- und Kongressgesellschaften – zeigen, dass rein digitale Formate die echte Begegnung nicht ersetzen können. Dennoch sind die Anforderungen an digitale Services und Lösungen natürlich weiterhin hoch, sodass wir auch rund um Hauptversammlungen jedes Maß an Digitalität schaffen können. Wir verstehen uns dabei als starker Partner, der lösungsorientiert den Kunden dort abholt, wo er sich befindet.
Es gibt nicht den einen Weg oder das eine Format. Das heißt: Wir sind grundsätzlich flexibel – sowohl die maßgeschneiderte Auswahl von Räumen als auch die technische Ausstattung betreffend. Das „Ob“ ist meist klar; also, dass die Hauptversammlung bei uns durchgeführt wird – lediglich das „Wie“ unterliegt einer Dynamik, die sich auch gerne von Jahr zu Jahr unterscheidet. Ob in Präsenz, hybrid, digital – wir sind bei allen drei Varianten lösungsorientierter Partner bei Planung und Durchführung. Gerne auch in Zusammenarbeit mit den Vertragspartnern des Kunden.
Wie stellen Sie sich auf, um auch in Zukunft attraktiv für Hauptversammlungen zu sein?
Durch Investitionen – in unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, in attraktive Raumkonzepte, moderne Veranstaltungstechnik und schlanke Prozesse. Wir bleiben im People Business. Unsere Kunden wollen und können ein gutes Gefühl haben und uns vertrauen. Sie legen ihre Veranstaltung ein Stück weit in unsere Hände. Wer bereits eine Veranstaltung organisiert hat, kennt den Unterschied zwischen Planung im Büro und den praktischen Herausforderungen bei der Durchführung vor Ort. Wir sind eng an der Seite unserer Kunden, um diese Herausforderungen zu einem optimalen Ergebnis zu führen – natürlich im Zeit- und Budgetplan.
Auch der im MDAX notierte Hamburger Staplerhersteller Jungheinrich wechselte 2024 vom virtuellen auf das Präsenzformat. Ein Sprecher teilt dazu mit: „Wir sind von den Vorteilen des virtuellen Formats weiterhin überzeugt. Gleichwohl wollten wir in diesem Jahr die Möglichkeit nutzen, nach fünf Jahren wieder den persönlichen Kontakt zu und den Austausch mit unseren Aktionärinnen und Aktionären zu suchen.“
Der Stahlkonzern thyssenkrupp, ebenfalls ein MDAX-Mitglied, begründet die Entscheidung für eine physische HV im Jahr 2024 mit inhaltlichen Themen: „Im Zusammenhang mit der Beschlussfassung über die Ermächtigung zur künftigen Ermöglichung virtueller Hauptversammlungen in der Hauptversammlung 2023 hatten wir den Aktionären in Aussicht gestellt, dass wir bei entsprechend wichtigen Themen auf der Tagesordnung oder anderen für die Aktionäre wichtigen Themen eine Präsenzhauptversammlung abhalten werden. Der Wechsel im Vorstandsvorsitz war für uns so ein wichtiger Anlass, sodass wir 2024 eine Präsenzhauptversammlung durchgeführt haben.“
Andererseits entschieden sich die DAX-Konzerne Porsche, Volkswagen und Heidelberg Materials, 2024 (wieder) zur virtuellen Variante überzugehen.
Porsche argumentiert dabei gegenüber dem HV Magazin mit niedrigeren Kosten: „Im Vergleich zur Präsenzveranstaltung ermöglicht eine virtuelle Hauptversammlung die Durchführung kostengünstiger und umweltfreundlicher Events, bei denen aufgrund der technischen Möglichkeiten trotzdem die Wahrung aller Aktionärsrechte gegeben ist.“
Bei Heidelberg Materials heißt es salomonisch: „Für Heidelberg Materials ist der Dialog mit den Anteilseignern ein wichtiger und wertvoller Aspekt der Kapitalmarktkommunikation. Den Austausch mit unseren Aktionärinnen und Aktionären – sei es virtuell oder in Präsenz – verfolgen wir mit gleicher Transparenz und unverändertem Respekt. Auch der Gesetzgeber erachtet das virtuelle Format als eine gleichwertige Alternative zu Präsenzveranstaltung.“ Interessant ist, dass Heidelberg Materials für seine virtuelle HV Räumlichkeiten im eigenen Unternehmen gewählt hat. Dazu sagt ein Sprecher: „Erst kürzlich haben wir unsere neue Konzernzentrale in Heidelberg eröffnet. Das hochmoderne Gebäude bietet beste Voraussetzungen, um eine virtuelle HV abzuhalten: große Veranstaltungsräume, eine moderne Infrastruktur sowie kurze Wege für alle beteiligten Personen.“
Virtuell und extern
Im Gegensatz zu Heidelberg Materials wählte aber auch eine ganze Reihe von Unternehmen den entgegengesetzten Weg. So fällt auf, dass gemäß HV-Magazin-Studie die Quote derjenigen Unternehmen, die für ihre virtuelle Aktionärsversammlung eine externe Location wählen, über die Jahre zugenommen hat: Während dies 2021 noch für 33% der Prime-Standard-Unternehmen zutraf, waren es 2022 bereits 40%, 2023 rund 43% und in der abgelaufenen HV-Saison 2024 sogar 45,5%. Einen Grund für diese Entwicklung sehen HV-Kenner darin, dass externe Locations zunehmend nicht nur die passenden Räume, sondern auch die dazugehörige Technik und das entsprechende Fachpersonal anbieten – alles aus einer Hand sozusagen (siehe dazu auch den Beitrag ab S. 17).
Interview mit Christine Peters, Head of Global Media Relations, Fresenius Medical Care AG
„Persönlichen Austausch fördern“
HV Magazin: Was waren die Gründe für Ihren diesjährigen Wechsel von der virtuellen zur physischen HV?
Peters: Bedingt durch die COVID-19-Pandemie und die damit verbundenen rechtlichen Vorgaben zur Einschränkung der Versammlungsmöglichkeiten hat Fresenius Medical Care in den Jahren 2020 bis einschließlich 2023 alle ordentlichen Hauptversammlungen virtuell abgehalten. Erstmals wieder im Juli 2023 haben wir im Rahmen einer außerordentlichen Hauptversammlung zum Rechtsformwechsel unsere Aktionärinnen und Aktionäre zu einer Präsenzveranstaltung einladen können. Dieses Format haben wir in diesem Jahr für unsere ordentliche Hauptversammlung beibehalten. Die Entscheidung für Präsenzveranstaltungen haben wir bewusst getroffen. Unser Ziel ist, dadurch den konstruktiven und persönlichen Austausch zwischen unseren Anteilseignern und den Mitgliedern des Aufsichtsrats und des Vorstands zu fördern.
Ist die physische HV für Sie das Format, das Sie auch in den kommenden Jahren beibehalten werden?
Ja, wir planen auch für 2025 eine Präsenzveranstaltung.
Welche Änderungs- bzw. Verbesserungswünsche haben Sie mit Blick auf das HV-Format?
Im Moment haben wir keine Verbesserungsvorschläge, nehmen das Feedback unserer Aktionärinnen und Aktionäre jedoch immer sehr ernst. Mit der Planungsarbeit und Durchführung einer Veranstaltung wie einer Hauptversammlung im Präsenzformat befinden wir uns in einem kontinuierlichen Verbesserungsprozess; das heißt, wir wollen uns stetig weiterentwickeln.
DSW-Studie: Virtuelle HV ist ein „Mythos“
Ähnlich wie die Analyse des HV Magazins stellte auch die Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) in einer eigenen Untersuchung (Grundgesamtheit 414 Emittenten) fest, dass sich eine klare Mehrheit der börsennotierten Unternehmen in diesem Jahr für eine Präsenzhauptversammlung entschieden hat. Der „Mythos“, dass die virtuelle Hauptversammlung mehr Aktionäre anziehe, bleibe ein ebensolcher, so die Vereinigung, die als Verfechter der Präsenz-HV gilt. In ihrem HV-Report 2024 hat die DSW sowohl eigene Vertreter als auch Aktionäre befragt.
Mit Blick auf die Präsenzen stellt die DSW fest, dass diese auf den jährlichen Hauptversammlungen im DAX seit 2018 starr bei einer Teilnehmerquote von etwa 66% verharren. Auffällig sei aber, dass die Präsenzen im DAX bei den physischen Hauptversammlungen mit 68,02% höher ausfielen als bei virtuellen Veranstaltungen (65,03%). Dies wertet die Vereinigung als „klares Signal der Aktionäre, dass die Präsenzhauptversammlung bevorzugt wird“. Im Übrigen ließen sich auch keine Verkürzungen bei der Dauer der Hauptversammlung beobachten, wenn das virtuelle Format gewählt werde. Während 50% der virtuellen HVs nach vier Stunden beendet waren, seien es bei den Präsenzhauptversammlungen 71%.
Positiv reagiert die DSW darauf, dass von den Indexwerten, die 2024 eine rein virtuelle Hauptversammlung abgehalten haben, nur noch zwei Gesellschaften – Deutsche Bank und DWS Group – die Möglichkeit anboten, Fragen in das Vorfeld der HV zu verlagern. Aus Aktionärssicht sei dies richtig. Es habe sich in den vergangenen Jahren nicht gezeigt, dass sich die Qualität der Beantwortung der Fragen durch die Vorfeldverlagerung erhöht hätte.
Kritisch sieht die DSW hingegen insbesondere die nach ihrer Meinung mangelnden Umsetzungsmöglichkeiten der Aktionärsrechte in digitalen HVs: „Ziel der Bundesregierung war und ist es, auch im virtuellen Format die Aktionärsrechte uneingeschränkt zu wahren. Auch nach der nun zweiten HV-Saison unter der neuen Gesetzgebung ist aus Sicht der Anleger klar, dass dieses wichtige Ziel in der Umsetzung nicht erreicht worden ist“, sagt Christiane Hölz, Geschäftsführerin der DSW.
Vielmehr bricht die Organisation die Lanze für eine HV-Form, die bislang kaum verbreitet ist – die hybride Hauptversammlung, also eine Kombination aus physischer und virtueller HV. „Der unmittelbare Austausch der Aktionäre mit der Verwaltung sowie untereinander sind wichtige Elemente einer Hauptversammlung. Die Präsenz- oder hybride Hauptversammlung eröffnet Aktionären diese Möglichkeiten und erweitert – im Falle der hybriden Lösung – den Zugang für diejenigen Aktionäre, die das virtuelle Format bevorzugen. Die hybride Hauptversammlung bleibt daher das richtige und wichtige Format, da sie den Eigentümern des Unternehmens die Wahlfreiheit lässt, sich für ihr präferiertes Format zu entscheiden“, sagt Marc Tüngler, Hauptgeschäftsführer der DSW.
2025: Freie Wahl für Emittenten
Spannend bleibt, in welchem Format börsennotierte Unternehmen ihre Hauptversammlung für 2025 planen. Einige Indikationen liegen bereits vor. So ist bei Continental bereits klar, „dass die Hauptversammlung 2025 ebenfalls im Hannover Congress Centrum, in unmittelbarer Nähe zur neuen Continental-Hauptverwaltung, stattfinden wird. Die Veranstaltung soll zudem live auf der Website gestreamt werden.“ Fresenius teilt mit Blick auf die kommenden Jahre mit: „Nach heutigem Planungsstand möchten wir gerne bei einer HV in Präsenz bleiben.“
Porsche wird „auch in Zukunft die Vor- und Nachteile der Durchführung einer Präsenzhauptversammlung sowie eines virtuellen oder eines hybriden Formats sorgfältig gegeneinander abwägen. Dabei werden insbesondere die mit dem jeweiligen Format verbundenen Kosten, die allgemeine Marktpraxis sowie die Erwartungen unserer Aktionärinnen und Aktionäre von maßgeblicher Bedeutung sein.“ Eine Tendenz zeichne sich jedoch ab: „Im Jahr 2025 werden wir voraussichtlich wieder das virtuelle HV-Format wählen; darüber wurde jedoch noch keine Entscheidung getroffen.“
Und thyssenkrupp? Der Konzern will „fallweise und jedes Jahr neu entscheiden, welches das für die jeweilige Hauptversammlung geeignetste Format sein wird“.
Die beliebtesten Locations
Nach der Wahl des passenden Formats stellt sich die Wahl der richtigen Location. Gemessen an der Zahl der im Jahr 2024 durchgeführten Hauptversammlungen stehen an der Spitze die gleichen Namen wie schon im Vorjahr: Das Haus der Bayerischen Wirtschaft (HBW) errang mit zwölf Hauptversammlungen aus dem Prime Standard wieder Platz eins, gefolgt von der Berliner GRÜNEBAUM Event Logistik. Das CCD Congress Center Düsseldorf hat sich im Vergleich zum Vorjahr von Platz vier auf Rang drei vorgeschoben.
HBW: Location und Technik
Der Marktführer HBW ist im HV-Bereich vielseitig unterwegs. Von den insgesamt 29 durchgeführten Aktionärsversammlungen (davon 19 in der HV-Magazin-Locations-Studie enthalten; Anm. d. Red.) fanden 21 in Präsenz, zwei in Präsenz mit gleichzeitiger Übertragung auf die jeweiligen Unternehmenswebseiten und sechs virtuell statt. Alexander Wieser, Leiter Veranstaltungen der zum HBW gehörenden Vermarktungsgesellschaft mbw Medienberatung der Wirtschaft GmbH, spricht von einem „relativ erfolgreichen HV-Jahr 2024“. Deutlich spürbar sei auch in seinem Haus die Rückkehr zur Präsenz-HV. Den Grund für den Zuspruch für das HBW sieht er unter anderem darin, dass die Location nicht nur über 13 verschiedene Räume in unterschiedlichen Größen verfügt, sondern zugleich technischer Dienstleister sei. Wieser: „Wir haben eigene Techniker im Haus – das ermöglicht einen schnellen Aufbau auch mal über Nacht.“ Diese Kombination sei in Deutschland nicht allzu häufig zu finden.
Nicht zuletzt zählt das HBW viele Stammkunden, die regelmäßig wiederkommen. Einige von ihnen haben nach Wiesers Worten bereits für das kommende Jahr gebucht, einer sogar für 2026. Wie andernorts auch seien dabei vor allem die Termine von Mai bis Mitte Juli schnell vergriffen.
GRÜNEBAUM: Mehr als ein HV-Veranstalter
Katja Grünebaum, Geschäftsführerin der zweitplatzierten GRÜNEBAUM Gesellschaft für Event Logistik mbH, sieht den Erfolg ihres Unternehmens ebenfalls in der Kombination verschiedener Stärken: „Neben der technischen Weiterentwicklung und unserer expliziten Expertise auf der technischen Seite können wir Emittenten insbesondere mit unseren flexiblen Räumlichkeiten einen passenden Rahmen bieten.“ Hinzu komme, dass der Schritt von virtuell zu hybrid keinen allzu großen Aufwand darstelle – insbesondere in finanzieller Hinsicht. Darüber hinaus sieht sie GRÜNEBAUM auch als Partner für „die grundsätzliche IR-Kommunikation, … um mehr Nähe und Austausch mit den Aktionären zu schaffen“.
m:con – mannheim:congress: Neuer Saal im Jahr 2025
Auch das Mannheimer m:con Congress Center Rosengarten hat sich 2024 unter den Top Five der HV-Locations behauptet. Bastian Fiedler, Geschäftsführer der m:con – mannheim:congress GmbH, spricht von einem „weiteren erfolgreichen Kapitel in der Organisation von Hauptversammlungen“. Insgesamt wurden acht Veranstaltungen durchgeführt: fünf Präsenzveranstaltungen im Congress Center Rosengarten (davon vier im HV-Magazin-Ranking enthalten) sowie drei virtuelle Hauptversammlungen.
Für 2025 setzt m:con laut Fiedler bei den HV-Formaten weiter auf Vielfalt: „Mit der Umsetzung prominenter Präsenzhauptversammlungen wie z.B. für die MVV Energie AG und FUCHS PETROLUB SE sowie der umfassenden Betreuung virtueller Versammlungen deutschlandweit unterstreichen wir unsere Expertise in beiden Bereichen.“ Ab März 2025 gibt es dann mit dem neuen Alice Bensheimer Saal eine weitere HV-Option im Mannheimer Congress Center Rosengarten. „Mit modernster Technik und einer Kapazität für bis zu 510 Personen bietet der Saal eine optimale Möglichkeit für Hauptversammlungen und Veranstaltungen mittlerer Größe“, so der m:con-Chef.
CinemaxX Hamburg: Aktionäre im Kino
Interessant ist in diesem Jahr ein Blick auf das Mittelfeld der HV-Locations. Dort tummeln sich mit dem Kinobetreiber CinemaxX Hamburg-Dammtor, dem Congress Center Messe Frankfurt und dem Congress-Centrum Koelnmesse gleich drei Anbieter im Prime-Standard-Ranking auf Platz fünf, nachdem diese in den vorangegangen Jahren zumindest im Segment der Prime-Standard-HVs gar nicht aufgetaucht waren.
Ein Emittent, der das Hamburger CinemaxX als Lokalität für seine Hauptversammlung gewählt hat, ist der Staplerhersteller Jungheinrich. Nach den Worten einer Unternehmenssprecherin „deckt die Location mit Blick auf die Größe sowie Anordnung der Räumlichkeiten und auch in Bezug auf die technische Ausstattung unsere Anforderungen an eine HV-Location vollumfänglich ab“. Darüber hinaus sei das CinemaxX Hamburg-Dammtor zentral gelegen und gut mit dem öffentlichen Nahverkehr zu erreichen. Hinzu kommt, so die Sprecherin, „dass das CinemaxX bereits über Erfahrung mit der Durchführung von Hauptversammlungen verfügt“.
Auch außerhalb der Top-Ten-Locations tut sich etwas. So hat beispielsweise das Congress-Centrum Hannover im Jahr 2024 mit Continental (Präsenz) und TUI (virtuell) gleich zwei notierte Konzerne beherbergt und sich damit als bedeutender Player im HV-Geschäft erwiesen.
Die Deutsche Bank, die – wie eingangs erwähnt – ihre Mitarbeiter zu mehr Präsenz verpflichten möchte, hat bei ihrer Hauptversammlung 2024 übrigens die virtuelle Variante gewählt. Manchmal scheint zu viel direkter Kontakt doch nicht gewünscht zu sein.
DSW-Best Practice Katalog 2025 für virtuelle Hauptversammlungen
- In Sondersituationen des Unternehmens oder bei tief in die Aktionärsrechte eingreifenden Beschlussvorschlägen stellt die Präsenzhauptversammlung das sachgerechte Format dar.
- Fragen sollten nicht in das Vorfeld verlagert werden. Akzeptabel ist die Einräumung eines freiwilligen Fragerechts vor der HV mit Beantwortung der Fragen in der Hauptversammlung.
- Die Hauptversammlung sollte vollständig im öffentlichen Stream übertragen werden.
- Der Wortmeldetisch sollte bereits mindestens eine Stunde vor der Hauptversammlung geöffnet werden, auf den Zeitpunkt der Öffnung sollte in der Einladung und auf der Unternehmenswebseite deutlich hingewiesen werden.
- Der Techniktest sollte zwischen der Öffnung des Wortmeldetischs und dem Beginn der HV erfolgen.
- Pop-up-Fenster sollten im Aktionärsportal vermieden werden.
- Pausen sollten bei virtuellen HVs möglichst unterlassen bzw. auf ein Minimum beschränkt werden. Unerlässliche Pausen können mit Unternehmensvideos überbrückt werden.
- Aktionäre sollten vor Beginn der Unterbrechung mündlich und dann schriftlich während des eingeblendeten Standbilds über die verbleibende Dauer bis zur Wiederaufnahme der HV informiert werden.
- Auf die Gruppierung von Antworten sollte verzichtet werden, bei Doppelung von Fragen kann auf zuvor gegebene Antworten Bezug genommen werden.
- Bei einer Vielzahl von Rednern sollte die Beantwortung der Fragen … direkt nach dem jeweiligen Rednerblock erfolgen.
- Alle Aktionärsrechte … sollten im Rahmen der virtuellen HV innerhalb des Aktionärsportals ausgeübt werden können. Die entsprechenden Schaltflächen sollten klar erkennbar sein.
Quelle: Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz e.V.: „Erfahrungen mit der virtuellen Hauptversammlung – eine Analyse der Hauptversammlungssaison 2024“ (November 2024)
Fazit
Die großen HV-Format-Diskussionen des Vorjahres sind 2024 weitgehend abgeklungen, in das Thema ist deutlich mehr Ruhe eingekehrt. Viele Emittenten entdecken (wieder) die Vorzüge der Präsenz-HV, vor allem kleinere und mittelgroße Unternehmen. Andererseits hat sich die virtuelle Variante vor allem bei Vertretern des DAX fest etabliert. Gelegentlich sprechen HV-Verantwortliche sogar von der Möglichkeit einer „hybriden“ HV – hier bleibt spannend, wie sich dieses Thema weiterentwickelt. Bei den Locationanbietern ist eine hohe Professionalität und Flexibilität hinsichtlich Formatwünschen, Raumanforderungen und Technik zu sehen.
Autor/Autorin
Thorsten Schüller
Freier Wirtschafts- und Finanzjournalist. Für GoingPublic Media betreut er das viermal jährlich erscheinende HV Magazin.