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Ein jeder, der schon einmal eine Publikumshauptversammlung besucht hat, kennt das: Bevor man den Versammlungsraum betreten kann, muss man sich bei der Einlasskontrolle melden und sich als Aktionär oder Aktionärsvertreter registrieren lassen. Aus Sicht der Gesellschaft stellt sich die Frage, was und wie im Rahmen der Aktionärsregistration geprüft und dokumentiert werden muss.
Zunächst ist festzuhalten, dass die Aktionärsregistration zwei Ziele verfolgt:
- Zugangskontrolle: Zur Hauptversammlung haben nur Aktionäre, deren Vertreter und vom Versammlungsleiter zugelassene Gäste Zutritt. Damit wird insbesondere auch das Persönlichkeitsrecht der Aktionäre gewahrt.
- Erstellung des Teilnehmerverzeichnisses: § 129 Abs. 1 Satz 2 AktG verlangt, dass zu jeder Hauptversammlung ein Verzeichnis der erschienenen oder vertretenen Aktionäre bzw. der Aktionärsvertreter geführt werden muss. Bei größeren Publikumshauptversammlungen empfiehlt es sich, zusätzlich eine Gästeliste zu führen, damit nachvollzogen werden kann, wer sich unter den Aktionärskreis gemischt hat.
Im nächsten Schritt stellt sich die Frage, wer für die Aktionärsregistration verantwortlich ist. Grundsätzlich ist die Aktiengesellschaft, vertreten durch den Vorstand, zur Vorbereitung und Durchführung der HV verpflichtet, da nur die Gesellschaft die nötigen Ressourcen für die Durchführung der Versammlung besitzt und auch Zugriff auf z.B. Aktienregister (§ 67 AktG) und Anmeldungen (§ 123 Abs. 2 AktG) hat.
So eindeutig ist die Verantwortlichkeit für das Teilnehmerverzeichnis dagegen nicht geregelt. § 129 AktG lässt die Frage offen. Herrschende Rechtsauffassung ist, dass der Vorstand die Aufstellung des Verzeichnisses zu veranlassen hat, während der Versammlungsleiter dafür verantwortlich sein soll, zu kontrollieren, dass es ordnungsgemäß geführt wird. Vor Beginn der HV sollte sich der Versammlungsleiter also tunlichst von einer funktionierenden und sorgfältigen Aktionärsregistration überzeugen – sonst darf er die Versammlung nicht eröffnen. Wird das Teilnehmerverzeichnis nämlich nicht oder nicht ordnungsgemäß geführt, liegt eine Gesetzesverletzung vor, die ggf. die Anfechtung sämtlicher Beschlüsse rechtfertigen kann.
In einem ersten Fazit ist also festzuhalten, dass die Verantwortlichkeit für die Eingangskontrolle bei der Gesellschaft sowie dem Versammlungsleiter liegt.
Zu-/Abgangskontrolle
Im Vorfeld der HV werden die Aktionäre, die sich nach Gesetz und Satzung form- und fristgerecht angemeldet haben, in eine Anmeldeliste aufgenommen. In der Regel erhält dann jeder Aktionär eine Eintrittskarte. Über die Eintrittskartennummer ist der Aktionär in der Anmeldeliste eindeutig identifizierbar. An der Aktionärsregistration sollte also zunächst nachprüfbar dokumentiert werden, welcher Aktionär bzw. Vertreter mit welcher Eintrittskartennummer Zugang zur Versammlung erhält und somit in das Teilnehmerverzeichnis aufgenommen werden muss. Dazu wird die Eintrittskartennummer entweder in eine Liste eingetragen oder in der HV-Software erfasst.
Es stellt sich nun die Frage, ob es genügt, die Eintrittskartennummer nur in die IT zu übertragen, oder ob es darüber hinaus einer Belegdokumentation bedarf. Jede sorgfältig organisierte Eingangskontrolle wird auch einen Beleg für den Zugang des Aktionärs einbehalten. Dies kann durch Abtrennen und Einbehalten eines (vorperforierten) Teils der Eintrittskarte mit den relevanten Daten wie Aktionärsname und Eintrittskartennummer rasch erfolgen. Wichtig ist, dass der beim Aktionär verbleibende Teil der Eintrittskarte alle relevanten Daten für die Abstimmung enthält. Nur über diese Belegfunktion kann bei einem Ausfall der IT das Teilnehmerverzeichnis rekonstruiert oder überhaupt eine sinnvolle Kontrollerfassung ermöglicht werden. Auch zur Korrektur von Fehlern wie etwa Zahlendrehern bei der Eingabe der Eintrittskartennummer ist eine Belegdokumentation unerlässlich.
Sollte bei der Abstimmung das Subtraktionsverfahren angewendet werden, so ist neben dem Teilnehmerverzeichnis auch eine Präsenzliste zu führen, in welcher alle Zu- und Abgänge bzw. Vertreterwechsel in zeitlicher Abfolge aufgelistet werden. Hier gewinnt eine sichere Eingangsregistration noch mehr Relevanz, da die Präsenz zum Zeitpunkt der Abstimmung die Grundlage der Berechnung der Abstimmungsergebnisse darstellt. Man könnte nun einwenden, dass es bei kleinen Stimmenzahlen an Relevanz fehlt. Ein gut beratener Versammlungsleiter wird sich jedoch nicht auf diese Eventualität verlassen wollen.
Ein fehlerhaftes Teilnehmerverzeichnis kann jedoch auch noch nach dem Ende der HV zu Problemen führen. Man stelle sich vor, ein Teilnehmer erklärt beim Notar Widerspruch zu Protokoll oder erhebt gar Anfechtungsklage, erscheint aber nicht im Teilnehmerverzeichnis. Dies ist im besten Fall nur eine Peinlichkeit, kann aber auch rechtliche Auswirkungen haben. In jedem Fall bleibt aber der Eindruck, dass die Zugangskontrolle nicht ordentlich organisiert war.
Ein erfahrener HV-Organisator wird sich ausdrücklich vor dem Ausdruck des Teilnehmerverzeichnisses anhand einer Negativliste einen Überblick verschaffen, wer von den angemeldeten Aktionären (noch) nicht zur HV erscheinen ist. Die an der Hauptversammlung teilnehmenden Gäste sollten mittels Gästekarten dokumentiert und erfasst werden, um eine Gästeliste erstellen zu können. Es gab aber auch schon während der laufenden HV das Aktionärsverlangen, die vom Versammlungsleiter zugelassenen Gäste zu benennen.
Vollmachten
Neben der Dokumentation des Zugangs gehört auch die Erfassung von Vollmachten der Aktionärsvertreter zu den Aufgaben der Eingangsregistration. Dazu zählen auch die Vollmachtserteilungen bei einem Vertreterwechsel während der HV. Möchte man auch hier die Belegfunktion realisieren, stellen sich zwei Probleme:
- Es besteht seit 2001 im Rahmen des NaStraG neu gefassten § 134 Abs. 3 Satz 3 AktG kein Anspruch der Gesellschaft auf Überlassung der Vollmachtserklärung.
- Wie dokumentiert man die steigende Zahl von elektronischen Vollmachten?
Die Lösung für beide Fälle ist eine in die HV-Software integrierte Kamera an der Eingangskontrolle. Damit lassen sich vorgelegte Vollmachtsurkunden jedweder Form abfotografieren und per Software der jeweiligen Eintrittskartennummer zuordnen. Mit dieser Technik können auch elektronisch versandte Eintrittskarten bei der Zu- und Abgangskontrolle beleghaft dokumentiert werden.
Nur wenn die Vollmachten zur Dokumentation genommen werden, können z.B. falsche, verfälschte oder unvollständige Übernahmen des Vertreternamens korrigiert und überprüft werden. Im Übrigen sei noch erwähnt, dass Vollmachten an den Stimmrechtsvertreter der Gesellschaft nach §134 Abs. 3 Satz 5 AktG drei Jahre lang nachprüfbar festzuhalten sind. Die Frage, ob dies auch für alle Vollmachten in einer beim Stimmrechtsvertreter endenden Vollmachtskette gilt, wartet noch auf rechtliche Klärung.
Fazit
Es bleibt festzuhalten, dass es bei der Erstellung des Teilnehmerverzeichnisses einer Publikumshauptversammlung immer eines physischen oder digitalen Belegs bei Zu- bzw. Abgang als auch bei Vollmachtserteilungen bedarf, um den rechtlich-organisatorischen Anforderungen zu genügen. Während die Vorbereitung der Kontrollen Sache der Gesellschaft ist, hat der Versammlungsleiter vor Ort die Mitarbeiter bei der Eingangsregistratur sowie der Aufstellung des Teilnehmerverzeichnisses zu überwachen und sofern erforderlich über Fragen der Zulassung von Teilnehmern zu entscheiden.
Der Autor dankt Dr. Paula Paprocki und Dr. Sebastian Schwalme von Morrison & Foerster LLP für den rechtlichen Faktencheck.
Autor/Autorin
Bernhard Orlik
Vorstand, HCE Consult AG