Eine trockene Meldung der amerikanischen Börsenaufsicht SEC könnte die Kommunikation zwischen Unternehmen und Anlegern deutlich verändern: Am 2. April stellte die SEC klar, dass Social Media-Kanäle „geeignete Methoden für die Kommunikation mit Investoren seien.“ War die Verbreitung von Investor Relations-relevanten Informationen über Twitter, Google+ und Facebook bislang eine rechtliche Grauzone, stellt die SEC nun klar, dass dies rechtens ist – solange vorher auf der Unternehmenswebsite darauf hingewiesen wird, dass diese Informationskanäle genutzt würden.
Wenige Tage später zog Bloomberg nach und integrierte finanzmarktrelevante Meldungen auf Twitter in ihre für die IR-Welt wichtigen Bloomberg-Terminals. Bislang war Twitter für viele Analysten und institutionelle Investoren aufgrund der restriktiven Firewalls nicht zugänglich. Allerdings stehen Bloomberg-Nutzer nicht alle Tweets zu börsennotierten Unternehmen offen. Das Unternehmen wählt aus, welche Twitter-Accounts in den Feed einbezogen werden – eine Gesamtliste der Accounts ist bislang nicht öffentlich gemacht worden. So werden einige wenige Analysten, Unternehmen und Medien, die im Twitter-Feed des Bloomberg-Terminals sichtbar sind, künftig zu wichtigeren Multiplikatoren.
Die beiden Ereignisse – die SEC-Meldung und Bloombergs Öffnung hin zu Twitter – haben das Potenzial, die Kommunikation Investoren gegenüber nachhaltig zu verändern. Besonders Twitter – der „nachrichtlichsten“ Social-Media-Plattform, auf der auch viele Journalisten und Analysten präsent sind – könnte eine entscheidende Rolle einnehmen.
Eines ist klar: Die Nutzung von Social Media muss auch in Deutschland mit den strengen Ad-hoc-Regeln in Einklang gebracht werden. Von Vorteil ist dabei aber, dass die Gesetze kein konkretes Medium vorschreiben. Vermutlich wird es sich in Deutschland aber einbürgern, dass die Kanäle auf der IR-Seite der jeweiligen Gesellschaft angegeben werden. Wichtig ist natürlich auch, dass die Prüffristen der BaFin eingehalten werden – am praktikabelsten wird im ersten Schritt vermutlich sein, Tweets erst dann abzusetzen, wenn die entsprechenden Meldungen sowieso online sind.
Für Anleger ist diese Entwicklung eine gute Nachricht. Und börsennotierte Unternehmen sollten nun Social Media in ihre Kommunikationsstrategie mit einbeziehen. Erstens gibt es wegen der Bloomberg-Entscheidung keine Alternative zu Twitter mehr. Zudem gibt es positive Potenziale: Über Twitter kann ein direkter Dialog mit Anlegern gestartet werden – diese können wiederum in Echtzeit Informationen zu ihren Investments bekommen. Bislang waren Privatanleger, die in der Regel keinen Bloomberg-Terminal-Zugang haben, auf zeitversetzte Veröffentlichung in Online-Portalen oder Printmedien angewiesen. Damit eröffnet Social Media neue Optionen sowohl für Small und Mid Caps, die nicht im Zentrum des allgemeinen Interesses stehen, als auch für die Kommunikation von weniger medienwirksamen Entwicklungen bei größeren Börsenwerten.
Der Autor Dr. Wigan Salazar ist CEO der Kommunikationsberatung MSL Germany mit Büros in Berlin, Frankfurt, München, Köln und Hamburg. Das Unternehmen ist Teil der MSLGROUP. Salazar berät Unternehmen an der Schnittstelle zwischen Unternehmenskommunikation, Krisenkommunikation und Finanzmarktkommunikation.