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Dieser Artikel ist Teil des neuen HV Magazins 1/2025, welches vor kurzem erschienen ist.

 

Manchmal stellt sich mir die Frage, ob die Diskussion „virtuelle vs. Präsenzhauptversammlung“ nicht am Kern der eigentlich notwendigen Weiterentwicklung vorbeigeht. Die Diskussion über die Zukunft der HV scheint auf eine einfache Entweder-oder-Frage reduziert zu sein: Soll die HV virtuell oder in Präsenz stattfinden?

Diese Debatte greift jedoch zu kurz und verfehlt den Kern der notwendigen Transformation. Es geht nicht um eine Wahl zwischen zwei vermeintlich gegensätzlichen Formaten, sondern darum, wie Hauptversammlungen grundsätzlich weiterentwickelt werden müssen, um den Anforderungen einer modernen, digitalen und globalisierten Gesellschaft gerecht zu werden.

Die klassische Präsenz-HV ist ein Relikt vergangener Jahrzehnte. Sie setzt auf physische Anwesenheit, lange Anreisen und oftmals eine hohe organisatorische Hürde für Aktionäre. Eine hybride oder vollständig digitale Hauptversammlung ist nicht nur eine Reaktion auf diese Herausforderungen, sondern auch eine mögliche Weichenstellung für eine zukunfts­sichere Unternehmenskommunikation.

Die virtuelle HV wurde in den letzten Jahren vermehrt als Alternative etabliert, bietet jedoch noch nicht in allen Bereichen die erhoffte Teilhabe und Transparenz. Wichtig sind neue Funktionen, die die Veranstaltung für Onlineteilnehmende interaktiver werden lassen und das Erlebnis der physischen HV angleichen.

Transformation ist notwendig

Beide Formate leiden allerdings unter einem zentralen Problem: Sie wirken durch die r­egulatorischen Vorgaben und den Fokus auf Rechtssicherheit oft zu wenig lebendig und unattraktiv für Aktionäre. Die Veranstaltung dient häufig mehr der formalen Abarbeitung gesetzlicher Pflichten als einem echten Dialog zwischen Unternehmen und Investoren. Dabei spielt das Format nicht die entscheidende Rolle. Damit die HV ihre Funktion als zentrales Instrument der Unternehmenskommunikation und Aktionärsbeteiligung erfüllen kann, muss sie als Ganzes reformiert werden.

Die Transformation zu einer modernen HV besteht daher nicht in der Wahl zwischen Präsenz oder digital, sondern in der Entwicklung eines neuen, hybriden Formats mit Fokus auf zentrale Herausforderungen wie Inklusion, Internationalisierung, Nachhaltigkeit, Interaktion und Rechtssicherheit.

Dass das hybride Format funktioniert, ­sehen wir bei Pressekonferenzen. Sowohl Unternehmen als auch Journalisten ­machen damit gute Erfahrungen. Damit ein hybrides Format auch im HV-Kontext sinnvoll und kostensensitiv umgesetzt werden kann, muss es jedoch vor allem hinsichtlich der Zahl der Präsenzteilnehmer ­vorhersehbar und planbar sein. ­Daran ist z.B. die Anmietung von großen Hallen und damit technisch und organisatorisch komplexer Videoproduktionen geknüpft. Während dieses Problem bei virtuellen HVs entfällt, benötigt man im Falle einer hybriden HV neue Ansätze. ­Dafür sind ­regulatorische Änderungen notwendig.

Fazit

Ein zukunftsorientierter Schritt wäre die konsequente Weiterentwicklung der virtuellen und hybriden HV. Ein hybrides ­Format vereint das Beste aus beiden Welten: die Interaktionsmöglichkeiten einer Präsenzveranstaltung mit der Reichweite, Teilhabe und Effizienz einer digitalen Lösung. Die Debatte sollte daher nicht um ein „Ent­weder-oder“ kreisen, sondern darum, ein zukunftsfähiges, nachhaltiges und inklusives Format zu schaffen, das echte Interaktion ermöglicht und eine lebendige Verbindung zwischen Unternehmen und Aktionären herstellt.

Autor/Autorin

Rosie Schuster

Gründerin und Geschäftsführerin, Techcast GmbH