Die Digitalisierung lässt QIAGEN und seine Kunden noch enger zusammenrücken. Für beide Seiten ist das von unschätzbarem Wert. Sie lernen stetig voneinander und können ihre Ziele schneller erreichen. Bei QIAGEN ist eines dieser Ziele, bis 2020 50% der Umsätze über digitale Kanäle zu generieren. Von Roland Sackers
Die digitale Transformation stellt Unternehmen vor enorme Herausforderungen. Sie bringt neue Geschäftsmodelle hervor und verändert etablierte Wertschöpfungsketten. Kaum eine Branche kann sich der disruptiven Kraft entziehen, die der technische Wandel freisetzt. Erst recht nicht der Bereich Life Sciences & Healthcare, in den Technologiekonzerne wie Google, Apple, SAP, Samsung und IBM drängen. Experten der Strategieberatung Roland Berger prognostizieren, dass der globale digitale Gesundheitsmarkt jährlich um mehr als 20% wachsen wird. 2020 soll er die Marke von 200 Mrd. USD knacken.
Wir begreifen den Innovationsdruck vor allem als große Chance. Die Digitalisierung ist seit jeher fester Bestandteil der Unternehmens-DNA. So war QIAGEN im Jahr 1999 das erste Unternehmen seiner Branche, das die Geschäftssoftware SAP R/3 einführte. Es war auch eines der ersten, das den Wert von Big Data in der Diagnostik früh erkannt hat und diese
Erkenntnis erfolgreich in sein Geschäftsmodell integrieren konnte. Mit seinen verknüpften Lösungen zur intelligenten Analyse und Interpretation großer genomischer Datenmengen, die Kunden wertvolle Hinweise auf die bestmögliche Therapie einer genetischen Erkrankung liefern, nimmt QIAGEN heute die weltweit führende Position im Bereich Bioinformatik ein. Darüber hinaus war es eines der ersten Unternehmen mit eigenem Webshop.
Entsprechend hochgesteckt sind nun die Ziele der langfristig angelegten Initiative „Digitizing Sample to Insight“ – kurz „Digitizing S2I“: Bis 2020 soll jeder zweite Kunde digital angebunden sein, die Hälfte der finanziellen Wertsteigerung über digitale Kanäle generiert werden. Alle heute bereits angestoßenen Projekte sollen bis dahin implementiert sein. Der digitale Wandel soll auf die gesamte Wertschöpfungskette wirken: vom Vertrieb über den Einkauf, das Marketing und die Lieferkette bis hin zur Produktion.
Von der Probe zur Erkenntnis
Die Wegmarken auf dem Pfad der Digitalisierung, den unser Unternehmen beschreitet, lauten Optimierung, Evolution und Transformation. In den vergangenen beiden Jahren befand sich QIAGEN vor allem in der Optimierungsphase. Der Bereich E-Commerce wurde ausgebaut, der Relaunch des B2B-Webshops abgeschlossen. Verkaufsaktionen wie der „Cyber Monday“ wurden erfolgreich etabliert. Scheinbar kleine Neuerungen wie der Button „Place Order Again“, der Kunden den erneuten Einkauf spürbar erleichtert, entpuppten sich als Erfolgsgeschichte mit heutigem Millionenumsatz. Heute erwirtschaftet QIAGEN bereits etwa 38% des Umsatzes über digitale Kanäle.
Aber auch die digitale Unternehmenskultur muss sich kontinuierlich weiterentwickeln: offen für Veränderungen sein und Mut haben, mit neuen Technologien und Ansätzen zu experimentieren. Selbst wenn Mitarbeiter dabei mal scheitern oder Projekte nicht weitergeführt werden, so sollen sie ermuntert werden, die Zukunft aktiv mitzugestalten. Die Digitalisierung ist ein kontinuierlicher Prozess, an dessen Erfolg die Mitarbeiter maßgeblich beteiligt sind. Diese Beteiligung gilt es zu fordern und zu fördern. Wer kreative Ideen hat, kann und soll diese, wie beispielsweise beim internen Hackathon, im Unternehmen einbringen.
Dabei wirkt die digitale Transformation nicht nur tief in das Unternehmen hinein. Sie nimmt auch Einfluss auf die Arbeit der weltweit mehr als 500.000 Kunden. So lässt die Digitalisierung beide Seiten enger zusammenrücken. Unternehmen und Kunden lernen noch schneller voneinander – und das stetig. Die Bedürfnisse und Tätigkeiten der Kunden noch besser zu verstehen, ist auch für QIAGEN ein Prozess, der sich mit der eigenen strategischen Ausrichtung „Sample to Insight“ treffend beschreiben lässt. Der Weg zur Erkenntnis führt auch hier nur über die Probe. Und je schneller und präziser die Probenverarbeitung und der Erkenntnisgewinn, desto besser kann man mit dem Ergebnis die nächsten Schritte einleiten.
Die nächste Evolutionsstufe
Heute befindet sich QIAGEN bereits in der Evolutionsphase der Digitalisierung. Hierbei nimmt der „Digital Accelerator“ eine zentrale Rolle ein. Die schlagkräftige Businesseinheit besteht aus mehr als 70 Spezialisten – darunter Entwickler, Data Scientists und Internet-of-Things-Experten, die zuvor für Start-ups, große Online-Händler und andere Vorreiter der Digitalisierung tätig waren. Sie unterstützen die einzelnen Unternehmensbereiche dabei, Digitalisierungsprojekte zu realisieren. Aus mehr als 100 Ideen entstanden bereits 40 Konzepte, die wiederum zu zehn sogenannten Digital-Lighthouse-Projekten führten.
Mit diesen Projekten in den verschiedensten Geschäftsbereichen kann die digitale Evolution maßgeblich zum Unternehmenserfolg beitragen. Intelligente RFID-Kühlschränke beim Kunden vor Ort ermöglichen eine exakte Abrechnung der verbrauchten Kits und bestellen automatisch nach, wenn ein bestimmtes Inventarlevel unterschritten wird. Die interne Produktionsplanung wird mittels selbstlernender Algorithmen um Über- und Unterkapazitäten herum optimiert. Im Finance-Bereich optimieren Robotics-Standard-Routinen beim Reporting, der Dateneingabe und -verarbeitung. Im Sales ist ein Beispiel der automatisierte „Revenue Alert“, der Umsatzmengen der Kunden misst und vergleicht. Kommt es zu Schwankungen, die außerhalb der Norm liegen, erhalten Sales-Kollegen entsprechende Hinweise. Sie können die Kunden dann gezielt ansprechen und den Bedarf des Kunden neu bestimmen.
Mut zur Transformation
Die nahe Zukunft wird vor allem im Zeichen der Transformation stehen. Durch Digitalisierung lässt sich nicht nur Bestehendes optimieren oder weiterentwickeln. Innovationen können dazu genutzt werden, ganze Geschäftsbereiche zu transformieren, auch in der Art, wie mit Kundenbedürfnissen und Daten umgegangen wird. Zu nennen ist an dieser Stelle unter anderem das Lighthouse-Projekt QIAspace. Das als App auf QIAGEN-Geräten installierbare Programm bietet den Kunden eine komplett neue Perspektive auf Nutzung und Abläufe. Labore erhalten mit wenigen Handgriffen Feedback zur Auslastung und zur Effizienz des Geräts, beispielsweise in der Reagenziennutzung. So können Nutzer oder Laborbetreiber auswerten, ob etwa der GeneReader bestmöglich eingesetzt wird. Werden wenige Tests in langen Intervallen gefahren, zeigt QIAspace, wo Optimierungspotenzial besteht. So kann der Verbrauch von Reagenzien anders gestaltet, die Amortisierung des Geräts individuell gemessen und eine effiziente Nutzung auf Datenbasis gewährleistet werden. Der Ansatz zeigt zudem die Skalierbarkeit solcher Projekte. In Zukunft ist QIAspace auch auf anderen Geräten denkbar – zum Beispiel auf dem QIAsymphony.
Die Nutzung von Chatbots im digitalen Marketing, Augmented Reality in der Produktentwicklung und der Ausbau einer Datenbank zur Interpretation von Diagnostik-Ergebnissen zeigen, dass die Potenziale der Digitalisierung bei QIAGEN aktiv evaluiert werden. Analog zum übergreifenden Motto des Unternehmens gilt also beim Thema Digitalisierung: Making (digital) improvements in life possible.
ZUM AUTOR
Roland Sackers ist Finanzvorstand der QIAGEN N.V. Er verantwortet die Digitalisierungsstrategie des Unternehmens.
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