Spätestens ab MDAX aufwärts zeigt sich ein Spannungsfeld von Investor Relations zu Corporate Communications, das häufig über die üblichen kleineren Animositäten zwischen Fachabteilungen und ihren untereinander gepflegten „Frotzeleien“ hinausgeht. Das überrascht auf den ersten Blick: Sind doch beide Bereiche dafür verantwortlich, die Kommunikation und den Informationsfluss zu den Anspruchsgruppen des Unternehmens zu organisieren. Von daher müssten sie das gleiche Ziel verfolgen.
Auch sind die Zielgruppen beider Disziplinen klar genug voneinander getrennt, so dass daraus auch kein Alleinvertretungsanspruch erwachsen kann. Hier die Aktionäre und Investoren, dort die breitere Öffentlichkeit. Die Unternehmenskommunikation ist als Disziplin sehr viel älter als Investor Relations, die sich in Deutschland erst seit Mitte der 1990er Jahre professionell entwickelt hat.
Corporate Communications ist in der Regel beim Vorstandsvorsitzenden aufgehängt, während Investor Relations zumeist in das Ressort des Finanzvorstands fällt. Investor Relations-Verantwortliche haben im Gegensatz zu ihren Pendants zumeist ein tiefes Verständnis der Zahlenwelt, schließlich kommen sie meist aus diesem Feld und leben darin. Sie können die Zahlen interpretieren und die Dynamiken dahinter erkennen. Das passt manchmal nicht zu den vermeintlich blumigen Aussagen der Unternehmenskommunikation, wo auch schon mal galant über ein paar faktische Details hinweggesehen wird, solange die Story stimmt. Kommt dann auch aus der Sicht der Unternehmenskommunikation noch Arroganz bei Investor Relations dazu, die sich allzu gern als Wissens- und Faktenträger generieren, ist das Spannungsfeld hergestellt.
Strategische Kommunikation als Muss
Weniger starke Investor Relations-Verantwortliche ziehen sich dann auf das bloße Erklären der Zahlen zurück und richten essich gemütlich ein in ihrer Zahlen- und Investorenwelt. Die Dampfplauderer aus der Kommunikation haben ja keine Ahnung und können nix als bunte Bilder malen. Aber um die Zahlen so richtig zum Sprechen zu bringen bedarf es der Einordnung in Zusammenhänge, das Aufzeigen von Perspektiven. Das, was von Investor Relations-Seite häufig mit Naserümpfen als „blumig“ beschrieben wird, ist aber im Kern eine wichtige Kompetenz, die Investor Relations allzu häufig nicht ausreichend beherrscht: strategische Kommunikation.