Die whitesonic GmbH, eine Ausgründung der RWTH Aachen, will mit einem neuartigen Ultraschallscanner eine Alternative für herkömmliche Zahnabdrücke mit Silicon oder optischem Scan anbieten. Der Scanner erfasst die Zahnstrukturen nicht-invasiv und strahlungsfrei auf Basis hochfrequenter Schallwellen und sorgt so für einen kosteneffizienten Abformungsprozess.

 

Bitte erklären Sie uns das Geschäftsmodell der whitesonic GmbH. Was ist Ihr Alleinstellungsmerkmal?

Wir entwickeln derzeit den weltweit ersten hochfrequenten Ultraschallscanner zur Anwendung im Mundraum. Diese Technologieplattform soll es Zahnärzten und Implantologen zum ersten Mal ermöglichen, eine Vielzahl von Anwendungen mittels Ultraschall zu realisieren. Dabei liegen die Vorteile auf der Hand: Durch die Unempfindlichkeit gegen Blut und Speichel sowie die Möglichkeit durch Weichgewebe hindurch schauen zu können, bietet sich der hochfrequente Ultraschall gerade im Mundraum als Abformungsmethode sowie zur Situationserfassung an. So fallen bisherige, sehr aufwendige Prozesse, wie beispielsweise das Weichgewebsmanagement und die Trockenlegung, weg – wir sparen also Zeit, Material und Nerven bei Arzt und Patient.

 

Wie gestaltet sich das aktuelle Marktumfeld in Ihrem Segment? Und welches Marktpotenzial sehen Sie für Ihre Produktkandidaten?  

Große Unternehmen der Dentalbranche bemühen sich schon seit einiger Zeit die Abformung vollständig zu digitalisieren – die besonders bei Patienten ungeliebte Situationserfassung mit Abformmasse also zu verdrängen. Hierfür hat man digitale Abformsysteme entwickelt, die mittels optischer Technologien die Zähne abtasten und so die Oberflächen digitalisieren. Die vorgelagerten Prozesse sind jedoch ebenso aufwendig und nahezu identisch zum konventionellen Verfahren. Und genau hier liegt unserer Meinung nach auch das Problem. Marktrecherchen zeigen, dass die konventionelle Abformung immer noch der Goldstandard ist. Die geringe Adoptionsrate liegt wahrscheinlich an den hohen Investitionskosten der optischen Geräte und an der geringen Applikationshäufigkeit. Für den Zahnarzt lohnt sich aus finanzieller Sicht also häufig der Kauf eines Gerätes nicht, da es hinsichtlich der vorgelagerten Prozesse keine Verbesserung gibt.

Christopher Stenfelsner, CEO, whitesonic GmbH
Christopher Stenfelsner, CEO, whitesonic GmbH

Wie steht es in Fragen Patentierung und Zertifizierung?

Wir haben während unserer Zeit an der Universität bereits einige Patente auf den Weg bringen können. Die Unterstützung der RWTH Aachen bei Patentierungsfragen und der anschließenden Auslizensierung war sehr gut – es konnte für alle Parteien ein großer Mehrwert geschaffen werden. Darüber hinaus stehen noch eine Menge Erfindungsmeldungen in der Pipeline. Wir bauen unser Patentportfolio also aktiv aus und sichern uns mit dieser langfristigen Strategie einen Wettbewerbsvorteil.

Das Thema der Zertifizierung ist bei Medizinprodukten natürlich sehr komplex. Wir haben unsere Unternehmensprozesse und die Produktentwicklung voll auf die geforderten Richtlinien ausgelegt. So können wir aktiv etwaige Risiken im Zertifizierungsprozess verringern. Darüber hinaus werden wir gut beraten, sodass wir zum jetzigen Zeitpunkt von einem reibungslosen Zertifizierungsprozess ausgehen.

 

whitesonic ist eine Ausgründung der RWTH Aachen. Wie aufwendig und herausfordernd ist es heute immer noch, wissenschaftliches Know-how in marktfähige Produkte und Technologien zu überführen? Scheuen immer noch zu viele Wissenschaftler den „Sprung“ in die Wirtschaft?

Wir haben die Erfahrung gemacht, dass Forschung und Entwicklung zwei völlig unterschiedliche Dinge sind – gerade bezogen auf ein Medizinprodukt. Im Rahmen der Forschung konzentriert man sich auf die generelle Machbarkeit der Technologie. Ist dies gezeigt, muss auf Basis der bestehenden Ergebnisse ein Konzept erarbeitet werden, welches die Zulassungsrichtlinien zu 100% erfüllen. Man sieht sich generell einfach neuen Fragestellungen ausgesetzt: Kosteneffizienz bei der Produktion und die Skalierbarkeit sind nur einige wenige Punkte.

Der „Sprung“ in die Wirtschaft ist meiner Meinung nach auch immer eine Typenfrage. In Wissenschaft und Wirtschaft werden zwei völlig unterschiedliche Profile gefordert, sodass man diese Frage so pauschal nicht beantworten kann. Ohne den Typ „Forscher“ gibt es für den Typ „Entwickler“ bei hoch-innovativen Fragestellungen nichts zu tun. Die Unternehmensentwicklung aus einem wissenschaftlichen Kontext heraus finde ich persönlich aber extrem spannend, deswegen kann ich dies mit geeignetem technologischem Potential in der Hinterhand jedem nur empfehlen.

 

Ein Ausblick zum Schluss: Welches sind die nächsten Meilensteine von whitesonic?

Wir stoßen bei der Evaluierung des Produkts im Labor mittlerweile an die Grenzen der realitätsnahen Abbildung der Patientensituation. Daher wollen wir schnellstmöglich den nächsten Entwicklungsschritt realisieren: die klinische Erprobung. Wir bereiten derzeit alles Nötige vor, um diesen nächsten Meilenstein erfolgreich zu absolvieren. Mit den Erkenntnissen aus der klinischen Anwendung wollen wir dann das Produkt iterativ für den Markteintritt optimieren und anschließend zertifizieren. Neben den produktbezogenen Meilensteinen wollen wir unser Unternehmen infrastrukturell vergrößern und neue Mitarbeiter einstellen.

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