Bildnachweis: thyssenkrupp nucera AG & Co. KGaA .

AWE-Kapazitäten sollen weiter hochgefahren werden

nucera will bis zum Geschäftsjahr 2023/2024 den Ausbau des AWE-Geschäfts vorantreiben und damit einen Umsatz von rund 600 bis 700 Mio. EUR in diesem Geschäftsfeld erzielen. Auch danach soll das Unternehmen weiter stark wachsen. Sollte sich der Halbjahrestrend beim Umsatz so fortsetzen könnte bereits in diesem Jahr die 600 Mio. EUR-Schwelle erreicht werden.

Der Wasserstoffmarkt soll sich laut den Dortmundern bis zum Jahr 2050 versiebenfachen und auch die fossile Erzeugung wird teilweise auf grünen Wasserstoff umgestellt werden. Die zusätzliche Nachfrage soll in erheblichem Umfang aus neuen Anwendungen und damit aus vielen verschiedenen Sektoren kommen, beispielsweise aus Stahlherstellung, Raffinerien, Stromerzeugung und -speicherung, Verkehr oder Schwerlasttransport.

Wettbewerbervergleich

Überlegungen, nucera an die Börse zu bringen, waren erstmals 2021 laut geworden. Analysten hatten das Unternehmen damals zwischen 3 und 6 Mrd. EUR bewertet. Legt man das Verhältnis Marktkapitalisierung/Umsatz unter der Annahme einer Umsatzsteigerung wie im ersten Halbjahr 2023 (74%) sowie eine vollständige Zuteilung der Aktien zugrunde, stünde nucera bei einem Wert von 4,5.

Für ein Technologieunternehmen also noch verhältnismäßig moderat. Partner Industrie De Nora z.B. steht bei einem prognostizierten 2023er-Umsatz von 933 Mio. EUR aktuell bei einem Wert von 4.

Das prognostizierte 2023-KGV läge in der Mitte der Preisspanne bei einem unterstellten Gewinnwachstum wie im ersten Halbjahr (170%) bei 106. Das 2023er-KGV von Industrie De Nora kommt laut S&P Global Market Intelligence aktuell auf gut 30.

Der kleine norwegische Anbieter NEL ASA wird derzeit mit ca. 1,75  Mrd. EUR bewertet. Das Unternehmen bietet ebenso Lösungen für die Erzeugung, Speicherung und Verteilung von Wasserstoff an, u.a. auch die Errichtung von Wasserstoff-Tankstellen.

Der Umsatz wird 2023 auf 133 Mio. EUR geschätzt, somit wäre das ein Marktwert zum Umsatz von über 13. Dagegen wird für 2023 ein Nettoverlust von über  40 Mio. EUR taxiert, das KGV ist entsprechend negativ. Der Break-Even bei NEL ASA wird erst 2026 erwartet.

Die Marktkapitalisierung von Plug Power liegt aktuell bei 5 Mrd. EUR. Das US-Unternehmen entwickelt Wasserstoff-Brennstoffzellensystemen für die E-Mobilität. Der Umsatz soll 2023 knapp 1,2 Mrd. EUR betragen, die Quote liegt also auch etwas über 4. Allerdings wird in diesem Jahr auch bei Plug Power noch ein Nettoverlust von ca. 160 Mio. EUR erwartet.

Chancen & Risiken

+ Marktführer im Chlor-Alkali-Geschäft

+ über 50 Jahre Projekterfahrung

+ hohes Marktpotential im AWE-Segment

– eher geringer Freefloat (24%)

– Wettbewerb mit anderen Herstellern beginnt erst richtig

– hohe Abhängigkeit von hochwertigen Rohstoffen

 

Fazit

Im Gegensatz zu Konkurrenten wie NEL ASA und Plug Power, die insbesondere in die E-Mobilität investieren und noch mittelfristig Verluste schreiben, ist nucera profitabel und hat insbesondere im ersten Halbjahr Umsatz und Nettogewinn deutlich gesteigert. Allerdings wurde das AWE-Segment bislang durch stetigen Gewinne im Chlor-Alkali-Geschäft finanziert. Das prognostizierte 2023-KGV von über 100 wirkt dagegen vergleichsweise aber ambitioniert.

Es dürfte sich nun der Blick auf die Geschäftsentwicklung und die operativen Margen richten. Speziell auch die Entwicklung bei der Akquisition von Groß-Projekten im Vergleich zur Konkurrenz wird Beachtung finden. nucera ist überzeugt, dass seine Erfahrung im Chlor-Alkali-Geschäft eine solide Grundlage für die Ausweitung des AW-Geschäfts darstellt.

Insgesamt definitiv ein spannendes IPO – endlich auch mal wieder eines in Frankfurt – und es gibt sicherlich weniger zukunftsträchtige (wenngleich bei geringerem Risiko) Branchen als der Wasserstoff-Markt, in dem nucera agiert.

Autor/Autorin

Ike Nünchert ist Mitglied des Autoren-Teams und schreibt für GoingPublic On- & Offline-News rund ums Börsengeschehen schwerpunktmäßig in Europa und den USA. Ein weiterer Berichtsfokus liegt beim Segment gründergeführter börsennotierter Unternehmen.