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Diesen und weitere Artikel zum Thema Hauptversammlung finden Sie in der neuen Ausgabe des HV Magazins 01-2022.

Nachdem die pandemiebedingten Sonderregelungen bezüglich der Abhaltung von virtuellen Hauptversammlungen am 31. August 2022 auslaufen, hat das Bundesministerium der Justiz, wie schon im Koalitionsvertrag der Ampelregierung angekündigt, nun einen Referentenentwurf für ein Gesetz zur Einführung virtueller Hauptversammlungen von Aktiengesellschaften vorgelegt.

Ziel des Referentenentwurfs ist eine Weiterentwicklung der bestehenden aktienrechtlichen Regelungen für die Hauptversammlung durch die dauerhafte Einführung eines virtuellen Formats, in dem den Aktionären jedoch eine Ausübung ihrer Rechte in einem der Präsenzversammlung vergleichbaren Umfang ermöglicht werden soll. Dabei werden die wesentlichen Elemente der bereits bekannten virtuellen Hauptversammlung aufgegriffen und ein Teil der Informations- und Entscheidungsprozesse in das Vorfeld der Hauptversammlung verlagert.

Rechtliche Grundlage

Grundlage für die Abhaltung einer Hauptversammlung ohne physische Präsenz der Aktionäre oder ihrer Bevollmächtigten (virtuelle Hauptversammlung) soll nach dem Referentenentwurf eine entsprechende Satzungsregelung oder eine in der ­Satzung enthaltene Ermächtigung des Vorstands sein. Sowohl die Satzungsbestimmung, die die virtuelle Hauptversammlung vorsieht, als auch die Ermächtigung des Vorstands müssen für einen Zeitraum von maximal fünf Jahren befristet werden.

Voraussetzungen einer virtuellen Hauptversammlung

Die Abhaltung einer Hauptversammlung als virtuelle Hauptversammlung soll nach dem Referentenentwurf nur unter folgenden Voraussetzungen zulässig sein:

• Übertragung der gesamten Hauptversammlung in Bild und Ton
• Möglichkeit der Stimmrechtsausübung der Aktionäre im Wege elektronischer Kommunikation (elektronische Teilnahme oder elektronische Briefwahl) sowie Vollmachtserteilung
• Antragsrecht der Aktionäre in der Hauptversammlung im Wege elektronischer Kommunikation (abgesehen von Gegenanträgen und Wahlvorschlägen nach §§ 126, 127 AktG)
• Auskunftsrecht nach § 131 AktG im Wege elektronischer Kommunikation
• Zugänglichmachen des Vorstandsberichts oder dessen wesentlichen Inhalts bis spätestens sechs Tage vor der Hauptversammlung
• Recht der Aktionäre, Stellungnahmen und Redebeiträge vor der Hauptversammlung im Wege elektronischer Kommunikation einzureichen
• Redemöglichkeit der Aktionäre in der Hauptversammlung im Wege der Videokommunikation
• Möglichkeit, Widerspruch gegen einen Beschluss der Hauptversammlung im Wege elektronischer Kommunikation einzulegen.

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Teilnahme an und Ort der Hauptversammlung

Statt der physischen Präsenz am Versammlungsort soll die Teilnahme an der Hauptversammlung im virtuellen Format in Form der elektronischen Zuschaltung zur Hauptversammlung erfolgen. Laut dem Referentenentwurf soll dementsprechend die Angabe des Orts der Hauptversammlung durch die Angabe, wie sich Aktionäre und ihre Bevollmächtigten elektronisch zur Hauptversammlung zuschalten können, ersetzt werden. Zudem soll in der Einberufung ausdrücklich darauf hinzuweisen sein, dass eine physische Präsenz der Aktionäre und ihrer Bevollmächtigten am Ort der Hauptversammlung ausgeschlossen ist; ausgenommen hiervon ist lediglich der von der Gesellschaft benannte Stimmrechtsvertreter.

Eine Teilnahmepflicht am Ort der Hauptversammlung besteht nach dem Referentenentwurf allerdings für den Vorstand, den Versammlungsleiter und den Notar (soweit erfoderlich) sowie grundsätzlich für die Mitglieder des Aufsichtsrats, sofern diese nicht im Wege der Bild- und Tonübertragung teilnehmen dürfen, und gegebenenfalls den Abschlussprüfer, sofern ausnahmsweise die Hauptversammlung den Jahresabschluss feststellt oder den Konzernabschluss billigt. Bei der Wahl dieses Ortes sollen die Gesellschaften jedoch nicht mehr an die gesetzlichen bzw. satzungsmäßigen Vorgaben gebunden sein.

Im Hinblick auf das Teilnehmerverzeichnis ist vorgesehen, dass alle zugeschalteten Aktionäre in das Teilnehmerverzeichnis aufzunehmen sind, das wiederum allen zugeschalteten Aktionären zugänglich zu machen ist.

Antragsrecht

Wie in der Präsenzhauptversammlung sollen Anträge während der Hauptversammlung gestellt werden können; dem virtuellen Format entsprechend im Wege elektronischer Kommunikation. Dies gilt insbesondere für Anträge zur Geschäftsordnung oder zur Abwahl des Versammlungsleiters.

Eine Ausnahme ist für Gegenanträge und Wahlvorschläge im Sinne der §§ 126, 127 AktG vorgesehen. Diese sollen nur dann in der Hauptversammlung gestellt werden können, sofern dies in der Einberufung ausdrücklich gestattet ist. Andernfalls gelten ordnungsgemäß gestellte und dementsprechend im Vorfeld der Hauptversammlung zugänglich gemachte Gegenanträge und Wahlvorschläge als im Zeitpunkt der Zugänglichmachung gestellt mit der Maßgabe, dass ab diesem Zeitpunkt auch über sie abgestimmt werden können muss.

Auskunftsrecht

Ein Auskunftsrecht im Wege elektronischer Kommunikation in der Hauptversammlung ist durch den Referentenentwurf auch im zukünftigen virtuellen Format nicht zwingend vorgesehen. Vielmehr kann der Vorstand nach dem Referentenentwurf vorgeben, dass Fragen bis spätestens vier Tage vor der Hauptversammlung im Wege elektronischer Kommunikation einzureichen sind; fristgerecht eingereichte Fragen sind allen Aktionären zugänglich zu machen. In der Hauptversammlung soll den Aktionären in diesem Fall der Vorverlagerung allerdings ein Nachfragerecht im Wege elektronischer Kommunikation zu den in der Hauptversammlung gegebenen Antworten einzuräumen sein.

Stellungnahmen und Redebeiträge

Vor der Hauptversammlung sollen Stellungnahmen zur Tagesordnung laut Referentenentwurf bis spätestens vier Tage vor der Hauptversammlung bei der Gesellschaft im Wege elektronischer Kommunikation eingereicht werden können. ­Einzelheiten sollen in der Einberufung ­bekannt gemacht werden, wobei auch eine angemessene Beschränkung des Umfangs der Stellungnahme vorgesehen werden kann. Eingereichte Stellungnahmen sind allen Aktionären zugänglich zu machen.

Denjenigen Aktionären, die dies spätestens vier Tage vor der Hauptversammlung anmelden, soll auch in der Hauptversammlung ein Redebeitrag im Wege der Videokommunikation ermöglicht werden. Einzelheiten sollen in der Einberufung bekannt gemacht werden, wobei insbesondere die Redemöglichkeit auf angemeldete Aktionäre beschränkt und sowohl die Anzahl der zuzulassenden Redebeiträge, die nach dem Prioritätsprinzip vergeben werden, als auch der Gesamtzeitraum für die Redebeiträge aller Aktionäre in der Hauptv­ersammlung angemessen begrenzt werden können soll. Im Übrigen dürfen die ­Redebeiträge nach dem Referentenentwurf keine Fragen oder Nachfragen enthalten und können auch nicht für Anträge ­genutzt werden; dies soll für Gegenanträge und Wahlvorschläge selbst dann gelten, wenn die Gesellschaft die Stellung von ­Gegenanträgen oder Wahlvorschlägen in der Hauptversammlung zugelassen hat.

Anfechtung

Eine durch technische Störungen verursachte Verletzung von Aktionärsrechten soll nach dem Referentenentwurf kein Grund für eine Anfechtung von Hauptversammlungsbeschlüssen sein. Eine Ausnahme soll nur bei grober Fahrlässigkeit oder Vorsatz der Gesellschaft gelten.

Fazit

Wie nicht anders zu erwarten, sieht der Referentenentwurf gegenüber den pandemiebedingten Sonderregelungen eine deutliche Ausweitung der Aktionärsrechte entsprechend dem in der Präsenzversammlung geltenden Niveau vor. Stellungnahmen zu dem Referentenentwurf können bis zum 11. März 2022 eingereicht werden. Es bleibt abzuwarten, wie sich die verschiedenen Interessengruppen positionieren und welche sicherlich zu erwartenden Forderungen und Änderungsvorschläge im weiteren Gesetzgebungsverfahren Berücksichtigung finden.

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Autor/Autorin

Gudrun Moll
Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht und Steuerberaterin, Legal Director at Pinsent Masons Rechtsanwälte Steuerberater Solicitors Partnerschaft mbB