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Es ist schon einige Zeit her, da beschwerten wir uns darüber, beim morgendlichen Gang an den Briefkasten keine handgeschriebenen Briefe treuer Freunde mehr vorzufinden, sondern hauptsächlich Rechnungen. Inzwischen erreichen uns selbst diese meist auf elektronischem Wege. „Wozu also noch ein Briefkasten?“, könnte man sich fragen. Sie ahnen es: Die Eintrittskarte zur Hauptversammlung kommt weiterhin in der Regel mit der Post; obwohl – künftig vielleicht eher mit der Postkutsche.
Im Sommer dieses Jahres ist das neue Postgesetz in Kraft getreten, welches unter anderem „eine flächendeckende und erschwingliche Versorgung der Menschen mit Briefen und Paketen – in der Stadt und auf dem Land“ gewährleisten soll. Dem geringeren Aufkommen an Briefsendungen wird Rechnung getragen, indem die Deutsche Post ab 2025 Briefe im Jahresdurchschnitt zu 95% spätestens am dritten Werktag und zu 99% am vierten Werktag ausliefern muss. Bisher hatten 80% am folgenden Werktag und 95% am zweiten Werktag beim Empfänger einzugehen. Man durfte also davon ausgehen, dass ein an einem Donnerstag aufgegebener Brief seinen Empfänger noch zum Wochenende erreichen würde.
Ab dem kommenden Jahr müssen Briefe nun also erst am dritten oder vierten Werktag ausgeliefert werden. Für den Versand einer Eintrittskarte zu einer Hauptversammlung ist das in jedem Fall rechtzeitig, könnte man meinen, steht in den meisten Satzungen doch die gesetzliche Anmeldefrist von sechs Tagen. Aber nun ist die HV-Saison mit gesetzlichen Feiertagen geradezu gesegnet, womit wir in diesen Wochen bereits bei vier bis fünf Werktagen bis zur Zustellung liegen.
Rückfragen programmiert
Im Falle von Inhaberaktien haben Aktionäre nur sehr bedingt Einfluss auf den Zeitpunkt der Eintrittskartenbestellung durch die Depotbanken. Erfolgen Anmeldungen sehr spät in der Anmeldephase, so werden sie also künftig häufig Rückfragen zur Zustellung der Eintrittskarten nach sich ziehen.
Die physische Eintrittskarte ist zwar lediglich ein organisatorisches Mittel; der Aktionär kann also auch ohne Vorlage derselben an der HV teilnehmen, sofern er sich vor Ort ausweisen kann. Erscheinen aber viele Aktionäre am HV-Tag ohne ihre Eintrittskarte, führt dies zu einem deutlich höheren Zeitaufwand bei der Akkreditierung.
Der erwartbare Aufwand erhöht sich also, ist aber planbar. Anders sieht es bei der virtuellen HV aus, liegen die Fristen einiger Aktionärsrechte hier doch deutlich vor dem HV-Termin (Einreichung von Stellungnahmen, ggf. von Fragen). Bei einer Anmeldefrist von sechs Tagen und einer Postlaufzeit von maximal vier Werktagen ist die rechtzeitige Zustellung der Anmeldebestätigung und Zugangsdaten zum HV-Portal vor Fristablauf der einzelnen Aktionärsrechte nicht immer garantiert, bei späten Anmeldungen sogar sehr unwahrscheinlich. Und es besteht kein Grund, zu vermuten, dass die Deutsche Post bei genehmigten verlängerten Laufzeiten Briefe künftig dennoch früher zustellen wird. Bereits im Frühjahr hatte die Deutsche Post innerdeutsche Briefnachtflüge eingestellt – dies zwar aus Gründen der Nachhaltigkeit, aber eben auch mit Auswirkungen auf die Brieflaufzeit.
Namensaktien im Vorteil
Gesellschaften mit Namensaktien sind durch das Aktienregister und die daraus resultierende direkte Kommunikation mit den Aktionären eindeutig im Vorteil. Aktionäre werden direkt von der Gesellschaft über die anstehende HV informiert, können sich anhand der übersandten Zugangsdaten selbst im HV-Portal zur Hauptversammlung anmelden und, soweit erforderlich, die Eintrittskarte oder Anmeldebestätigung als PDF-Dokument herunterladen und ausdrucken. Die Zugangsdaten können den Aktionären mit ausreichendem Vorlauf und somit zeitunkritisch zugesandt werden, der Anmeldeprozess vom Aktionär selbst und unmittelbar per Knopfdruck abgewickelt werden. Ein Anmeldeverfahren sozusagen per Knopfdruck wäre auch für Inhaberaktien denkbar, ist aber aufgrund der zwischengeschalteten Intermediäre noch in weiter Ferne. Dazu gleich mehr.
Lösungen für Gesellschaften mit Inhaberaktien
Der PRIO-Brief, der gegen ein höheres Porto eine priorisierte Zustellung versprach, wird von der Deutschen Post zum Jahresende eingestellt. Bleibt die E-Post, also die elektronische Einlieferung von Briefen, die von der Post gedruckt und frankiert, dann aber auf dem klassischen Postweg an die Empfänger ausgeliefert werden. Aus der elektronischen Einlieferung könnte sich eine etwas kürzere Brieflaufzeit ergeben; die Betonung liegt auf „könnte“. Der kleine Vorteil liegt in dem Einlieferungsnachweis für jede einzelne Adresse ohne erhöhte Kosten. Die Post selbst empfiehlt das deutlich teurere Einschreiben für eine schnellere Zustellung.
Die Durchführungsverordnung liefert hier eigentlich die Lösung, indem sie auf die standardisierte elektronische Übermittlung von Daten im ISO-Format verweist. Diese ist in der Praxis in den meisten Fällen leider noch nicht gegeben. Die Intermediäre liefern die Anmeldedaten in den unterschiedlichsten Formaten – hier kocht jede Bank und jeder Service-Provider sein eigenes Süppchen.
Dabei könnte es so einfach sein: Würden die Daten standardisiert an die Anmeldestellen (inzwischen fast ausschließlich HV-Dienstleister) geliefert, könnten diese die Daten in ihr HV-System einlesen, die Anmeldung vornehmen, unmittelbar rückbestätigen und zeitgleich eine Eintrittskarte im PDF-Format mitliefern, die vom Intermediär automatisch in das elektronische Postfach des Aktionärs eingestellt werden könnte. Würde man den Aktionären ermöglichen, diesen automatischen Anmeldeprozess auf einer Plattform des Intermediärs durch „Knopfdruck“ auszulösen, könnten diese, ähnlich wie bei dem beschriebenen Verfahren bei Namensaktien, ihre Eintrittskarten nach kurzer Zeit in Händen halten. Das klingt nach Zukunftsmusik? Ja – es muss aber der Anspruch für die Zukunft sein.
Bis dahin wäre es durchaus hilfreich, wenn seitens der Intermediäre mit den Anmeldedaten auch die E-Mail-Adresse des Aktionärs übermittelt würde, sodass die Eintrittskarte auf „elektronischem“ Weg zugestellt werden kann.
Fazit
Trotz einiger Modernisierungen der Hauptversammlung in den vergangenen Jahren besteht bei der Automatisierung des Anmeldeprozesseses und der Übermittlung der Eintrittskarte an jeden einzelnen Aktionär noch großer Handlungsbedarf – hier sind Intermediäre und HV-Dienstleister gefragt. Aber auch der Gesetzgeber muss die verschiedenen Regelungen der jüngsten Zeit miteinander in Einklang bringen. Ein Beispiel: Aufgrund der verlängerten Brieflaufzeiten gelten z.B. Steuerbescheide ab 2025 erst nach vier und nicht wie bisher nach drei Tagen als bekannt gegeben.
Autor/Autorin
Nicola Bader
Nicola Bader ist Geschäftsführerin der BADER & HUBL GmbH. Sie berät Unternehmen in allen Phasen einer Veranstaltung, vom Kick-off-Meeting über Planung und Organisation bis hin zur Auswahl von Personal und Medientechnik.