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Die deutsche Biotechnologie- und Life-Sciences-Branche hat sich als dynamisches Innovationszentrum etabliert. Trotz der Herausforderungen der vergangenen Jahre erweist sich der Sektor als robust und verzeichnet steigende Finanzierungsaktivitäten. Von Dr. Hubert Birner

 

Kapitalzufluss steigt deutlich gegenüber Vorjahr – Frühphasenfinanzierung bleibt eine Herausforderung

Im Jahr 2024 verzeichnete die deutsche Biotechnologiebranche einen signifikanten Anstieg der Finanzierungen: Laut einer aktuellen Erhebung des Branchenverbands Bio Deutschland wurden insgesamt mehr als 1,9 Milliarden Euro durch Venture-Kapital, Kapitalerhöhungen und einen Börsengang eingeworben – ein Zuwachs von 78 % gegenüber dem Vorjahr.

Insbesondere Unternehmen im Bereich der Krebstherapie profitierten von hohen Finanzierungsrunden: So sammelten der Radiopharmazie-Spezialist ITM 188 Millionen Euro, Catalym, aktiv im Bereich der Immunonkologie, 137 Millionen Euro, und Tubulis mit seinem Antikörper-Wirkstoff-Konjugat 128 Millionen Euro an Wagniskapital ein.

Ein bemerkenswerter Lichtblick: Nach Jahren der Flaute gelang 2024 mit der Börsennotierung von Pentixapharm (Eckert & Ziegler) wieder ein Biotech-IPO in Deutschland an der Frankfurter Börse.

Auch die Anzahl der Venture-Capital-Finanzierungsrunden stieg von 21 im Jahr 2023 auf 32 im Jahr 2024 deutlich an. Allerdings bleibt die Gründungs-/Seed-Finanzierung weiterhin eine Herausforderung. Laut den Zahlen des Wirtschaftsprüfungs- und Unternehmensberatungsunternehmens Ernst & Young lag das frühphasige Wagniskapital 2023 mit 203 Millionen Euro auf einem Sechsjahrestief, was langfristig die Innovationskraft der Branche beeinträchtigen könnte.

Biotechnologie: Künstliche Intelligenz (KI) als Treiber einer effizienten Wirkstoffentwicklung

Die zunehmende Integration von KI in medizinische Anwendungen eröffnet Investoren neue Chancen. KI revolutioniert die Analyse und Interpretation von Big Data und ermöglicht eine höchst effiziente Wirkstoffforschung und -entwicklung sowie die Förderung personalisierter Therapien. Unternehmen, die frühzeitig auf diese Technologie setzen, könnten sich erhebliche Wettbewerbsvorteile sichern und zugleich neue Investitionschancen schaffen.

Zudem stärkt die Bundesregierung mit Initiativen wie der WIN-Initiative (Wachstums- und Innovationskapital für Deutschland) gezielt die Finanzierung von Start-ups. Diese Maßnahmen zielen darauf ab, den Kapitalzugang zu erleichtern und die Innovationskraft des Landes zu fördern – ein weiteres positives Signal für Investoren.

Medizintechnik: Dynamische M&A-Aktivitäten beflügeln den Markt

Neben der Biotechnologie bietet auch die Medizintechnik attraktive Investitionsmöglichkeiten. Internationale Medizintechnik-Player mit cash-starken Bilanzen insbesondere aus den USA, treiben das M&A-Rad an. Unternehmen wie Johnson & Johnson, Inc., Boston Scientific Corp. oder Stryker suchen aktiv nach innovativen neuen Ansätzen, um ihre internen Entwicklungspipelines zu stärken. Boston Scientific allein hat in den letzten zehn Jahren mehr als 17 Milliarden US-Dollar in rund 40 Akquisitionen investiert. Dieser Trend dürfte 2025 anhalten, da Europa mit seinen Universitäten und Forschungszentren, starken Maschinenbaukompetenzen, seiner Start-up-Förderung sowie staatlichen Zuschüssen traditionell eine Drehscheibe für medizinische Technologien darstellt – und mit vergleichsweise niedrigeren Bewertungen als attraktiver Markt für Übernahmen gilt.

Ausblick: Starke Wachstumsimpulse, aber Herausforderungen bleiben

Trotz schwieriger makroökonomischer Rahmenbedingungen könnte 2025 ein vielversprechendes Jahr für die Life-Sciences-Branche werden. Mit einem starken Innovationsmotor, einem stabilen regulatorischen Umfeld, politischer Unterstützung und einem anhaltenden Investorenzuspruch könnte Deutschland seine Position als ein führendes Zentrum für Biotechnologie und Medizintechnik in Europa weiter festigen.

Dennoch sind weiterhin strategische und strukturelle Maßnahmen erforderlich, um insbesondere die Frühphasenfinanzierung zu verbessern und langfristig das Innovationspotenzial zu sichern.

Autor/Autorin

Dr. Hubert Birner
Dr. Hubert Birner
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Dr. Hubert Birner ist Managing Partner bei TVM Capital Life Science. Er verfügt über 25 Jahre VC-Erfahrung und ist verantwortlich für die Investitionsstrategie und das weltweite Fondsgeschäft von TVM.