Seit über zehn Jahren ist Enno Spillner für die 4SC AG tätig und damit eines der bekannten Gesichter der deutschen Life Science-Szene – seit April 2013 steht Spillner dem Unternehmen als CEO vor. In wenigen Tagen wird er das Unternehmen verlassen und als CFO der Evotec AG in seine Heimatstadt Hamburg zurückkehren. Vorher blickt er noch einmal zurück auf Meilensteine und Entwicklungen und gibt einen Einblick in das Potenzial des 4SC-Produktportfolios.
GoingPublic: Herr Spillner, nach über zehn Jahren werden Sie demnächst das Unternehmen 4SC verlassen. Wie fällt Ihre persönliche Bilanz aus?
Spillner: Meine Bilanz fällt insgesamt positiv aus, es hat viel Freude gemacht. Aber es war natürlich auch eine sehr bewegte Zeit. Nicht immer zeigt die Entwicklung eines Life Science-Unternehmens nach oben, sondern ähnelt zuweilen einer Achterbahn-Fahrt. Zusammengefasst können wir jedoch mit der Entwicklung der 4SC AG bis heute zufrieden sein. Die 4SC AG hat sich von einer „Discovery-Stage-Company“ zu einem Unternehmen entwickelt, welches fortgeschrittene klinische Produktkandidaten entwickelt und sich im Rahmen der Krebsforschung im Bereich der Epigenetik stark positioniert hat. Parallel zum Unternehmen hat sich auch das Team immer weiterentwickelt. Bis heute spürt man den „Entrepreneurial-Spirit“ im Unternehmen. Die Kombination aus innovativen Wirkstoffen und deren Marktpotenzial, sowie einem guten Team ist am Ende das, was zählt. Vor allem die letzten drei Jahre, in welchen ich als CEO und CFO eine Doppel-Funktion innehatte, waren eine sehr intensive Zeit.
In der Rückschau: Welche positiven Meilensteine bleiben Ihnen in Erinnerung?
Aus strategischer Sicht war dies beispielsweise die Transaktion der Onkologie-Projekte von Nycomed im Sommer 2008. Damals konnten wir insgesamt acht Assets für 14 Mio. EUR erwerben, eine Grundlage, auf der auch der aktuelle Fortschritt und Wert von 4SC basiert: Sowohl die Entwicklung vom Resminostat, als auch von 4SC-202 resultieren aus dieser Transaktion. Ein weiterer wichtiger Entwicklungsmeilenstein war 2011 die Partnerschaft mit Yakult Honsha aus Japan, die bis heute eine starke strategische und wirtschaftliche Bedeutung für uns hat. Ein anderes Beispiel ist die erfolgreiche Ausgründung unserer Discovery-Sparte in eine separate Einheit im Jahr 2012, die uns zusätzliche Umsatzerlöse und Partnerschaften gebracht hat. Im Bereich Finanzierung ist mir der Einstieg der Gebrüder Strüngmann im Jahr 2007 in besonderer Erinnerung geblieben und natürlich die erfolgreiche Kapitalerhöhung im vergangenen Jahr. Dadurch konnten wir unsere eigene Entwicklungsarbeit entscheidend vorantreiben. Und weit zurückblickend das erfolgreiche Listing an der Deutschen Börse im Jahr 2005, persönlich mein erstes großes Projekt als CFO bei der 4SC AG, welches ich mit verantworten konnte.
Und umgekehrt?
Generell gehören Enttäuschungen zur Entwicklung eines jungen Unternehmens dazu. Ein massiver Rückschlag war beispielsweise das Verfehlen des primären Endpunktes in unserer Phase IIb-Studie mit Vidofludimus gegen rheumatoide Arthritis im Sommer 2011. Vidofludimus war zum damaligen Zeitpunkt einer unserer großen Hoffnungsträger und natürlich entzieht so eine Nachricht einem Unternehmen eine gewisse Substanz. Mit einiger Verzögerung führte u.a. das Scheitern dieser Studie auch zur Restrukturierung der 4SC AG im Juni 2013. Nachdem ich im April 2013 auch das Amt des CEO übernommen hatte, haben wir anschließend im Vorstand entschieden, die Produktpipeline auszudünnen, was leider auch mit Folgen für die Belegschaft verbunden war – ein Vorgang, der allen Beteiligten sicherlich keinen Spaß bereitet hat. Last but not least würde ich mir natürlich eine sehr viel erfreulichere Aktienkursentwicklung wünschen, zum Wohle der Aktionäre und natürlich auch im eigenen Interesse.
Vor kurzem musste 4SC einen Rückschlag mit Resminostat in Japan hinnehmen. Steht nun das ganze Programm auf dem Prüfstand?
Ganz eindeutig: nein, das Programm steht nicht zur Disposition! Die nun vorliegenden Daten beziehen sich ausschließlich auf die Indikation Leberkrebs. Dies ist aber nur eine Indikation von mehreren, an der wir arbeiten. Zudem nehmen wir derzeit gemeinsam mit unserem Partner Yakult Honsha die genaue Analyse der Detaildaten vor. Es sieht so aus, dass in bestimmten Patienten-Subgruppen vielversprechende Daten vorliegen könnten, die wir aber aufgrund der großen und noch auszuwertenden Datenmenge abschließend bewerten müssen. Diese Auswertung läuft auf Hochtouren und soll letztlich das weitere Vorgehen in HCC definieren. Alle anderen laufenden Studien und Forschungsarbeiten mit Resminostat laufen unvermindert weiter. Das gilt auch für die Vorbereitungen unserer eigenen, europaweiten Phase 2-Studie mit Resminostat im Bereich Kutanes T-Zell-Lymphom (CTCL).